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25.01.2011
Steuerrecht

BFH: Zusammenveranlagung von unbeschränkt steuerpflichtigen Staatsangehörigen der EU/ des EWR mit ihrem im EU/EWR-Ausland lebendem Ehegatten

Ehegatten können unter Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen zwischen der Zusammenveranlagung (mit der Folge der Anwendung des sog. Splitting-Tarifes) und der getrennten Veranlagung wählen. Diese Wahlmöglichkeit besteht jedes Jahr von neuem. Die Zusammenveranlagung führt grundsätzlich dann zu einem steuerlich günstigeren Ergebnis, wenn einer der beiden Ehegatten im Kalenderjahr keine oder nur geringe Einkünfte bezogen hat.

Voraussetzung für die Zusammenveranlagung von Ehegatten zur Einkommensteuer ist unter anderem, dass die Ehegatten zu Beginn oder im Laufe des Veranlagungszeitraums nicht dauernd getrennt leben und dass beide Ehegatten in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, d.h. dass beide ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben.

Staatsangehörige eines EU/EWR-Mitgliedsstaates, die in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, können jedoch beantragen, mit ihrem im EU/EWR-Ausland (nicht dauernd getrennt) lebenden Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer in Deutschland veranlagt zu werden.

Für die Beantragung einer Zusammenveranlagung mit dem im EU/EWR-Ausland (nicht dauernd getrennt) lebenden Ehegatten mussten für Veranlagungszeiträume vor 2008 jedoch auch die gesetzlich vorgeschriebenen Einkommensgrenzen erfüllt werden. Demnach mussten die Einkünfte beider Ehegatten zu mindestens 90% der deutschen Einkommensteuer unterliegen bzw. die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durften den doppelten Grundfreibetrag nicht überschreiten.

Seit dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2008, mithin ab dem Veranlagungszeitraum 2008, sind diese Einkunftsgrenzen entfallen. Folglich ist eine Zusammenveranlagung eines in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen mit seinem im EU/EWR-Ausland (nicht dauernd getrennt) lebenden Ehegatten unabhängig von der Höhe der im Ausland steuerpflichtigen Einkünfte möglich.

Da durch die Finanzverwaltung diese Gesetzesänderung jedoch anders interpretiert wurde, hatte der Bundesfinanzhof (BFH) entsprechend darüber zu entscheiden, inwiefern die vorgenannten Einkunftsgrenzen auch ab dem Veranlagungszeitraum 2008 weiterhin Anwendung finden. Mit seinem Urteil vom 08.09.2010 bestätigte der BFH nunmehr die durch das Jahressteuergesetz 2008 geschaffene neue Rechtslage.

In seiner Urteilsbegründung führt der BFH explizit aus, dass mit der Neufassung der entsprechenden gesetzlichen Regelungen durch das Jahressteuergesetz 2008 der unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Ehegatte nicht mehr zusätzlich die Einkunftsgrenzen zu erfüllen hat, um mit seinem im EU/EWR-Ausland (nicht dauernd getrennt) lebenden Ehegatten im Inland zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden zu können.

Sind somit die „vereinfachten“ Voraussetzungen für die Beantragung einer Zusammenveranlagung erfüllt, sind sämtliche weltweit erzielten Einkünfte beider Ehegatten in einer deutschen Einkommensteuererklärung für unbeschränkt Steuerpflichtige zu erklären. Ob Deutschland dann für sämtliche oder aber nur einen Teil der Einkünfte das Besteuerungsrecht zugewiesen wird, ist auf Basis der Regelungen des entsprechend einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommens zu prüfen. Grundsätzlich kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die ausländischen Einkünfte des im EU/EWR-Ausland lebenden Ehegatten in Deutschland steuerfrei sind. Diese Einkünfte haben jedoch Einfluss auf die Höhe des Steuersatzes, der auf die in Deutschland steuerpflichtigen Einkünfte Anwendung findet (Progressionsvorbehalt). Bei hohen ausländischen Einkünften, die entsprechend zur Steuersatzbestimmung im Rahmen der Veranlagung zur deutschen Einkommensteuer für unbeschränkt Steuerpflichtige herangezogen werden, könnte dann die Zusammenveranlagung auch zu einem ungünstigeren Ergebnis führen.

Im Rahmen der Erstellung der deutschen Einkommensteuererklärungen für Ihre entsandten Mitarbeiter, für die grundsätzlich die Möglichkeit besteht, dass eine Zusammenveranlagung mit ihrem im EU/EWR-Ausland (nicht dauernd getrennt) lebenden Ehegatten durchgeführt werden kann, werden wir dementsprechend Günstigerprüfungen durchführen und nur im Falle eines steuerlich vorteilhafteren Ergebnisses tatsächlich die Durchführung einer Zusammenveranlagung beantragen.

Ihr Ansprechpartner

Peter Mosbach I Düsseldorf

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