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19.10.2016
Steuerrecht

FG Münster: Kein wirtschaftlicher Arbeitgeber bei Zahlung eines kalkulatorisch ermittelten Pauschalpreises pro Stunde für die Leistung eines Arbeitnehmers

Sachverhalt

Das FG Münster hatte den Fall eines Arbeitnehmers zu entscheiden, der von seinem deutschen (zivilrechtlichen) Arbeitgeber für einen Zeitraum von 141 Tagen zu einer Konzerngesellschaft in Großbritannien entsandt wurde, um dort, im Sachverhalt nicht näher bezeichnete Tätigkeiten für diese aufnehmende Gesellschaft zu verrichten. Im Tatbestand des Urteils ist von „Ausleihe“ die Rede.

Die entsendende Gesellschaft berechnete der britischen Konzerngesellschaft die Leistungen des Arbeitnehmers mit einem Pauschalpreis pro Stunde. Der Stundensatz war kalkulatorisch ermittelt und stellte keine unmittelbare Weiterbelastung des Gehalts des Arbeitnehmers dar, welches von der deutschen Gesellschaft gezahlt wurde.

Das beklagte Finanzamt besteuerte die gesamten Jahreseinkünfte des in Deutschland ansässigen Klägers, während der Kläger die Freistellung des Arbeitslohns aufgrund von Art. XI DBA GB 1964 (entspricht weitgehend Art. 15 DBA OECD-MA) für den Zeitraum der Tätigkeit in Großbritannien begehrte.

Entscheidung

Die Klage wurde abgewiesen.

Entscheidungserheblich war, ob die Vergütungen von oder für einen Arbeitgeber gezahlt wurden, der in Großbritannien ansässig war. Dann hätte Großbritannien das Besteuerungsrecht für die dort geleistete Arbeit gehabt.

Nach Auffassung des Gerichts war die britische Konzerngesellschaft jedoch nicht Arbeitgeber, auch nicht wirtschaftlicher Arbeitgeber des Entsandten geworden. Nach Auffassung der Rechtsprechung des BFH und der deutschen Finanzverwaltung ist bei der Frage des Übergangs der Arbeitgeberstellung auf den wirtschaftlichen Arbeitgeber auf zwei Hauptkriterien abzustellen: Die Eingliederung des Arbeitnehmers in das aufnehmende Unternehmen und die Frage der Gehaltstragung. Bemerkenswert an der Entscheidung des FG Münster ist, dass sie ganz überwiegend auf dem Kriterium der Gehaltstragung beruht, während die anderen Merkmale eher vernachlässigt werden und vom FG als wenig aussagekräftig bezeichnet werden.

Ausdrücklich geht das Gericht auf die Frage ein, ob eine Gehaltstragung durch die ausländische Gesellschaft vorlag. Dazu reiche nicht die Anwendung eines allgemeinen Verteilungsschlüssels. Nicht ausreichend sei es auch, wenn nicht die tatsächlichen Arbeitslöhne einschließlich Überstundenvergütung, Reisekosten etc. weiterbelastet würden, sondern die voraussichtlich anfallenden, kalkulatorisch ermittelten Kosten mittels eines Pauschalpreises in Rechnung gestellt würden. Es fehle deshalb an einer Gehaltstragung durch das britische Unternehmen und damit auch die Stellung als wirtschaftlicher Arbeitgeber.

Anzumerken ist, dass die Entscheidung den Begriff des wirtschaftlichen Arbeitgebers recht eng auslegt, denn immerhin spricht der Terminus Ausleihe dafür, dass ein nicht geringer Grad von Eingliederung vorgelegen haben dürfte und Funktionen des aufnehmenden Unternehmens erfüllt wurden. Hinzu kommt, dass die Vergütung nach der geleisteten Zeit bemessen wurde und, wenn auch nur kalkulatorisch, durchaus das Gehalt des Klägers wirtschaftlich enthielt.

Man kann hier durchaus eine gewisse Spannung im Verhältnis zur Kommentierung im Musterkommentar 2014 der OECD sehen (Tz. 8. 15 zu Art. 15 MA), denn dort wird eine Weiterbelastung des Gehalts selbst dann nicht für ausgeschlossen gehalten, wenn die Gebühr eine Gewinnkomponente enthält. Außerdem rechnet der Kommentar der Form der Weiterbelastung insgesamt eine geringere Bedeutung zu als das FG.

Letztlich ist aber auch zu beachten, dass auch der Musterkommentar dann das Merkmal wirtschaftlicher Arbeitgeber nicht anwendet, wenn ein Stundensatz verwendet wird, der nicht auf einem bloßen Aufschlag auf die Gehaltskosten beruht, sondern auch verschiedene andere Kosten beinhaltet.
Das Urteil eröffnet den Steuerpflichtigen gewisse Gestaltungsspielräume. In dem FG-Urteil hat die Finanzverwaltung in einem Outbound-Fall obsiegt. Es bleibt zu hoffen, dass die recht enge Auslegung des Begriffs des wirtschaftlichen Arbeitgebers auch bei Inbound-Fällen angewendet wird.

Betroffene Norm

Art. XI DBA GB 1964.

Anmerkungen

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Fundstelle

FG Münster, Urteil vom 24.08.2016, 7 K 821/13 E

 

Ihr Ansprechpartner

Peter Mosbach

pmosbach@deloitte.de
Tel.:

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