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28.09.2011
Thema des Monats

Steuerliche Beurteilung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Bezug auf die beschränkte Steuerpflicht in Deutschland

Bereits im Leitartikel unseres ias-forums 4/2007 haben wir Ihnen die lohnsteuerlichen Konsequenzen und Verpflichtungen des inländischen Arbeitgebers aufgezeigt, die sich auch nach Rückumzug eines entsandten Arbeitnehmers in sein Heimatland ergeben können, wenn für den ehemals nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer nachlaufende Vergütungen in Deutschland gezahlt werden. In der jüngsten Vergangenheit häufen sich in diesem Zusammenhang die Forderungen der deutschen Finanzämter, nachträglich gezahlte Vergütungen aufgrund eines inländischen Verwertungstatbestandes einer inländischen Besteuerung zuzuführen. Dies möchten wir zum Anlass nehmen, die steuerlichen Vorschriften zur Besteuerung von beschränkt Steuerpflichtigen mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nochmals zusammenfassend darzustellen.

Natürliche Personen, die weder einen Wohnsitz (§ 8 AO) noch einen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) im Inland haben, sind beschränkt steuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne von § 49 EStG erzielen (§ 1 Abs. 4 EStG). Dabei stellen inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Einkommensteuerpflicht u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar, die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a) EStG).

War beispielsweise ein US-amerikanischer Arbeitnehmer von seinem US-amerikanischen Arbeitgeber, der Muttergesellschaft des Konzernverbundes, vorübergehend für drei Jahre zur deutschen Konzerntochter entsandt, und hat die deutsche Konzerntochter für diesen Arbeitnehmer auch noch in Jahren nach seiner Rückkehr in die USA Zahlungen für ihn geleistet, stellt sich somit die Frage, ob diese Vergütungen einer Besteuerung in Deutschland unterliegen. Diese Problematik möchten wir an folgendem Beispiel verdeutlichen:

A wird am 01.07.2005 für drei Jahre nach Deutschland entsandt, er zieht mit seiner gesamten Familie nach Deutschland um. Am 30.06.2008 endet die Entsendung vereinbarungsgemäß und A sowie seine Familie kehren in die USA zurück. A war während seiner Entsendung nach Deutschland auch ausschließlich in Deutschland tätig, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wurden während seiner Entsendung von der deutschen Konzerntochter im Rahmen einer deutschen Gehaltsabrechnung für unbeschränkte Steuerpflichtige vollständig versteuert. An dem von der Konzernmuttergesellschaft in den USA aufgelegten Arbeitnehmeraktienprogramm nahm A auch während seiner Entsendung nach Deutschland teil, ihm wurde am 01.07.2006 die Zusage erteilt, nach Ablauf von drei Jahren 100 Aktien zum festgelegten Preis erwerben zu können.

Am 01.07.2011 übt A das ihm im Jahr 2006 gewährte Recht aus und erhält 100 Aktien seines Arbeitgebers, wobei der Wert pro erhaltener Aktie 10 Euro über dem Optionspreis, den A zu zahlen hat, liegt. Somit ist A ein geldwerter Vorteil von 10 Euro pro Aktie zuzurechnen.

Es stellt sich nunmehr die Frage, ob für die Ausübung des Optionsrechtes im Jahr 2011 steuerliche Konsequenzen in Deutschland zu ziehen sind, da A im Jahr 2011 weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Entscheidend ist also die Frage, ob der realisierte geldwerte Vorteil aus der Ausübung der Aktienoptionen (= Arbeitslohn), als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist, zu qualifizieren ist und dieser dann – ggfs. anteilig – der beschränkten Einkommensteuerpflicht in Deutschland unterliegt.

Regelmäßig ist davon auszugehen, dass Zahlungen des aufnehmenden Unternehmens, deren Ursache in der Entsendung und damit der Tätigkeit des entsandten Mitarbeiters in Deutschland zu sehen ist, als entsendebedingte Vergütungsbestandteile der Besteuerung in Deutschland zuzuführen sind. Dies gilt grundsätzlich unabhängig davon, wann die Vergütungen gezahlt werden. Folglich kommt es nicht darauf an, ob der Mitarbeiter noch seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat oder ob er bereits seine Entsendung beendet hat und in sein Heimatland zurückgekehrt ist.

Der geldwerte Vorteil aus der Ausübung der Arbeitnehmeraktienoptionen ist im Zeitpunkt der Ausübung und mithin im Jahr 2011 wie folgt im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht in Deutschland zu versteuern, wobei als Erdienungs- bzw. Allokationszeitraum für die Zuweisung des Besteuerungsrechtes des geldwerten Vorteils der Zeitraum zwischen Gewährung und erstmalig möglicher Ausübbarkeit der Optionen zugrunde zu legen ist:

Beginn der Entsendung: 01.07.2005
Gewährung der Optionen: 01.07.2006
Ende der Entsendung nach Deutschland, d.h. der Tätigkeit in Deutschland: 30.06.2008
Erstmalig mögliche Ausübbarkeit der Optionen: 01.07.2009

Im Zeitraum vom 01.07.2006 bis zum 30.06.2008 war A im Inland ansässig (unbeschränkt steuerpflichtig) und ausschließlich im Inland tätig. Die Voraussetzungen des § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a) EStG sind daher grundsätzlich für den Teil des geldwerten Vorteils aus der Ausübung der Arbeitnehmeraktienoptionen am 01.07.2011 erfüllt, der sich auf diesen Zeitraum seiner inländischen Tätigkeit bezieht. Folglich sind 2/3 des geldwerten Vorteils in Deutschland (beschränkt) steuerpflichtig.

Zu prüfen ist in diesem Zusammenhang darüber hinaus, ob das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) – hier zwischen Deutschland und den USA – das Besteuerungsrecht für diesen Teil des geldwerten Vorteils Deutschland final zuweist oder dieses – im Ausübungszeitpunkt - dem (abkommensrechtlichen) Ansässigkeitsstaat zugewiesen wird. Nach Artikel 15 DBA Deutschland / USA wird das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dem Ausübungsstaat der Tätigkeit zugewiesen, sodass Deutschland diesen Teil des geldwerten Vorteils auch nach den Regelungen des DBA besteuern darf.

Abwandlung des vorgenannten Beispiels:

A ist während seiner Entsendung im Zeitraum vom 01.07.2005 bis zum 30.06.2008 nicht ausschließlich in Deutschland, sondern vermehrt auch auf Dienstreisen innerhalb Europas tätig. Aufgrund seiner Reisekostenabrechnungen und seines geführten Reisekalenders ist ersichtlich, dass er im Zeitraum vom 01.07.2006 – 31.12.2006 an 20 Tagen, im Jahr 2007 an 45 Tagen und im Zeitraum vom 01.01. – 30.06.2008 an 15 Tagen außerhalb Deutschlands tätig war.

Nunmehr stellt sich die Frage, ob die Arbeitstage außerhalb Deutschlands zu einer geänderten steuerlichen Würdigung hinsichtlich der Besteuerung des geldwerten Vorteils aus der Ausübung der Arbeitnehmeraktienoptionen am 01.07.2011 führen.

Wie bereits dargestellt, unterliegen im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a) EStG). Das „Ausüben“ i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a) EStG setzt ein persönliches Tätigwerden des Arbeitnehmers im Inland voraus. Unterbricht der Arbeitnehmer seine Tätigkeit im Inland, so z.B. bei Dienstreisen ins Ausland, fehlt es für diese Zeit an einer Arbeitsausübung im Inland und anteilige Einkünfte für solche Unterbrechungen sind aus den beschränkt steuerpflichtigen Einkünften i.S.v. § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a) EStG auszuscheiden.

Auch eine Verwertung i.S.v. § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a) EStG liegt nicht vor. Jede Tätigkeit eines Arbeitnehmers zugunsten eines Arbeitgebers hat für diesen einen Nutzen. Dies ist jedoch mit dem Tatbestand der Verwertung nicht gemeint, denn wäre dieser Begriff so zu verstehen, wäre jegliche Auslandstätigkeit eines Arbeitnehmers zugunsten eines inländischen Arbeitgebers im Inland steuerpflichtig. 

Eindeutige Auffassung in der Kommentarliteratur ist in diesem Zusammenhang, dass die Verwertung einer Tätigkeit voraussetzt, dass das jeweilige Ergebnis der Tätigkeit einer eigenständigen Nutzung zugänglich ist (zum Beispiel: Lieferung von Marktanalyse- oder Forschungsberichten oder Übertragung eines Urheberrechts). Hiervon kann jedoch bei einer üblichen Arbeitnehmertätigkeit keine Rede sein. Bereits die Definition des Verwertungsbegriffs führt dazu, dass ihm keine große Bedeutung zukommen kann und darüber hinaus auch noch weiter dadurch herabgestuft wird, dass die Verwertung nicht zu einer Zuordnung des Besteuerungsrechtes in den jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen führt, d.h. eine Zuordnung des Besteuerungsrechtes auf Grund einer Verwertung der Tätigkeit ist regelmäßig in den Doppelbesteuerungsabkommen nicht vorgesehen.

Artikel 15 des Doppelbesteuerungsabkommens Deutschland / USA weist Deutschland das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nur zu, soweit Deutschland tatsächlich auch Ausübungsstaat ist. Einen Verwertungstatbestand kennt das Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland / USA nicht.

Folglich kann in der Abwandlung des Beispiels lediglich der geldwerte Vorteil aus der Ausübung der Arbeitnehmeraktienoptionen durch A, der auf deutsche Arbeitstage im Allokationszeitraum zwischen Gewährung und erstmalig möglicher Ausübbarkeit entfällt, einer deutschen Besteuerung zugeführt werden und im Rahmen seiner beschränkten deutschen Einkommensteuerpflicht im Jahr 2011 besteuert werden. Somit sind in diesem Fall nicht 2/3 des geldwerten Vorteils aus der Ausübung der Arbeitnehmeraktienoptionen in Deutschland (beschränkt) steuerpflichtig, sondern dieser Wert ist um den anteilig auf A’s 80 Dienstreisetage entfallenden geldwerten Vorteil zu reduzieren, die er im Allokationszeitraum außerhalb Deutschlands tätig gewesen ist.

Zur konkreten und praktischen Umsetzung der Lohnsteuereinbehaltungsverpflichtungen des Arbeitgebers bei beschränkter Steuerpflicht der Arbeitnehmer möchten wir an dieser Stelle noch einmal auf unseren Leitartikel des ias-forums 4/2007 verweisen. Sollten sich für Sie oder Ihre (ehemalig) nach Deutschland entsandten Mitarbeiter Probleme bei der steuerlichen Beurteilung von nachlaufenden entsendebezogenen Vergütungen und der beschränkten Einkommensteuerpflicht in Deutschland ergeben – wir stehen Ihnen gern beratend zur Seite, sprechen Sie uns an!


Weiterführende Informationen zur steuerlichen Beurteilung von Arbeitnehmeraktienoptionen:
ias-forum 1/2005; ias-forum 3/2005; ges-forum 2/2008

Ihr Ansprechpartner

Peter Mosbach | Düsseldorf

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