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25.02.2011
Rechnungslegung

BFH: Passivierung einer Verpflichtung aus einer Rückverkaufsoption

Verpflichtet sich ein Kfz-Händler, zuvor verkaufte Fahrzeuge nach Ablauf einer bestimmten Zeit zu einem verbindlich festgelegten Preis zurückzukaufen (Rückverkaufsoption), so ist eine Verbindlichkeit in Höhe des für die Optionseinräumung vereinnahmten Entgelts auszuweisen und erst bei Ausübung oder Verfall der Option auszubuchen (Anschluss an BFH-Urteil vom 11.10.2007).

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten ist die Passivierung einer Verpflichtung aus einer Rückverkaufsoption streitig. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betrieb im Streitjahr (1998) einen Kraftfahrzeughandel und verkaufte aufgrund von Rahmenverträgen Fahrzeuge an verschiedene Autovermietungsgesellschaften. Dabei verpflichtete sich die Klägerin zum späteren Rückankauf der verkauften Neufahrzeuge zu einem vorab verbindlich festgelegten Preis. Machten die Vertragspartner von dem Recht auf Rückgabe des jeweiligen Fahrzeugs keinen Gebrauch, war die Klägerin in bestimmten Fällen verpflichtet, einen sog. "No-return-Bonus" zu zahlen.

In ihrem Jahresabschluss zum 31.12.1998 passivierte die Klägerin eine Rückstellung für Ertragsminderungen aus Fahrzeugrücknahmeverpflichtungen in Höhe von 2.604.700 DM. Sie bemaß die Rückstellung nach der Höhe der erwarteten "No-return"-Zahlungen und dem Marktwert der Fahrzeuge. Tatsächlich musste die GmbH im folgenden Jahr 1999 insgesamt 5.959 Fahrzeuge zurücknehmen. Daraus entstand ihr ein Verlust in Höhe von 10.309.188,51 DM, der aus der Differenz zwischen den garantierten Ankaufspreisen und den tatsächlichen Verkaufspreisen der Gebrauchtfahrzeuge resultierte. Das Finanzamt versagte die gewinnmindernde Berücksichtigung der Rückstellungen. Das FG gab der Klage statt. Das BMF ist dem Verfahren beigetreten und hat sich in der Sache dem Finanzamt angeschlossen, jedoch keine Anträge gestellt.

Entscheidung

Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin für ihre Verpflichtungen aus den Rückverkaufsoptionen eine Verbindlichkeit in Höhe von 2.604.700 DM zu passivieren hat.

In der Einräumung einer Option ist eine wirtschaftlich und rechtlich selbständige Leistung zu sehen, die losgelöst von dem nachfolgenden (Rück-)Übertragungsgeschäft zu beurteilen ist (vgl. BFH-Urteil vom 18.12.2002). Aus diesem Grund kann - entgegen dem BMF-Schreiben vom 12.08.2009 (Nichtanwendungserlass zum BFH-Urteil vom 11.10.2007) - ein wirtschaftlicher Vorteil in Form des Anspruchs auf Übertragung des betroffenen Wirtschaftsguts nicht mit der wirtschaftlichen Belastung aus der Option "saldiert" werden. Die Verpflichtung des Optionsverkäufers als "Stillhalter", die Ausübung der Option zu dulden und sich zur Erfüllung der Abnahmepflicht bereitzuhalten, entfällt erst mit der Ausübung oder dem Verfall der Option. Der Ausweis einer entsprechenden Verbindlichkeit dem Grunde nach wird demzufolge von dem Gebot vollständiger Bilanzierung gefordert und unterliegt weder einer passiven Rechnungsabgrenzung noch dem Verbot der Bilanzierung schwebender Geschäfte. Dies entspricht der auch von der Finanzverwaltung anerkannten Gesetzesauslegung des Senats zur Bilanzierung von Optionsrechten im Bereich des Wertpapierhandels (BFH-Urteil vom 18.12.2002, BMF-Schreiben vom 12.01.2004). Nach diesen Bilanzierungsgrundsätzen ist auch für die Verpflichtung aus einer Option, zuvor verkaufte Fahrzeuge nach Ablauf einer bestimmten Zeit zu einem verbindlich festgelegten Preis zurückzukaufen, eine Verbindlichkeit in Höhe des dafür vereinnahmten Entgelts auszuweisen und erst bei Ausübung oder Verfall der Option auszubuchen (BFH-Urteil vom 11.10.2007). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an, so dass die Klägerin zum Bilanzstichtag dem Grunde nach eine Verbindlichkeit aus ihren Verpflichtungen aus den Optionsrechten ausweisen musste.

Die Einräumung der Rückverkaufsoption stellt keinen unselbständigen Teil des ursprünglichen Fahrzeugkaufs dar. Sie war nicht zwangsläufig mit einem Neuwagenverkauf verbunden, wurde gesondert vergütet und setzte die Klägerin dem Risiko nicht vorhersehbarer Wertminderungen aus. Dies rechtfertigt die gesonderte Passivierung mit der Folge, dass die entgeltliche Einräumung der Option ergebnisneutral ist.

Das Finanzamt und das BMF können auch nicht mit Erfolg einwenden, es sei eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften auszuweisen. Es mag zwar zutreffen, dass sich die Vertragsparteien bei der Bemessung der Preise für die Einräumung der Rückverkaufsoptionen in erster Linie an den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses prognostizierten künftigen Verlusten des Neuwagenverkäufers bei späteren Wiederverkäufen der zurückzukaufenden Fahrzeuge orientiert haben. Dieser Umstand führt indes nicht dazu, dass die zu passivierenden Verpflichtungen den Charakter von Drohverlustrückstellungen angenommen haben, die im Streitjahr nicht hätten passiviert werden dürfen (§ 5 Abs. 4a Satz 1 EStG 1997).

Die Bewertung der Verbindlichkeit hat mit den Anschaffungskosten oder einem höheren Teilwert zu erfolgen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Nr. 2 EStG 1997). Steht die Entstehung einer Verbindlichkeit in ursächlichem Zusammenhang mit dem Zufluss eines Ertrags, wird der den Anschaffungs"kosten" entsprechende Wert durch den Anschaffungs"ertrag", also die vereinnahmten Optionsprämien, bestimmt (vgl. BFH-Urteil vom 18.12.2002). Zu diesem Zweck hat das FG geschätzt, dass nach den Verhältnissen des Streitfalls 4 % des Listenpreises aus den Neuwagenverkäufen an Großkunden auf die Option entfielen und bei einer durchschnittlichen Laufzeit von sechs Monaten je Vertrag etwa die Hälfte der Verträge zum Jahresende noch nicht abgewickelt war. Gegen die im FG-Verfahren unstreitige Bewertung der Verbindlichkeit haben weder das Finanzamt noch das BMF zulässige und begründete Revisionsrügen erhoben. Die bloße Behauptung, die Verbindlichkeit sei mit null zu bewerten und die Klägerin trage für einen höheren Wert die Feststellungslast, reicht jedenfalls im Revisionsverfahren nicht aus, das Schätzungsergebnis des FG in Frage zu stellen. Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das FG die auszuweisende Verbindlichkeit in Höhe von 2.604.700 DM schätzte.

Betroffene Normen

§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG, § 6 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Nr. 2 EStG 1997
Streitjahr 1998

Vorinstanz

Finanzgericht Münster, Urteil vom 25.08.2009, 9 K 4142/04 K,F, EFG 2009, S. 1918

Fundstelle

BFH, Urteil vom 17.11.2010, I R 83/09, BStBl II 2011, S. 812

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 11.10.2007, IV R 52/04, BStBl II 2009, S. 705, siehe Zusammenfassung in den Deloitte Tax-News 
BMF, Schreiben vom 12.08.2009, IV C 6 - S 2137/09/10003 – (2009/0282843), BStBl I 2009, S. 890, Nichtanwendungserlass zu den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 11.10.2007
BFH, Urteil vom 18.12.2002, I R 17/02, BStBl II 2004, S. 126
BMF, Schreiben vom 12.01.2004, BStBl I 2004, S. 192

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