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URL: http://www.deloitte-tax-news.de/rechnungslegung/bfh-rechnungsabgrenzung-bei-handy-subventionen.html
16.08.2013
Rechnungslegung

BFH: Rechnungsabgrenzung bei Handy-Subventionen

Für die verbilligte Abgabe von Mobiltelefonen bei gleichzeitigem Abschluss von Mobilfunkdienstleistungs-Verträgen mit 24-monatiger Mindestlaufzeit hat das Mobilfunkunternehmen einen RAP zu aktivieren. Als einen aktiven RAP begründende Ausgaben kommen nicht nur Bar- und Buchgeldzahlungen, sondern auch Vermögensminderungen durch geldwerte Sachleistungen in Betracht. Ein RAP kann nicht nur dann gebildet werden, wenn die Gegenleistung zu der Ausgabe in einer Sach-, Dienstleistungs- oder Gebrauchsüberlassungspflicht besteht. Vielmehr kann es sich bei der Gegenleistung auch um eine Geldleistungspflicht handeln.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, bot ihren Kunden im Streitjahr 1996 den verbilligten Erwerb eines Mobiltelefons im Fall des Abschlusses eines Mobilfunkdienstleistungsvertrag (MFD-Vertrag) mit einer Laufzeit von mindestens 24 Monaten an. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die dadurch entstandene Betriebsvermögensminderung durch Ansatz eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens (RAP) periodengerecht über die Laufzeit des Vertrags zu verteilen ist. Die Klägerin ist der Ansicht, die Voraussetzungen für die Bildung des aktiven RAP lägen nicht vor. Sehe man dies anders, sei das Finanzamt dennoch unter Berücksichtigung des subjektiven Fehlerbegriffs an die in der eingereichten Bilanz zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung gebunden. Diese Rechtsauffassung habe nämlich bei der Aufstellung der Bilanz wegen der seinerzeit ungeklärten Rechtslage der kaufmännischen Sorgfalt nicht widersprochen.

Der Große Senat des BFH hat mit Beschluss vom 31.01.2013 auf Vorlage des I. Senats des BFH vom 07.04.2010 entschieden, dass das Finanzamt abweichend von der bisherigen Rechtsprechung im Rahmen der ertragsteuerrechtlichen Gewinnermittlung auch dann nicht an die rechtliche Beurteilung gebunden ist, die der vom Steuerpflichtigen aufgestellten Bilanz (und deren einzelnen Ansätzen) zugrunde liegt, wenn diese Beurteilung aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung vertretbar war. Die Klägerin hat im Anschluss an die Entscheidung des Großen Senats an ihrem Antrag festgehalten.

Entscheidung

Trotz neuerlicher Einwendungen der Klägerin hält der BFH an seiner bereits im Beschluss vom 07.04.2010 dargelegten Auffassung fest, dass für die mit der verbilligten Abgabe der Mobiltelefone verbundene Vermögensminderung ein aktiver RAP zu bilden war.

Als Rechnungsabgrenzungsposten sind auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlussstichtag anzusetzen, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen (§ 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG). Als „Ausgabe“ i.S. der Vorschrift kommen nicht nur Bar- und Buchgeldzahlungen, sondern auch Vermögensminderungen durch geldwerte Sachleistungen in Betracht. Im Streitfall handelt es sich bei der verbilligten Abgabe der Mobiltelefone um einen Zuschuss an den Kunden, der unmittelbar mit dem Kaufpreis für das Mobiltelefon verrechnet wird. Ein barer Zuschuss und ein Zuschuss mittels Preisreduzierung sind nach Ansicht des BFH gleich zu behandeln. Der Aktivierung eines RAP steht nicht entgegen, dass sich dessen Höhe nach dem die Vermögensminderung ausdrückenden Saldo aus Anschaffungskosten und Verkaufserlös richtet.

Bei wirtschaftlicher Betrachtung sind der subventionierte Kaufvertrag über das Mobiltelefon und der zeitraumbezogene (MFD-Vertrag) in einer Weise miteinander verknüpft, dass die Subventionierung des Telefonverkaufs einen Teil der Gegenleistung für das 24 Monate lang zu entrichtende Mobilfunkentgelt bildet. Dies reicht allerdings nicht so weit, dass diese Subventionierung als Teil der künftigen Entgelte für die Mobilfunkdienstleistungen aufzufassen ist. Vielmehr ist die 24-monatige Bindung an das Mobilfunkunternehmen für den Kunden der "Preis" für die Möglichkeit, das Mobiltelefon für ein geringes Entgelt zu erwerben. Die Subvention wird in der jedenfalls im Rahmen einer Durchschnittsbetrachtung gerechtfertigten Erwartung gewährt, dass sie sich durch den kontinuierlichen Ertrag aus dem MFD-Vertrag amortisiert. Dies rechtfertigt es, die vor dem Bilanzstichtag abgeflossenen Subventionen als Aufwand "für eine bestimmte Zeit" nach diesem Zeitpunkt anzusehen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Mobilfunkkunde im Falle einer vorzeitigen Beendigung des MFD-Vertrags verpflichtet wäre, der Klägerin die Subvention zeitanteilig zurückzuerstatten. Denn jedenfalls ist nicht zu ersehen, dass die Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung bei Vertragsschluss tatsächlich von praktischer Bedeutung gewesen ist. Das Kriterium der tatsächlichen Relevanz der Möglichkeit einer vorzeitigen Vertragsbeendigung bei der Beurteilung einer Leistung als Vorleistung im Rahmen eines schwebenden Geschäfts hat der Senat in weiteren Entscheidungen bestätigt (vgl. z. B. BFH, Urteil vom 27.07.2011).

Bei der gebotenen Betrachtung von Kaufvertrag und MFD-Vertrag als wirtschaftliche Einheit ergibt sich entgegen der Sichtweise der Klägerin der für die Aktivierung eines RAP erforderliche transitorische Charakter des Postens: Die „Ausgabe" in Form der Subvention des Mobiltelefons als eine Art Vorabentgelt der Klägerin ist vor dem Bilanzstichtag 31.12.1996 abgeflossen, wohingegen der diesbezügliche Aufwand der über den Bilanzstichtag hinausgehenden Gesamtlaufzeit der MFD-Verträge zuzuordnen ist, während derer in Form eines Teils der Mobilfunkgebühren sukzessive die Gegenleistung der Mobilfunkkunden für die Subvention erbracht wird.

Der BFH teilt nicht die Auffassung der Klägerin, der zufolge ein transitorischer Posten nur vorliegen könne, wenn die (zeitraumbezogene) Gegenleistung zu der „Ausgabe" in einer den jeweiligen Vertrag kennzeichnenden Sach-, Dienstleistungs- oder Gebrauchsüberlassungspflicht bestehe, nicht aber dann, wenn es sich dabei um eine Geldleistungspflicht handele. Zwar sind die "klassischen" Fälle von RAP solche von vorausgezahlten Entgeltleistungen für Sach-, Dienstleistungs- oder Gebrauchsüberlassungspflichten. Steht jedoch wie im Streitfall eine getätigte Ausgabe im Rahmen eines komplexen Pflichtengeflechts aus zwei wirtschaftlich zusammenhängenden Verträgen in einem zumindest wirtschaftlichen Gegenseitigkeitsverhältnis zu einer noch zu erbringenden zeitraumbezogenen Verpflichtung der anderen Vertragsseite, kommt dem die Ausgabe abbildenden aktiven RAP nicht deshalb ein antizipativer Charakter zu, weil die Gegenleistung in einer Geldleistungspflicht besteht, mit der außerdem noch eine Dienstleistung des Bilanzierenden abgegolten wird.

Betroffene Norm
§ 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG
Streitjahr 1996

Vorinstanz
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.05.2008, 6 K 3224/05 K,F

Fundstelle
BFH, Urteil vom 15.05.2013, I R 77/08

Weitere Fundstellen 
BFH, Beschluss vom 07.04.2010, I R 77/08, BStBl II 2010, S. 739, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 27.07.2011, I R 77/10, BStBl II 2012, S. 284, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Beschluss vom 31.01.2013, GrS 1/10, BStBl II 2013, S. 317, siehe Deloitte Tax-News

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