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01.12.2016
Rechnungslegung

FG München: Auflösungszeitpunkt von Rückstellungen für Mehrsteuern

Werden aufgrund einer Betriebsprüfung sich ergebende Steuernachzahlungen später – aufgrund eines erfolgreichen Einspruchverfahrens herabgesetzt – sind die für die Mehrsteuern gebildeten Rückstellungen in den Jahren, in denen der Prüfer die Rückstellungen gebildet hat, aufzulösen. Eine Auflösung im Jahr der Erledigung des Einspruchs ist nicht zulässig.

Sachverhalt

Streitig war, in welchen Veranlagungszeiträumen Rückstellungen für Mehrsteuern, die der Prüfer in den Prüfungsjahren gebildet hat, aufzulösen sind.

Entscheidung

Bildung von Rückstellungen für Mehrsteuern
Nach ständiger Rechtsprechung sind Rückstellungen für Mehrsteuern, die auf Steuerhinterziehung beruhen, regelmäßig erst dann zu bilden, wenn der Steuerpflichtige aufgrund eines hinreichend konkreten Sachverhalts ernsthaft mit einer quantifizierbaren Steuernachforderung rechnen muss, also frühestens, wenn der Prüfer eine bestimmte Sachbehandlung beanstandet hat (sog. aufdeckungsorientierte Maßnahme). Weder die Kenntnis des Steuerpflichtigen von der Steuerhinterziehung noch die allgemeine Erfahrung, dass nach Durchführung einer Außenprüfung häufig mit Steuernachforderungen zu rechnen ist, reichen für die Bildung einer Rückstellung aus (vgl. BFH-Urteil vom 27.11.2001).

Demgegenüber ist die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage des Zeitpunkts der Berücksichtigung von – nicht hinterzogenen – Mehrsteuern infolge einer Außenprüfung uneinheitlich: Der I. Senat des BFH spricht sich in seinem Urteil vom 16.12.2009 für eine Berücksichtigung erst im Jahr der Kenntnis des Steuerpflichtigen von den Mehrsteuern aus. Demgegenüber hält der III. Senat des BFH eine Passivierung zu Lasten des Jahres der Steuerentstehung für geboten (BFH-Urteil vom 15.03.2012). In der Praxis erfolgt die Bildung von Rückstellungen für Mehrsteuern regelmäßig im Jahr ihrer wirtschaftlichen Entstehung, also im jeweiligen Prüfungsjahr (EStH 4.9; LFSt Bayern vom 10.03.2015).

Auflösung von Rückstellungen für Mehrsteuern
Rückstellungen seien dann aufzulösen, sobald und soweit die Voraussetzungen ihrer Bildung an späteren Bilanzstichtagen entfielen (§ 249 Abs. 2 S. 2 HGB) (BFH-Urteil vom 30.01.2002). Gleiches gelte nach Auffassung des FG München auch dann, wenn die Rückstellungen von Anfang an nicht hätten gebildet werden dürfen und eine Korrektur zu einem früheren Zeitpunkt nicht möglich sei, da eine Berücksichtigung in einem bestandskräftig gewordenen Steuerbescheid erfolgt sei und dieser Bescheid aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr geändert werden könne.

Werde gegen die infolge einer Betriebsprüfung geänderten Bescheide erfolgreich Einspruch eingelegt, sei die Auflösung der vom Betriebsprüfer gebildeten Rückstellungen für Mehrsteuern nicht in dem Jahr der Erledigung der Einsprüche vorzunehmen, sondern in dem Jahr, in dem der Prüfer die Rückstellungen gebildet hat. Die Auflösung habe in der Höhe zu erfolgen, wie – nach dem Ergebnis des abgeschlossenen Rechtsbehelfsverfahrens – materiell-rechtlich keine Steuerschulden bestünden.

Betroffene Normen
§ 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 S. 1 EStG
§ 249 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 HGB, § 249 Abs. 2 S. 2 HGB
Streitjahre 2003-2006

Fundstelle
Finanzgericht München, Urteil vom 19.09.2016, 7 K 621/16

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 14.10.2009, X R 37/07
BFH, Urteil vom 16.12.2009, I R 43/08, BStBl. II. 2012, S. 688
BFH, Urteil vom 30.01.2002, I R 68/00, BStBl. II 2002, S. 688
BFH, Urteil vom 27.11.2001, VIII R 36/00, BStBl. II 2002, S. 731
BFH, Urteil vom 15.03.2012, III R 96/07, BStBl. II. 2012, S. 719
Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung vom 10.03.2015, S 2133.1.1-7/5 St 31

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