Zurück zur Übersicht
URL: http://www.deloitte-tax-news.de/steuern/internationales-steuerrecht/eu-kommission-entwurf-einer-beps-richtlinie.html
29.01.2016
Internationales Steuerrecht

EU-Kommission: Entwurf einer BEPS-Richtlinie

Die EU-Kommission hat am 28.01.2016 den offiziellen Entwurf einer Richtlinie gegen BEPS vorgestellt. Gegenüber einem vorangegangenen Entwurf sind Regelungen gegen die künstliche Vermeidung der Begründung einer Betriebsstätte nicht mehr enthalten. Zudem wurden die Regelungen gegen hybride Gestaltungen auf hybride Finanzinstrumente ausgedehnt. Es handelt sich um eine de minimis-Richtlinie, es steht den Mitgliedsstaaten also grundsätzlich frei, strengere Regeln zu erlassen.

Hintergrund

Am 18.03.2015 hatte die EU-Kommission ihr Steuertransparenzpaket (siehe Deloitte Tax-News) vorgestellt und angekündigt, noch vor dem Sommer 2015 einen Aktionsplan zur Unternehmensbesteuerung vorzustellen, in dem u. a. ein (erneuter) Vorschlag für eine Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) wieder ins Gespräch gebracht werden sollte. Daraufhin veröffentlichte die EU-Kommission am 17.06.2015 einen Aktionsplan bestehend aus 5 Maßnahmenbereichen (siehe Deloitte Tax-News). Bestandteile waren unter anderem die Wiederbelebung der Aktivitäten zur Einführung der GKKB sowie Maßnahmen zur Umsetzung der Maßnahmen des BEPS-Aktionsplans.
Im Rahmen der Weiterentwicklung des Entwurfes der GKKB-Richtlinie wurde am 08.12.2015 im ECOFIN der Entwurf einer Richtlinie diskutiert, mit dem im Wesentlichen die Maßnahmen des BEPS-Aktionsplanes umgesetzt werden sollten (siehe Deloitte Tax-News).
 

Aktuelle Entwicklung

Am 28.01.2016 hat die EU-Kommission den Entwurf einer Richtlinie „mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts “ vorgestellt. Der Entwurf entspricht in weiten Teilen dem Entwurf einer Richtlinie zur „Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage“ (GKKB) (siehe Deloitte Tax-News), der am 08.12.2015 im ECOFIN diskutiert wurde.

Die Richtlinie ist auf alle Steuerpflichtigen – einschließlich Betriebsstätten von Unternehmen aus Drittstaaten – anwendbar, die in einem oder mehreren Mitgliedsstaaten der Körperschaftsteuer unterliegen.

Der Entwurf enthält einen ausführlichen Katalog mit Definitionen von Begriffen. Vorgesehen ist die Umsetzung der folgenden Maßnahmen:

  • Zinsabzugsbeschränkungen
  • Wegzugsbesteuerung (Exit Tax)
  • Switch-Over-Klausel
  • Allgemeine Missbrauchsvermeidungsvorschrift (General Anti-Abuse Rule, GAAR)
  • Hinzurechnungsbesteuerung
  • Hybride Gestaltungen (ohne doppeltansässige Gesellschaften)

Maßnahmen gegen die künstliche Vermeidung der Begründung einer Betriebsstätte sind im Richtlinien Entwurf vom 28.01.2016 allerdings nicht mehr enthalten.

Zinsabzugsbeschränkungen
Wie bereits im Kommissionsvorschlag vom 02.12.2015 orientiert sich die Zinsabzugsbeschränkung stark an der deutschen Zinsschranken Regelung.
Abweichend von der deutschen Zinsschrankenregelung sieht der Richtlinienvorschlag einen Freibetrag i. H. v. EUR 1 Mio. vor; der EBITDA-Vortrag ist – abweichend vom ersten Vorschlag und der deutschen Regelung – nicht auf 5 Jahre beschränkt, sondern (wohl) unbegrenzt möglich. Zinsaufwendungen von Finanzunternehmen („financial undertakings“ (entsprechend der Richtliniendefinition z. B. Kreditinstitute oder (Rück-)Versicherer) sollen – ohne Ausnahmeklauseln – nur bis zur Höhe der Zinseinnahmen abziehbar sein.

Wegzugsbesteuerung (Exit Tax)
Die Staaten sollen eine Wegzugsbesteuerung einführen bei:

  • Überführungen von Wirtschaftsgütern vom Stammhaus in eine Betriebsstätte in einen anderen Mitgliedsstaat oder ein Drittland,
  • Überführungen von Wirtschaftsgütern einer Betriebsstätte in einem Mitgliedsstaat in das Stammhaus oder eine Betriebsstätte eines anderen Mitgliedsstaats oder eines Drittlands,
  • Sitzverlegungen in andere Mitgliedsstaaten oder einen Drittstaat; ausgenommen sind Wirtschaftsgüter, die einer Betriebsstätte im Ursprungsland zuzuordnen sind
  • Verlagerung des Geschäfts einer EU-Betriebsstätte in ein Drittland

Bei Überführungen oder Verlagerungen in andere EU-Mitgliedsstaaten oder einen EWR-Staat (dort nur unter weiteren Voraussetzungen) soll eine Ratenzahlung (über 5 Jahre) für die „Wegzugsteuer“ möglich sein. Die Mitgliedsstaaten können bzw. sollen unter bestimmten Voraussetzungen Zinsen oder Sicherheitsleistungen verlangen oder die Ratenzahlung widerrufen.

Bei Bewegungen innerhalb der EU soll der Zuzugsstaat den gemeinen Wert im Zeitpunkt des Zuzugs als „Anfangswert“ des Wirtschaftsgutes anerkennen.

Die Regelung zur Wegzugsbesteuerung soll nicht bei temporären Verlagerungen von Wirtschaftsgütern, bei denen eine Rückführung zum (Ausgangs-)Mitgliedsstaat geplant ist, angewendet werden.

Switch-Over-Klausel
Ausländische Einkünfte (Gewinnausschüttungen, Veräußerungsgewinne, Betriebsstättengewinne) aus einem Drittstaat sollen nicht steuerfrei sein, wenn sie im Drittstaat einem gesetzlichen Steuersatz von weniger als 40% des gesetzlichen Steuersatzes, der im Mitgliedsstaat des Steuerpflichtigen gilt, unterliegen. Stattdessen soll eine Anrechnung der Drittlandssteuer erfolgen, wobei die Anrechnung nicht höher sein soll als die Steuern, die auf die zu besteuernden ausländischen Einkünfte entfallen.
Bei Verlusten in Drittstaatenbetriebsstätten oder Veräußerungsverlusten von Anteilen an Drittstaatengesellschaften soll keine Anrechnung erfolgen.

Allgemeine Missbrauchsvermeidungsvorschrift (General Anti-Abuse Rule, GAAR)
Die im Richtlinienvorschlag enthaltene allgemeine Missbrauchsvermeidungsvorschrift ähnelt § 42 AO. Die Mitgliedsstaaten sollen künstliche Gestaltungen steuerlich ignorieren, wenn deren wesentlicher Zweck die Erlangung eines steuerlichen Vorteils ist, der nicht vorgesehen ist, und es für die Gestaltung keine beachtlichen wirtschaftlichen Gründe gibt, die die ökonomische Wirklichkeit abbilden. Die Steuer soll dann entsprechend der wirtschaftlichen Substanz nach den nationalen Gesetzen berechnet werden.

Hinzurechnungsbesteuerung
Bestimmte nicht ausgeschüttete Gewinne von ausländischen Gesellschaften sollen im Mitgliedsstaat des Steuerpflichtigen besteuert werden. Ähnlich der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung sind für die Hinzurechnung erforderlich:

  • Beherrschung der Drittstaatengesellschaft (die vorgeschlagenen Voraussetzungen dazu sind enger als nach der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung)
  • Effektive Niedrigbesteuerung (weniger als 40% des Steuersatzes, der im Mitgliedsstaat des Steuerpflichtigen angewendet worden wäre; nach deutscher Hinzurechnungsbesteuerung schon bei einer effektiven Steuerbelastung von weniger als 25%)
  • Erzielung von mehr als 50% der Einkünfte durch bestimmte (in der Regel) passive Einkünfte oder aktive Einkünfte aus Handel und Dienstleistungen, die gegenüber dem Steuerpflichtigen erbracht werden (mit Einschränkungen bei Finanzinstitutionen)

Allerdings greift eine Ausnahme, wenn mit der Hauptgattung der Aktien der ausländischen Gesellschaft ein regelmäßiger Handel an einer oder mehreren anerkannten Börse(n) stattfindet.

Bei Gesellschaften aus anderen Mitgliedsstaaten oder EWR-Staaten, oder Betriebsstätten in einem Mitgliedsstaat, die zu einem Drittlandsunternehmen gehören, soll keine Hinzurechnung vorgenommen werden, es sei denn, es handelt sich um eine rein künstliche Gestaltung oder, soweit die Gesellschaft künstliche Gestaltungen nutzt, deren Hauptzweck die Erlangung eines Steuervorteils ist. Im letztgenannten Fall sollen der beherrschenden Gesellschaft die Gewinne zugerechnet werden, die mit den von ihr ausgeführten „significant people functions“ verbunden sind.

Die Gewinne des ausländischen Unternehmens sollen nach dem Rechts des Ansässigkeitsstaates des Steuerpflichtigen berechnet werden; Verluste sollen nicht zugerechnet werden, aber vorgetragen und in späteren Jahren berücksichtigt werden können.

Die Gewinne sollen den Steuerpflichtigen entsprechend ihrer Beteiligung zugerechnet werden; das Einkommen soll in dem Steuerjahr berücksichtigt werden, in dem das Steuerjahr der ausländischen Gesellschaft endet.

Zur Vermeidung von Doppelbesteuerung sollen die hinzugerechneten Beträge im Falle einer Gewinnausschüttung der ausländischen Gesellschaft oder wenn deren Anteile veräußert werden, von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden.

Hybride Gestaltungen
Wenn zwei Mitgliedsstaaten denselben Steuerpflichtigen (hybride Gesellschaft) oder dessen Betriebsstätten in einem oder mehreren Staaten rechtlich unterschiedlich einordnen, und es dadurch zu einer Double Deduction-Situation oder Deduction/No-Inclusion-Situation kommt, dann soll die rechtliche Einordnung der hybriden Gesellschaft des Mitgliedsstaates, in dem die Zahlung erfolgt (Quellenmitgliedsstaat), vom anderen Mitgliedsstaat übernommen werden.

Wenn zwei Mitgliedsstaaten dieselbe Zahlung (hybrides Instrument) rechtlich unterschiedlich einordnen, und es dadurch zu einer Deduction/No-Inclusion-Situation kommt, dann soll die rechtliche Einordnung des hybriden Instruments des Mitgliedsstaates, in dem die Zahlung erfolgt (Quellenmitgliedsstaat), vom anderen Mitgliedsstaat übernommen werden.

Anmerkung

Die Chancen einer EU-weit gleichmäßigen Umsetzung der Maßnahmen gegen BEPS würden durch eine EU-Richtlinie deutlich ansteigen. Allerdings ist der vorliegende Vorschlag dahingehend kritisch zu sehen, dass er in einigen Punkten (z. B. Konzernklausel bei der Zinsschranke oder Umgang mit hybriden Gestaltungen) von den OECD-Empfehlungen abweicht. Dadurch kann es zu Abweichungen zwischen den EU-Staaten und den (nicht-EU) OECD-Staaten (z. B. Australien, Kanada oder den USA) kommen.
Dies könnte für die Staaten zu neuen BEPS-Risiken führen und bei den Unternehmen die Gefahr von Doppelbesteuerungen erhöhen.

Fundstelle
EU-Kommission, Vorschlag einer Richtlinie „mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts“ vom 28.01.2016

Weitere Fundstellen
ECOFIN: Richtlinienvorschlag zur Bekämpfung von BEPS diskutiert, siehe Deloitte Tax-News
EU-Kommission: Aktionsplan für eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der EU veröffentlicht, siehe Deloitte Tax-News
EU Kommission: Steuertransparenzpaket vorgestellt, siehe Deloitte Tax-News 
Mehr Steuertransparenz: Aktuelle Entwicklungen zum automatischen Informationsaustausch auf OECD und EU Ebene, siehe Deloitte Tax-News
 

Deloitte Tax-News Einträge zum Thema „BEPS“ 

www.deloitte-tax-news.de Diese Mandanteninformation enthält ausschließlich allgemeine Informationen, die nicht geeignet sind, den besonderen Umständen eines Einzelfalles gerecht zu werden. Sie hat nicht den Sinn, Grundlage für wirtschaftliche oder sonstige Entscheidungen jedweder Art zu sein. Sie stellt keine Beratung, Auskunft oder ein rechtsverbindliches Angebot dar und ist auch nicht geeignet, eine persönliche Beratung zu ersetzen. Sollte jemand Entscheidungen jedweder Art auf Inhalte dieser Mandanteninformation oder Teile davon stützen, handelt dieser ausschließlich auf eigenes Risiko. Deloitte GmbH übernimmt keinerlei Garantie oder Gewährleistung noch haftet sie in irgendeiner anderen Weise für den Inhalt dieser Mandanteninformation. Aus diesem Grunde empfehlen wir stets, eine persönliche Beratung einzuholen.

This client information exclusively contains general information not suitable for addressing the particular circumstances of any individual case. Its purpose is not to be used as a basis for commercial decisions or decisions of any other kind. This client information does neither constitute any advice nor any legally binding information or offer and shall not be deemed suitable for substituting personal advice under any circumstances. Should you base decisions of any kind on the contents of this client information or extracts therefrom, you act solely at your own risk. Deloitte GmbH will not assume any guarantee nor warranty and will not be liable in any other form for the content of this client information. Therefore, we always recommend to obtain personal advice.