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24.11.2011
Rechnungslegung

FG Köln: Zur Bildung und Auflösung von passiven RAP

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin zu Recht in ihren Bilanzen zum 31.12.2005 bis 31.12.2007 gewinnmindernd passive Rechnungsabgrenzungsposten gebildet hat.

Die Klägerin trat in einen Kooperationsvertrag zwischen der A-GmbH und Herrn D ein. Nach diesem Kooperationsvertrag beabsichtigten die A-GmbH und Herr D (im Folgenden Berater) in der Form zusammenzuarbeiten, dass der Berater Dritten Leasing-, Miet- und Mietkaufverträge der A-GmbH als Finanzierungsmöglichkeit anbietet. Nach dem Kooperationsvertrag erhält der Berater von der A-GmbH für jeden durch seine Beratung direkt oder indirekt abgeschlossenen und von der A-GmbH angenommenen Finanzierungsvertrag ein erfolgsabhängiges Beraterhonorar. Das Beraterhonorar ist fällig mit Abschluss und Ingangsetzung des jeweiligen Finanzierungsvertrags.
Der Berater berät für die A-GmbH alle Beteiligten über die gesamte Dauer der Zusammenarbeit in allen im Rahmen der Abwicklung der Leasing-, Miet- und Mietkaufverträge anfallenden Fragen. Das mit Ingangsetzung eines jeden Finanzierungsvertrags gemäß dem Kooperationsvertrag von der A-GmbH an den Berater gezahlte Honorar deckt somit auch alle Beratungsleistungen ab, die der Berater während der Grundmietzeit der einzelnen Leasing- und Miet- und Mietkaufverträge erbringt. Die nach der Grundmietzeit (im Regelfall 60 Monate) und bei vorzeitigen Vertragsbeendigungen anfallenden Arbeiten werden nach dem Kooperationsvertrages gesondert honoriert.

Mit Schreiben aus Dezember 2003 bestätigte die Klägerin der A-GmbH, dass im Falle einer vorzeitigen Einstellung der Beratertätigkeit die am Vertragsbeginn der einzelnen Leasingverträge gezahlten Honorare (zeit-)anteilmäßig zurückgezahlt werden.

Die Klägerin bildete für die vereinnahmten Entgelte passive Rechnungsabgrenzungsposten, die sie linear über die Grundmietzeit hin auflöste.

Aufgrund einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung versagte das Finanzamt die Bildung passiver Rechnungsabgrenzungsposten. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Rechnungsabgrenzungsposten nur gebildet werden dürften, wenn Einnahmen vor dem Abschlussstichtag geflossen seien, d. h. ein barer oder unbarer Zahlungsvorgang vorliege. Diese Zahlung müsse für einen bestimmten Zeitraum nach dem Abschlussstichtag erfolgt sein. Anfang und Ende des Zeitraums müssten eindeutig festliegen, d. h. kalendermäßig bestimmt oder zumindest genau bestimmbar sein. Hierbei müsse sich die noch zu erbringende Leistung rechnerisch wie wirtschaftlich auf die bestimmte Zeit aufteilen lassen. Im Streitfall sei jedoch der Umfang der nachträglichen Betreuung und Beratung nicht genau bestimmbar, so dass eine gleichmäßige Verteilung des Erfüllungsrückstands nicht möglich sei.

Entscheidung

Der Beklagte hat zu Unrecht die passiven Rechnungsabgrenzungsposten nicht anerkannt.

Die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten ist Ausdruck des Objektivierungs- und des Vorsichtsprinzips. Deshalb entspricht eine enge Auslegung des Merkmals „bestimmte Zeit“ bei aktiven Rechnungsabgrenzungsposten dem Vorsichtsprinzip. Bei passiven Rechnungsabgrenzungsposten könnte eine enge Auslegung jedoch zu einer zu frühen Gewinnrealisierung führen. Das Merkmal der „bestimmten Zeit“ ist daher nach einer weit verbreiteten Meinung, der sich der erkennende Senat anschließt, „imparitätisch“ auszulegen. Sinngemäß vertritt auch der Bundesfinanzhof bei der Bildung passiver Rechnungsabgrenzungsposten eine relativ weite Auslegung. Dies kann sogar dazu führen, dass Einnahmen für eine immerwährende Zeit passiv abzugrenzen sind (BFH-Urteil vom 09.12.1993). Im Streitfall ergibt sich die „bestimmte Zeit“ aus der Grundmietzeit.

Der Bildung der passiven Rechnungsabgrenzungsposten steht nicht entgegen, dass unklar ist, welchen Umfang die von der Klägerin zu erbringenden Leistungen in den einzelnen Jahren haben. Entscheidend ist, dass sie über die gesamt Grundmietzeit verpflichtet war im Bedarfsfall Leistungen zu erbringen, die mit dem zu Beginn des Vertrags gezahlten Honorars abgegolten waren. Ist der Umfang der auf die einzelnen Jahre entfallenden Leistungen nicht feststellbar, sind die Entgelte gleichmäßig auf die Laufzeit zu verteilen.

Der Senat hat erwogen, ob demgegenüber auch eine degressive Verteilung in Betracht kommen könnte. Da im Streitfall nicht ermittelt wurde, in welchen Jahren innerhalb der fünf Jahre in welchem Umfang Leistungen erbracht wurden und diese Ermittlung im Nachhinein bei 4.000 bis 5.000 Verträgen einen unzumutbaren Aufwand bedeuten würde, muss es bei der linearen Verteilung bleiben. Die fehlende Ermittlung kann jedenfalls nicht dazu führen, die Einnahmen entgegen dem Vorsichtsprinzip nicht auf die Grundmietzeit zu verteilen.

Die Revision zum BFH wurde zugelassen.

Betroffene Normen

§ 250 Abs. 2 HGB; § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG

Fundstelle

Finanzgericht Köln, Urteil vom 19.10.2011, 10 K 2381/10

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 09.12.1993, IV R 130/91, BStBl II 1995, S. 202

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