Zurück zur Übersicht
09.11.2012
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BFH: Arbeitnehmerrabatte bei Neufahrzeugen

Der Rabatt eines Arbeitgebers, der üblicherweise auch Dritten eingeräumt wird, führt beim Arbeitnehmer nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn. Um feststellen zu können, ob die Rabattgewährung durch das Arbeitsverhältnis veranlasst ist, ist der gewährte Preis mit dem üblichen Endpreis am Abgabeort zu vergleichen. Der Endpreis ist der am Ende der Verkaufsverhandlungen als letztes Angebot stehende Preis; er umfasst auch Rabatte.

Sachverhalt  
Der BFH hat in zwei Urteilen entschieden, dass nicht jeder Rabatt, den ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber erhält, zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führt.

Die Kläger hatten als Arbeitnehmer von ihren als Fahrzeughersteller tätigen Arbeitgebern jeweils Neufahrzeuge zu Preisen erworben, die unter den Listenpreisen lagen. Die Finanzämter setzten einkommensteuerpflichtigen Arbeitslohn an, soweit die vom Arbeitgeber gewährten Rabatte die Hälfte der durchschnittlichen Händlerrabatte überstiegen (nach Maßgabe des BMF-Schreibens vom 30.01.1996). Dagegen wandten sich die Kläger mit der Begründung, dass Lohn allenfalls insoweit vorliege, als der Arbeitgeberrabatt über das hinausgehe, was auch fremde Dritte als Rabatt erhielten (unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 05.09.2006). Die Finanzgerichte gaben den Klagen (teilweise) statt.  

Entscheidung
Bei der Ermittlung der Vorteile aus den von den Klägern verbilligt erworbenen Jahreswagen wurden die Rabatte, die auch Nichtarbeitnehmern beim Fahrzeugkauf gewährt werden, zu Recht als nicht aus dem Arbeitsverhältnis sich ergebende und deshalb auch nicht der Einkommensteuer zu unterwerfende Vorteile beurteilt.

Nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung gehören zu den nach § 8 EStG zu bewertenden und zu Einnahmen führenden Vorteilen i.S. des § 19 Abs. 1 S. 1 EStG auch solche, die Arbeitnehmern daraus entstehen, dass ihnen ihre Arbeitgeber Personalrabatte gewähren, indem sie Waren (z.B. Jahreswagen) aufgrund des Dienstverhältnisses verbilligt überlassen (zuletzt BFH-Urteil vom 05.09.2012). Wird der Vorteil der Verbilligung "für" eine Beschäftigung gewährt, ist er durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst und insoweit Lohn (Senatsurteile vom 17.06.2009 und 01.02.2007). Soweit und in der Höhe, als Preisnachlässe auch im normalen Geschäftsverkehr erzielt werden können, spricht nichts dafür, dass diese Rabatte, wenn sie auch Arbeitnehmern eingeräumt werden, als Vorteil "für" deren Beschäftigung gewährt werden und deshalb zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehören. Denn in diesem Fall fehlt es an einem aus dem Arbeitsverhältnis stammenden Vorteil als einer Grundvoraussetzung für Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit (vgl. BFH-Urteile vom 02.02.1990 und 04.05.2006 zum zinsverbilligten Arbeitgeberdarlehen).

Zur Unterscheidung von auch im normalen Geschäftsverkehr erzielbaren Preisnachlässen einerseits und durch das Arbeitsverhältnis begründeten besonderen Vorteilen andererseits sind die vom Arbeitgeber stammenden Leistungen nach den Grundsätzen des § 8 EStG zu bewerten. Bei der Rabattbesteuerung nach § 8 Abs. 3 EStG greifen zugunsten des Arbeitnehmers Vergünstigungen (4 % Bewertungsabschlag und Rabattfreibetrag in Höhe von 1080 Euro). Grundlage dafür ist allerdings nicht der Marktpreis sondern der Endpreis des Arbeitgebers, zu dem der Arbeitgeber die entsprechenden Waren fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet. Das ist nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats der "Angebotspreis" (§ 8 Abs. 3 S. 1 EStG, vgl. BFH-Urteile vom 05.09.2006 und 17.06.2009). An der bisherigen Senatsrechtsprechung, nach der der Angebotspreis grundsätzlich der unabhängig von Rabattgewährungen nach der Preisangabenverordnung ausgewiesene Preis ist, hält der erkennende Senat nicht mehr länger fest. Der angebotene Endpreis i.S. des § 8 Abs. 3 EStG ist vielmehr derjenige, der am Ende von Verkaufsverhandlungen als letztes Angebot des Händlers steht. Der angebotene Endpreis umfasst daher auch Rabatte.

Der erkennende Senat hatte bereits zum Verhältnis der Bewertung nach § 8 Abs. 2 EStG gegenüber der nach Abs. 3 entschieden (BFH-Urteil vom 05.09.2006). Danach stellt § 8 Abs. 2 EStG die Grundnorm der Bewertung dar. Rabatte des Arbeitgebers werden erst dann und nur in der Höhe als geldwerter Vorteil erfasst, als der Preis unterschritten wird, der für das gleiche Produkt am Markt von fremden Dritten zu entrichten ist. Vergleichspreis ist dabei grundsätzlich der günstigste Preis am Markt (BFH-Urteile vom 17.08.2005 und 04.05.2006). Denn nur dann ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Rabatt seinen Rechtsgrund nicht im Kaufvertrag, sondern in der arbeitsrechtlichen Beziehung hat, er mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis als Vorteil eingeräumt wurde und sich insoweit im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist.

Abweichend davon ist § 8 Abs. 3 EStG eine Spezialnorm und hat tendenziell begünstigenden Charakter, weil noch ein Bewertungsabschlag von 4 % und ein Rabattfreibetrag abgezogen werden. Die Vorteilhaftigkeit der Norm kann aber verfehlt werden, wenn der vom Arbeitgeber angebotene Endpreis und der günstigste Preis am Markt so stark voneinander abweichen, dass trotz des Bewertungsabschlags und des Rabattfreibetrags ein geldwerter Vorteil erfasst wird, der nach dem Maßstab der Grundnorm tatsächlich nicht vorliegt. Deshalb hat der Arbeitnehmer jedenfalls im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung die Möglichkeit, die Höhe des geldwerten Vorteils entweder nach der Regelung des § 8 Abs. 2 EStG ohne Bewertungsabschlag und ohne Rabattfreibetrag oder mit diesen Abschlägen auf Grundlage des Endpreises des Arbeitgebers nach § 8 Abs. 3 EStG bewerten zu lassen. An dieser Rechtsprechung hält der erkennende Senat fest.

Die Kläger konnten somit in ihren Einkommensteuerveranlagungsverfahren geltend machen, dass der vom Arbeitgeber tatsächlich geforderte Endpreis so weit über dem günstigsten Preis am Markt für die vom Kläger jeweils erworbenen Fahrzeuge liegt und, dass trotz Bewertungsabschlag und Rabattfreibetrag der im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens auf Grundlage des § 8 Abs. 3 EStG erfasste geldwerte Vorteil höher ist als der nach der Grundnorm des § 8 Abs. 2 EStG tatsächlich vorliegende Vorteil.

Betroffene Norm 
§ 8 Abs. 2 und 3 EStG, § 19 EStG
Streitjahre 2000 bis 2005

Vorinstanzen
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 30.04.2009, 15 K 4357/08 E, EFG 2009, S. 1288 (zu VI R 30/09)
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 09.07.2010, 5 K 1084/08, EFG 2011, S. 441 (zu VI R 27/11)

Fundstellen
BFH, Urteil vom 26.07.2012, VI R 30/09
BFH, Urteil vom 26.07.2012, VI R 27/11 

Weitere Fundstellen
BMF, Schreiben vom 30.01.1996, BStBl I 1996, S. 114
BFH, Urteil vom 05.09.2006, VI R 41/02, BStBl II 2007, S. 309
BFH, Urteil vom 17.06.2009, VI R 18/07, BStBl II 2010, S. 67
BFH, Urteil vom 01.02.2007, VI R 72/05, BFH/NV 2007, S. 898
BFH, Urteil vom 02.02.1990, VI R 15/86, BStBl II 1990, S. 472
BFH, Urteil vom 04.05.2006, VI R 28/05, BStBl II 2006, S. 781
BFH, Urteil vom 17.08.2005, IX R 10/05, BStBl II 2006, S. 71

So werden Sie regelmäßig informiert:
Artikel teilen:
Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen einen bedarfsgerechteren Service bereitstellen zu können. Indem Sie ohne Veränderungen Ihrer Standard-Browser-Einstellung weiterhin diese Seite besuchen, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden. Möchten Sie mehr Informationen zu den von uns verwendeten Cookies erhalten und erfahren, wie Sie den Einsatz unserer Cookies unterbinden können, lesen Sie bitte unsere Cookie Notice.