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16.01.2014
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BFH: Bindungswirkung einer Lohnsteueranrufungsauskunft auch gegenüber Arbeitnehmer

Erteilt das Betriebsstättenfinanzamt dem Arbeitgeber eine Lohnsteueranrufungsauskunft, sind die Finanzbehörden im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens an diese auch gegenüber dem Arbeitnehmer gebunden. Das Finanzamt kann daher die vom Arbeitgeber aufgrund einer (unrichtigen) Anrufungsauskunft nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer vom Arbeitnehmer nicht im Rahmen des Vorauszahlungsverfahrens nachfordern (Rechtsprechungsänderung). Das Veranlagungsverfahren bleibt davon unberührt.

Sachverhalt

Der Kläger war Arbeitnehmer. Im Streitjahr 2006 führte sein Arbeitgeber die Lohnsteuer nach Einholung einer Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) ab, die sich später als unrichtig herausstellte. Das Finanzamt erließ daraufhin gegenüber dem Kläger einen Bescheid über die Festsetzung von nachzufordernder Lohnsteuer. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Entscheidung

Entgegen der Auffassung des FG, sei der Lohnsteuernachforderungsbescheid gegen den Kläger nicht rechtmäßig. Dieser dürfe wegen in Folge einer (unrichtigen) Anrufungsauskunft nicht einbehaltener Lohnsteuer nicht in Anspruch genommen werden.

Der Arbeitnehmer ist Schuldner der Lohnsteuer nach § 38 Abs. 2 S. 1 EStG. Nicht einbehaltene und nicht abgeführte Lohnsteuer kann deshalb von der Finanzbehörde grundsätzlich von ihm nachgefordert werden, auch wenn das Kalenderjahr bereits abgelaufen ist. Zugleich haftet jedoch auch der Arbeitgeber für nicht einbehaltene und nicht abgeführte Lohnsteuer (§ 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG).
Der Arbeitnehmer kann nach § 42d Abs. 3 S. 4 Nr. 1 EStG für seine Lohnsteuer als (Gesamt)Schuldner neben dem Arbeitgeber jedoch nur in bestimmten Fällen in Anspruch genommen werden, etwa wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig vom Arbeitslohn einbehalten hat (vgl. BFH-Urteil vom 13.01.2011).

An einer vorschriftswidrigen Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer fehle es, wenn der Arbeitgeber eine Anrufungsauskunft eingeholt hat und danach – wie im Streitfall – verfahren ist. In einem solchen Fall könne ihm nicht entgegengehalten werden, er habe die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten. Dies gelte unabhängig davon, ob die Anrufungsauskunft materiell richtig oder unrichtig sei (vgl. BFH-Urteil vom 16.11.2005).

Überdies führe die ordnungsgemäße Abführung der auskunftsgemäß einbehaltenen Lohnsteuer zum Erlöschen des Lohnsteueranspruchs des Finanzamtes. Der Arbeitnehmer könne damit nicht mehr auf Zahlung der Lohnsteuer in Anspruch genommen werden. An der gegenteiligen Auffassung, nach der das Finanzamt nicht gehindert sei, im Lohnsteuerverfahren dem Arbeitnehmer gegenüber einen anderen, ungünstigeren Rechtsstandpunkt zu vertreten als im Auskunftsverfahren gegenüber dem Arbeitgeber (BFH-Urteil vom 22.05.2007), werde nicht festgehalten.

Betroffene Norm

§ 42d Abs. 3 S. 4 Nr. 1 EStG, § 42e EStG
Streitjahr 2006

Anmerkungen

In der vorliegenden Entscheidung ist zu beachten, dass zwar die Lohnsteuerschuld des Arbeitnehmers wie auch die Entrichtungsschuld des Arbeitgebers durch das Finanzamt im Wege der Anrufungsauskunft verbindlich festgestellt werden, dies jedoch keine Auswirkung auf die Einkommensteuerschuld des Arbeitnehmers hat. Die Finanzbehörden sind im Rahmen des Veranlagungsverfahrens nicht gegenüber dem Arbeitnehmer gebunden.

Vorinstanz

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2012, 13 K 799/09 L, EFG 2012, S. 1781

Fundstelle

BFH, Urteil vom 17.10.2013, VI R 44/12

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 13.01.2011, VI R 61/09, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 22.05.2007, VI B 143/06, BFH/NV 2007, S. 1658
BFH, Urteil vom 16.11.2005, VI R 23/02

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