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17.01.2011
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

Lohnsteuerliche Behandlung von Mahlzeiten anlässlich einer Auswärtstätigkeit unter Berücksichtigung der neuen Lohnsteuerrichtlinien 2011

Erhält ein Arbeitnehmer anlässlich einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit eine Mahlzeit, die vom Arbeitgeber ganz oder teilweise erstattet wird, stellt dieser Vorgang grundsätzlich einen steuerpflichtigen geldwerten Vorteil dar. Die Bewertung des geldwerten Vorteils kann mit dem amtlichen Sachbezugswert vorgenommen werden, sofern es sich um eine übliche Beköstigung handelt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung liegt eine übliche Beköstigung dann vor, wenn der Wert der Mahlzeit incl. Getränke und Umsatzsteuer den Betrag von € 40 nicht überschreitet. In diesem Fall kann die Versteuerung des geldwerten Vorteils mit dem amtlichen Sachbezugswert erfolgen. Dieser beträgt für das Jahr 2011 € 1,57 für ein Frühstück und € 2,83 für ein Mittag- und/oder Abendessen.

Bisherige Regelung

Voraussetzung für die Bewertung der Mahlzeit mit dem amtlichen Sachbezugswert ist das Vorliegen einer Arbeitgeberveranlassung. Nach den bisherigen Regelungen in den Lohnsteuerrichtlinien waren die Voraussetzungen für eine Arbeitgeberveranlassung immer dann erfüllt, wenn eine unmittelbare Vertragsbeziehung zwischen dem Arbeitgeber und dem leistenden Dritten (Person, die die Mahlzeit abgibt) bestand. Der Arbeitgeber musste Tag und Ort der Mahlzeit bestimmen und sich bereits vor Antritt der Auswärtstätigkeit direkt mit dem Unternehmen in Verbindung setzen, welches dem Arbeitnehmer die Mahlzeit zur Verfügung stellen sollte. Dies musste durch eine schriftliche Vereinbarung mit dem auswärtigen Hotel oder der Gaststätte nachgewiesen werden. Es reichte nicht aus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer allgemein ermächtigte, sich auf seine Rechnung in einer Gaststätte zu beköstigen.

Die von der Finanzverwaltung bisher geforderten Voraussetzungen für eine Arbeitgeberveranlassung waren praxisfern und mit einem hohen administrativen Aufwand für den Arbeitgeber verbunden. Folglich wurde diese Regelung nur sehr vereinzelt von den Arbeitgebern genutzt.

Neuregelung rückwirkend ab 2010

In den Lohnsteuerrichtlinien 2011 hat die Finanzverwaltung in R 8.1 Abs. 8 LStR 2011 die Voraussetzungen für eine Arbeitgeberveranlassung bei Mahlzeitengestellungen im Rahmen einer Auswärtstätigkeit grundlegend vereinfacht. Es gilt weiterhin die Grenze für eine übliche Beköstigung in Höhe von € 40. Eine Arbeitgeberveranlassung liegt nunmehr vor, wenn

  • die Aufwendungen vom Arbeitgeber dienst- oder arbeitsrechtlich ersetzt werden und
  • die Rechnung auf den Arbeitgeber ausgestellt ist. 

Alle bisherigen weitergehenden Voraussetzungen entfallen. Dies hatte die Finanzverwaltung bereits im BMF-Schreiben vom 05.03.2010 angekündigt. Die Neuregelung gilt grundsätzlich für alle Mahlzeiten, also nicht nur für ein Frühstück, sondern auch für Mittag – und Abendessen. Allerdings dürfte die Bewertung eines Frühstücks der Hauptanwendungsfall in der Praxis sein. Es ist unerheblich, wie die Rechnung beglichen wird.

Beispiel 1

Anlässlich einer Auswärtstätigkeit erhält der Arbeitnehmer vom Hotel folgende, auf den Arbeitgeber ausgestellte Rechnung:
Übernachtung inklusive 7% Umsatzsteuer   120 €
Frühstück inklusive 19% Umsatzsteuer           19 € 

Der Arbeitnehmer bezahlt die Rechnung mit seiner Kreditkarte. Im Rahmen seiner Reisekostenabrechnung erstattet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den vollen Betrag in Höhe von € 139.

Lösung

Das Frühstück wird auf Veranlassung des Arbeitgebers anlässlich einer Auswärtstätigkeit gewährt. Die Bewertung des Frühstücks kann somit mit dem amtlichen Sachbezugswert erfolgen. Eine Versteuerung des Betrages kann vermieden werden, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Rahmen der Reisekostenabrechnung einen Betrag in Höhe von € 1,57 abzieht. Der Arbeitnehmer hat dann aus steuerlicher Sicht das Frühstück selbst bezahlt, so dass kein geldwerten Vorteil anzusetzen ist.

Beispiel 2

Ein Außendienstmitarbeiter eines Unternehmens nimmt anlässlich einer Auswärtstätigkeit ein Abendessen in einem Restaurant zu einem Preis von € 35 ein. Die Rechnung ist auf den Arbeitgeber ausgestellt. Der Mitarbeiter erhält den Betrag in voller Höhe von seinem Arbeitgeber erstattet.

Lösung

Das Abendessen wir auf Veranlassung des Arbeitgebers anlässlich einer Auswärtstätigkeit gewährt. Die Bewertung des Abendessens kann somit mit dem amtlichen Sachbezugswert erfolgen. Eine Versteuerung des Betrages kann vermieden werden, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Rahmen der Reisekostenabrechnung einen Betrag in Höhe von € 2,83 abzieht. Der Arbeitnehmer hat dann aus steuerlicher Sicht das Abendessen selbst bezahlt, so dass kein geldwerten Vorteil anzusetzen ist.

Allgemeine Hinweise

Zu beachten ist, dass auch für umsatzsteuerliche Kleinbetragsrechnungen (bis € 150 brutto) und einfache Quittungen keine Ausnahme gilt. Sofern die Rechnung nicht auf den Namen des Arbeitgebers ausgestellt ist, sind die Voraussetzungen für eine Arbeitgeberveranlassung nicht erfüllt.

Bei der Bewertung einer Mahlzeit mit dem amtlichen Sachbezugswert im Rahmen einer Auswärtstätigkeit kann der 4%ige Bewertungsabschlag gemäß R 8.1 Abs. 2 Satz 9 LStR 2011 nicht in Anspruch genommen werden. Des Weiteren kann bei der Bewertung einer Mahlzeit mit dem amtlichen Sachbezugswert die Sachbezugsfreigrenze in Höhe von € 44 nicht berücksichtigt werden. Aufgrund der geänderten Voraussetzungen für eine Arbeitgeberveranlassung empfehlen wir eine betriebliche Reisekostenregelung (Spesenordnung, Betriebsvereinbarung etc.), aus der eindeutig hervorgeht, welche Mahlzeiten der Arbeitgeber dienst- oder arbeitsrechtlich ersetzen wird. Die geänderten Regelungen können rückwirkend ab dem 01.01.2010 angewandt werden.

Ein geldwerter Vorteil liegt grundsätzlich nicht vor, wenn der Arbeitnehmer ein Entgelt für die Mahlzeit entrichtet, welches mindestens der Höhe des amtlichen Sachbezugswertes entspricht. Wird vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten jedoch nur ein Essen, aber kein Getränk gestellt, ist das Entgelt, das der Arbeitnehmer für ein Getränk bei der Mahlzeit zahlt, nicht auf den Sachbezugswert für die Mahlzeit anzurechnen (R 8.1 Abs. 8 Nr. 4 LStR).

BFH-Urteil vom 19.11.2008 (VI R 80/06)

In R 8.1 Abs. 8 LStR 2011 hat der Gesetzgeber auch das BFH-Urteil vom 19.11.2008 umgesetzt. In diesem Urteil hatte der BFH seinerzeit entschieden, dass die Sachbezugsverordnung nur in den Fällen anzuwenden ist, in denen im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses die Verpflegung als Teil des Arbeitslohns für eine gewisse Dauer zur Verfügung gestellt wird. Nach Auffassung des BFH ist die Sachbezugsverordnung nicht anzuwenden bei der Gewährung von Mahlzeiten im Rahmen von Auswärtstätigkeiten aus einmaligem Anlass. In diesem Fall ist die Mahlzeit mit dem tatsächlichen Wert zu bewerten und die Sachbezugsfreigrenze in Höhe von € 44 gemäß § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG findet Anwendung. Bei der Prüfung, ob die Sachbezugsfreigrenze überschritten wird, sind nach Auffassung des BFH Zuzahlungen des Arbeitnehmers anzurechnen.

Der Gesetzgeber hat das Urteil in den Lohnsteuerrichtlinien 2011 in R 8.1 Abs. 8 LStR 2011 umgesetzt und ein Wahlrecht bei der Bewertung derartiger Mahlzeiten eingeführt. Danach kann der Arbeitgeber bei der Gewährung von Mahlzeiten im Rahmen einer Auswärtstätigkeit die Bewertung mit dem amtlichen Sachbezug vornehmen, wenn es sich um eine übliche Beköstigung handelt und die Voraussetzungen für eine Arbeitgeberveranlassung vorliegen. Alternativ kann der Arbeitgeber die Mahlzeit mit dem tatsächlichen Wert bewerten. In diesem Fall können geldwerte Vorteile bis zur Höhe der gesetzlichen Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen als Reisekostenersatz steuerfrei belassen werden, soweit sie noch nicht durch Barzuschüsse ausgeschöpft sind. Für den den steuerfreien Teil übersteigenden Betrag kommt die Sachbezugsfreigrenze in Höhe von € 44 zur Anwendung. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber nicht einen Geldbetrag, sondern die damit zu erlangende Leistung unmittelbar zuwendet.

Beispiel

Anlässlich einer eintägigen Fortbildungsveranstaltung stellt der Arbeitgeber den teilnehmenden Arbeitnehmern ein Mittagessen zur Verfügung. Der Wert der Mahlzeit beträgt € 14. Die Abwesenheitsdauer der Arbeitnehmer beträgt 10 Stunden. Im Fall a leistet der Arbeitgeber keinen Zuschuss, im Fall b einen Zuschuss in Höhe von € 5.

Lösung a (Arbeitgeber leistet keinen Zuschuss)

Der geldwerte Vorteil für die Gestellung der Mahlzeit beträgt € 14. Hiervon sind die steuerfreien Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von € 6 (Abwesenheit 10 Stunden) abzuziehen. Der Differenzbetrag in Höhe von € 8 ist in die Prüfung der Sachbezugsfreigrenze in Höhe von € 44 einzubeziehen. Sofern der Sachbezugsfreibetrag in dem entsprechenden Monat noch nicht ausgeschöpft ist, ist kein geldwerter Vorteil für die Gestellung der Mahlzeit zu erfassen. Der Arbeitnehmer kann keine Verpflegungsmehrauswendungen als Werbungskosten zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in seiner Einkommensteuererklärung geltend machen, da er einen steuerfreien Sachbezug in Höhe des Pauschbetrages für Verpflegungsmehraufwendungen erhalten hat.

Lösung b (Arbeitgeber leistet einen Zuschuss in Höhe von € 5)

Der geldwerte Vorteil für die Gestellung der Mahlzeit beträgt € 14. Der Zuschuss in Höhe von € 5 und € 1 vom Wert der Mahlzeit sind steuerfrei. Der Differenzbetrag in Höhe von € 13 ist in die Prüfung der Sachbezugsfreigrenze in Höhe von € 44 einzubeziehen. Sofern der Sachbezugsfreibetrag in dem entsprechenden Monat noch nicht ausgeschöpft ist, ist kein geldwerter Vorteil für die Gestellung der Mahlzeit zu erfassen. Der Arbeitnehmer kann keine Verpflegungsmehrauswendungen als Werbungskosten zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in seiner Einkommensteuererklärung geltend machen, da er insgesamt steuerfreie Leistungen in Höhe des Pauschbetrages für Verpflegungsmehraufwendungen erhalten hat.

Da in dem Beispiel die Üblichkeitsgrenze in Höhe von € 40 nicht überschritten ist, könnte der geldwerte Vorteil im Rahmen des Wahlrechts des Arbeitgebers auch mit dem amtlichen Sachbezugswert in Höhe von € 2,83 berücksichtigt werden. Im Beispiel a wäre in diesem Fall der Betrag in Höhe von € 2,83 als geldwerter Vorteil beim Arbeitnehmer zu versteuern. Der Arbeitnehmer könnte den Pauschbetrag für Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von € 6 als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen. Im Beispiel b könnte der Arbeitgeber den Betrag in Höhe von € 2,83 mit dem Zuschuss in Höhe von € 5 verrechnen und nur den Differenzbetrag in Höhe von € 2,17 an den Arbeitnehmer auszahlen. Eine Hinzurechnung des Sachbezugswertes in Höhe von € 2,83 zum steuerpflichtigen Arbeitslohn entfällt. Der Arbeitnehmer kann den verbleibenden Pauschbetrag für Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von € 1 als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen.

Fundstelle

Bundesrat, Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2011, BR-Drs. 589/10 (Beschluss Bundesrat am 05.11.2010).

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 19.11.2008, VI R 80/06
BMF, Schreiben vom 05.03.2010, IV D 2 - S 7210/07/10003 - IV C 5 - S 2353/09/10008, ausführlich hierzu in den Deloitte Tax-News

Ansprechpartner

Jochen Schreiber | Düsseldorf

Weitere Informationen zur Lohnsteuerberatung

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