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01.04.2011
Erbschaftsteuer

BFH: Kein rückwirkender Wegfall ErbSt-licher Vergünstigungen durch Umwandlungsvorgänge

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erhielt von seiner Mutter (M) im Dezember 1999 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge deren Beteiligungen an der KG 1, an drei weiteren KGs (KG 2, KG 3 und KG 4) und an zwei GmbHs (GmbH 1 und GmbH 2) übertragen. Anschließend fanden mehrere Umwandlungsvorgänge nach dem UmwStG statt: Die KG 1 wurde in eine GmbH (GmbH 3) umgewandelt, die KG 2, KG 3 und KG 4 sowie die GmbH 1 und GmbH 2 auf die GmbH 3 verschmolzen und die GmbH 3 in eine AG (AG 1) umgewandelt. Im Jahr 2001 wurde die Mehrheit der AG 1-Aktien einschließlich der Aktien des Klägers im Rahmen eines Anteilstausches in die AG 2 gegen Gewährung neuer Anteile an der AG 2 eingebracht. Nachdem das Finanzamt Kenntnis von den Umwandlungsvorgängen erlangt hatte, berücksichtigte es bei der Festsetzung der Schenkungsteuer den Freibetrag nach § 13a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ErbStG nicht mehr. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Entscheidung

Die Revision ist begründet. Die Umwandlungsmaßnahmen haben nicht zum rückwirkenden Wegfall des erbschaftsteuerlichen Freibetrags geführt.

Der Freibetrag (§ 13a Abs. 1 ErbStG) und der verminderte Wertansatz (§ 13a Abs. 2 ErbStG) gelten u.a. für inländisches Betriebsvermögen beim Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG. Der Freibetrag und der verminderte Wertansatz fallen mit Wirkung für die Vergangenheit u.a. weg, soweit der Erwerber den Anteil innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb veräußert. Gleiches gilt, wenn Anteile an einer Kapitalgesellschaft veräußert werden, die der Veräußerer durch eine Sacheinlage (§ 20 Abs. 1 UmwStG) aus dem Betriebsvermögen i.S. des § 13a Abs. 4 ErbStG erworben hat, oder ein Anteil an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG oder ein Anteil daran veräußert wird, den der Veräußerer durch eine Einbringung des Betriebsvermögens i.S. des § 13a Abs. 4 ErbStG in eine Personengesellschaft (§ 24 Abs. 1 UmwStG) erworben hat.

Die Maßnahmen nach § 20 Abs. 1 und § 24 Abs. 1 UmwStG als solche stellen keine zum rückwirkenden Wegfall der Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG führenden Veräußerungen dar. Diese Maßnahmen lassen die Bindung des begünstigt erworbenen Vermögens in einem Unternehmen unberührt, der Zweck der Steuervergünstigungen besteht daher unverändert fort. Ein Aufeinanderfolgen mehrerer der in § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 ErbStG i.V.m. § 20 Abs. 1 und § 24 Abs. 1 UmwStG genannten Vorgänge stellt auch keine missbräuchliche Gestaltung dar. Das steuerbegünstigt erworbene Vermögen bleibt weiterhin in einem Unternehmen gebunden und kann nicht wie der Erlös bei einem Verkauf frei verwendet werden.

Die Umwandlung der KG 1 in die GmbH 3 stellt keine Veräußerung, sondern einen im Hinblick auf § 13a ErbStG bedeutungslosen Formwechsel dar (§ 1 Abs. 1 Nr. 4, § 190 Abs. 1, § 214 Abs. 1 UmwG). Auch die Finanzverwaltung sieht im Formwechsel einer Personengesellschaft keinen Verstoß gegen die in § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG vorgesehenen Behaltensregeln (R 63 Abs. 3 Satz 2 ErbStR 2003). Die Verschmelzung der KG 2, KG 3 und KG 4 auf die GmbH 3 stellte eine Sacheinlage i.S. des § 20 Abs. 1 UmwStG dar und ließ daher den Freibetrag nach § 13a Abs. 1 ErbStG unberührt (BFH-Urteil vom 10.05.2006). Die Umwandlung der GmbH 3 in die AG 1 stellt lediglich einen Formwechsel dar (§ 1 Abs. 1 Nr. 4, § 190 Abs. 1, § 226 UmwG) und wirkte sich daher nicht auf den Freibetrag aus. Bei der Einbringung der Aktien der AG 1 in die AG 2 gegen Gewährung neuer Anteile an der AG 2 handelte sich um eine Sacheinlage i.S. des § 20 Abs. 1 S. 2 UmwStG in der im Jahr 2001 geltenden Fassung, die ebenfalls nicht zum rückwirkenden Wegfall des Freibetrags führte.

Betroffene Norm

§ 13a Abs. 1, 2, 4 und 5 ErbStG, § 15 Abs. 1 und 3 EStG, § 20 Abs. 1 UmwStG, § 24 UmwStG
Streitjahr 1999

Vorinstanz

Finanzgericht Münster, Urteil vom 08.07.2009, 3 K 754/07 Erb, EFG 2010, S. 383

Fundstelle

BFH, Urteil vom 16.02.2011, II R 60/09, BStBl II 2011, S. 454 

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 10.05.2006, II R 71/04, BStBl II 2006, S. 602

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