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01.02.2018
Erbschaftsteuer

BFH: Zahlung eines überhöhten Entgelts durch eine GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person

Zahlt eine GmbH unter Mitwirkung des Gesellschafters überhöhte Entgelte an eine diesem nahestehende Person, liegt hierin keine Schenkung der GmbH, sondern ggf. des Gesellschafters an diese Person vor (Rechtsprechungsänderung und entgegen der Verwaltungsauffassung). Entsprechendes gilt, wenn einer von mehreren Gesellschaftern oder ein über eine Muttergesellschaft an der GmbH beteiligter Gesellschafter am Vertragsabschluss mitgewirkt hat.

Sachverhalte

In den Streitfällen II R 54/15 und II R 32/16 vermieteten die Kläger, jeweils Ehegatten von GmbH-Gesellschaftern, Grundstücke an die GmbHs zu überhöhten Mieten. Die Mietverträge wurden jeweils von den Gesellschaftern mitunterschrieben oder als Gesellschafter-Geschäftsführer abgeschlossen. In dem Verfahren II R 42/16 veräußerte die nahestehende Person (Bruder) des an der Muttergesellschaft beteiligten Gesellschafters Kapitalgesellschaftsanteile zu einem überhöhten Kaufpreis an deren Tochtergesellschaft. Den Kaufpreis bestimmte der Gesellschafter.

Ertragsteuerlich wurden die überhöhten Entgelte unstrittig als verdeckte Gewinnausschüttungen der GmbHs an ihre Gesellschafter behandelt. Darüber hinaus sahen die Finanzämter in dem nicht angemessenen Teil der Zahlungen freigebige Zuwendungen der GmbHs an die den Gesellschaftern nahestehenden Personen und setzte gegen diese Schenkungsteuer nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG fest.

Entscheidungen

Der BFH kommt in geänderter Rechtsprechung zu dem Ergebnis, dass die Zahlung überhöhter vertraglicher Entgelte durch eine GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person in Höhe des nicht angemessenen Teils keine Schenkung der GmbH i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist (entgegen BFH-Urteil vom 07.11.2007). Das gilt nach Ansicht des BFH jedenfalls dann, wenn der Gesellschafter beim Abschluss der Vereinbarung zwischen der GmbH und der nahestehenden Person mitgewirkt hat.

Gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (zu den Voraussetzungen einer solchen freigebigen Zuwendung siehe BFH, Urteil vom 29.06.2016).

Für das Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern hat der BFH bereits entschieden, dass es neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen lediglich offene und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Kapitalrückzahlungen gibt. Eine freigebige Zuwendung könne es in diesem Verhältnis nicht geben, da es an der Freigebigkeit fehle (BFH, Urteil vom 13.11.2013).

Auch wenn die Zahlung erhöhter Entgelte nicht an den Gesellschafter selbst, sondern an eine diesem nahestehende Person erfolgt, könne diese auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhen, so dass auch hier die Freigebigkeit fehle. Dies ist nach Auffassung des BFH dann zu bejahen, wenn der Gesellschafter an dem Vertrag zwischen der GmbH und der nahestehenden Person mitgewirkt hat. Damit verschaffe der Gesellschafter der ihm nahestehenden Person einen Vermögensvorteil und verfüge zugleich über seinen künftigen Gewinnausschüttungsanspruch oder übe ein etwaiges Entnahmerecht aus.

Die Mitwirkung des Gesellschafters an dem Vertrag zwischen GmbH und nahestehender Person könne darin bestehen, dass er den Vertrag als Gesellschafter-Geschäftsführer abschließt, als Gesellschafter mitunterzeichnet, dem Geschäftsführer eine Anweisung zum Vertragsabschluss erteilt, oder in sonstiger Weise auf den Vertragsabschluss hinwirkt oder diesem zustimmt.

Unerheblich sei, dass die Zuwendung des Vermögensvorteils auf einer vertraglichen Vereinbarung zwischen der GmbH und der dem Gesellschafter nahestehenden Person beruht und damit in diesem Verhältnis auch eine vertragliche Leistungsbeziehung besteht. Denn die Mitwirkung des Gesellschafters sei gerade darauf gerichtet, der nahestehenden Person den Vermögensvorteil im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung zukommen zu lassen. Die GmbH erfülle die Rechte des Gesellschafters aus dem Gesellschaftsverhältnis (Vorabausschüttung oder Entnahme). Sie erbringe insoweit neben dem vertraglichen Entgelt an die nahestehende Person zugleich eine Leistung an den Gesellschafter.

Nach dem Urteil II R 32/16 gelten die oben dargelegten neuen Rechtsgrundsätze entsprechend, wenn mehrere Gesellschafter an der GmbH beteiligt sind, von denen zumindest einer bei der Vereinbarung zwischen der GmbH und der ihm nahestehenden Person mitgewirkt hat. Eine freigebige Zuwendung der GmbH an die nahestehende Person ist nach dem Urteil II R 42/16 auch dann nicht gegeben, wenn ein Gesellschafter über eine Muttergesellschaft an der GmbH beteiligt ist und er an dem Vertragsabschluss zwischen der GmbH und der ihm nahestehenden Person mitgewirkt hat.

Ergänzend weist der BFH darauf hin – ohne im Streitfall darüber entscheiden zu müssen –, dass die Zahlung des überhöhten Entgelts durch die GmbH eine Schenkung des Gesellschafters an die nahestehende Person i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zur Folge haben könnte. Dies hänge jedoch von der Ausgestaltung der Rechtsbeziehung zwischen dem Gesellschafter und der nahestehenden Person (Schenkungsabrede, Darlehensvertrag, Kaufvertrag) ab.

Betroffene Norm

§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
Streitjahre 2007 – 2010

Anmerkungen

Abweichende Verwaltungsauffassung gem. Ländererlassen vom 14.03.2012
Die Finanzverwaltung vertritt in den gleich lautende Ländererlassen vom 14.03.2012 (ebenso wie der BFH in seiner früheren Rechtsprechung, Urteil vom 07.11.2007) die Auffassung, dass in den hier strittigen Fällen freigebige Zuwendungen der GmbH an die nahestehende Person vorliegen. Es bleibt nun abzuwarten, ob die Finanzverwaltung ihre Meinung ändern und die neuere Rechtsprechung des BFH anwenden oder das BFH-Urteil vielmehr mit einem Nichtanwendungserlass belegen wird. Sollte die Finanzverwaltung der Rechtsauffassung des BFH folgen, dürfte die Finanzverwaltung künftig verstärkt eine Schenkung des Gesellschafters prüfen.

Vorinstanzen

Finanzgericht Münster, Urteil vom 22.10.2015, 3 K 986/13 Erb, EFG 2016, S. 232 (zu II R 54/15)
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 08.06.2015, 3 K 72/15, EFG 2016, S. 1818 (zu II R 32/16)
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 30.11.2016, 4 K 1680/15 Erb (zu II R 42/16)

Fundstellen

BFH, Urteil vom 13.09.2017, II R 54/15, BStBl II 2018 Seite 292

BFH, Urteil vom 13.09.2017, II R 32/16, BStBl II 2018 Seite 296 

BFH, Urteil vom 13.09.2017, II R 42/16, BStBl II 2018 Seite 299

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 13.11.2013, II R 6/12, BStBl II 2013, S. 930, siehe Deloitte Tax-News  
BFH, Urteil vom 07.11.2007, II R 28/06, BStBl II 2008, S. 258
BFH, Urteil vom 29.06.2016, II R 41/14, BStBl II 2016, 865, siehe Deloitte Tax-News
Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 14.03.2012, BStBl I 2012, S. 331, Tz. 2.6.1

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