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28.04.2010
Erbschaftsteuer

EuGH: Erbschaftsteuerfreibetrag für beschränkt Steuerpflichtige europarechtswidrig

Sachverhalt

Die Klägerin ist deutsche Staatsangehörige und wohnt seit mehr als 35 Jahren in den Niederlanden. In 2007 erwarb sie von ihrer Mutter, die ebenfalls deutsche Staatsangehörige ist und seit mehr als 50 Jahren in den Niederlanden wohnt, ein in Deutschland belegenes bebautes Grundstück mit einen Steuerwert von € 255.000. Das zuständige Finanzamt berücksichtigte bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer lediglich einen Freibetrag von € 1.100. Hiergehen richtet sich die Klage, mit der die Berücksichtigung eines Freibetrags von € 205.000 wie er bei Erwerben von Kindern vorgesehen ist wenn der Schenker oder Erblasser zur Zeit der Ausführung der Schenkung seinen Wohnsitz im Inland hat, begehrt wird. Das zuständige FG sah in der Vorschrift des § 16 Abs. 2 ErbStG (a. F.) eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit, da die Höhe der Steuervergünstigung vom Wohnsitz des Schenkers abhängig sei, setzte das Verfahren aus und legte den Fall dem EuGH mit einem Vorabentscheidungsersuchen vor.

Entscheidung

Eine sachliche Rechtfertigung für die Benachteiligung des Auslandswohnsitzes ist nicht erkennbar. Diese stellt daher eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit dar.

Eine Situation, in der eine Person mit Wohnsitz in den Niederlanden einer anderen Person mit Wohnsitz in demselben Staat ein in Deutschland belegenes Grundstück schenkt, ist keine rein innerstaatliche Situation. Folglich handelt es sich bei der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Schenkung um einen Vorgang, der dem Kapitalverkehr im Sinne von Art. 56 Abs. 1 EG zuzurechnen ist. Eine Prüfung weiterer Normen scheidet aus, da sich dem Sachverhalt keine Anhaltspunkte für einen Bezug zur Arbeitnehmerfreizügigkeit oder Niederlassungsfreiheit entnehmen lassen.

Wenn eine nationale Regelung für die Zwecke der Besteuerung einer im Wege der Schenkung erworbenen Immobilie, die in dem betreffenden Mitgliedstaat belegen ist, gebietsfremde Schenkungsempfänger, die diese Immobilie von einem gebietsfremden Schenker erhalten haben, einerseits und gebietsfremde oder gebietsansässige Schenkungsempfänger, die eine solche Immobilie von einem gebietsansässigen Schenker erhalten haben, sowie gebietsansässige Schenkungsempfänger, die diese Immobilie von einem gebietsfremden Schenker erhalten haben, andererseits auf die gleiche Stufe stellt, kann sie diese Schenkungsempfänger im Rahmen dieser Besteuerung hinsichtlich der Anwendung eines Freibetrags auf die Steuerbemessungsgrundlage für diese Immobilie nicht unterschiedlich behandeln, ohne gegen die Vorgaben des Unionsrechts zu verstoßen. Indem der nationale Gesetzgeber Schenkungen an diese beiden Personengruppen – außer in Bezug auf die Höhe des Freibetrags, der dem Schenkungsempfänger gegebenenfalls zugutekommt – gleich behandelt, hat er anerkannt, dass zwischen ihnen im Hinblick auf die Modalitäten und die Voraussetzungen für die Erhebung der Schenkungsteuer kein Unterschied in der objektiven Situation besteht, der eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnte. Die Regelung war auch nicht durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses objektiv gerechtfertigt.

Auch ist die Anwendung eines geminderten Freibetrags, wie ihn die im Ausgangsverfahren streitige nationale Regelung für den Fall vorsieht, dass die Schenkung unter Personen vorgenommen wird, die nicht in dem Mitgliedstaat wohnen, in dem der den Gegenstand der Schenkung bildende Vermögenswert belegen ist, kein geeignetes Mittel zur Erreichung des mit dieser Regelung verfolgten Ziels gespaltene Schenkungen zu verhindern. Die Regelung lässt sich ferner auch nicht mit der Notwendigkeit, die Kohärenz des deutschen Steuerrechts zu wahren, rechtfertigen.

Daher war Art. 56 EG i. V. m. Art. 58 EG dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren streitigen, die hinsichtlich der Berechnung der Schenkungsteuer vorsieht, dass der Freibetrag auf die Steuerbemessungsgrundlage im Fall der Schenkung eines im Inland belegenen Grundstücks dann, wenn Schenker und Schenkungsempfänger zur Zeit der Ausführung der Schenkung ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hatten, niedriger ist als der Freibetrag, der zur Anwendung gekommen wäre, wenn zumindest einer von ihnen zu diesem Zeitpunkt seinen Wohnsitz im erstgenannten Mitgliedstaat gehabt hätte, entgegensteht.

Vorlage zur Vorabentscheidung: 
FG Düsseldorf, Urteil v. 14.11.2008, 4 K 2226/08 Erb - siehe ausführlicher Deloitte Tax-News.

Fundstelle

EuGH v. 22.04.2010, Rs. C-510/08 (Vera Mattner gegen Finanzamt Velbert).

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