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03.08.2012
Erbschaftsteuer

FG Baden-Württemberg: Keine Anrechnung französischer Erbschaftsteuer

Vor Inkrafttreten des deutsch-französischen ErbSt-DBA am 03.04.2009 kann französische Erbschaftsteuer auf französisches Kapitalvermögen auf die anteilige deutsche Erbschaftsteuer nicht angerechnet werden. Die Doppelbesteuerung verstößt weder gegen die unionsrechtlich gewährte Kapitalverkehrsfreiheit noch gegen das Grundgesetz. Die französische Erbschaftsteuer kann auch nicht als Nachlassverbindlichkeit von der Bemessungsgrundlage der deutschen Erbschaftsteuer abgezogen werden.

Der BFH hat die Auffassung des FG Baden-Württemberg bestätigt, wonach die Erbschaftssteuer, die ein ausländischer Staat auf den Erwerb von Kapitalvermögen erhebt, das ein inländischer Erblasser in dem ausländischen Staat angelegt hatte, bei Fehlen eines DBA weder auf die deutsche Erbschaftssteuer anzurechnen, noch als Nachlassverbindlichkeit zu berücksichtigen ist.
BFH, Urteil vom 19.06.2013, II R 10/12, siehe Deloitte Tax-News 
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Sachverhalt FG Baden-Württemberg
Die Klägerin erbte im Jahr 2000 Kapitalvermögen in Deutschland und Frankreich. Die Erblasserin besaß die französische Staatsangehörigkeit, der Wohnsitz befand sich aber - wie der Wohnsitz der Klägerin - in Deutschland. Die auf das in Frankreich befindliche Kapitalvermögen entfallende französische Erbschaftsteuer wurde festgestellt (Steuersatz 55%) und an die französische Staatskasse abgeführt. Das inländische Finanzamt setzte für das gesamte erworbene in- und ausländische Vermögen deutsche Erbschaftsteuer fest. Die von der Klägerin begehrte Anrechnung der französischen Erbschaftsteuer auf die deutsche Erbschaftsteuer wurde versagt, der (hilfsweise) beantragte Abzug der französischen Steuer von der Bemessungsgrundlage der deutschen Erbschaftsteuer wurde abgelehnt. Die Klägerin erhob daraufhin Klage.

Entscheidung FG Baden-Württemberg
Die Klage ist unbegründet. Sowohl die fehlende Anrechnung der französischen Erbschaftsteuer auf die anteilige deutsche Erbschaftsteuer als auch der versagte Abzug der französischen Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Bei Erwerbern, die in einem ausländischen Staat mit ihrem Auslandsvermögen zu einer der deutschen Erbschaftsteuer entsprechenden Steuer herangezogen worden sind, ist dann, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes seinen Wohnsitz im Inland hatte, die ausländische Steuer insoweit auf die deutsche Erbschaftsteuer anzurechnen, als das Auslandsvermögen auch der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt, sofern nicht ein DBA anzuwenden ist (§ 21 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG). Die Erblasserin sowie die Klägerin hatten ihren Wohnsitz im Inland. Das DBA auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer mit Frankreich ist erst am 03.04.2009 in Kraft getreten und nur auf Erbfälle anzuwenden, die nach diesem Stichtag eingetreten sind. Da der Erbfall bereits vor diesem Stichtag eingetreten ist, ist das DBA nicht maßgeblich, mit der Folge, dass § 21 ErbStG grundsätzlich anzuwenden ist.

Der Anrechnung der französischen Steuer steht jedoch entgegen, dass das Kapitalvermögen nach der gesetzlichen Definition des Auslandsvermögens nicht zu diesem Vermögen gehört. Nach dieser Definition gelten für den Fall, dass der Erblasser zur Zeit seines Todes Inländer war, nur solche auf einen anderen Staat entfallenden Vermögensgegenstände als Auslandsvermögen, die ihrer Art nach in § 121 BewG genannt sind. Dazu zählt ausländisches Kapitalvermögen nicht. Eine Anrechnung der französischen Erbschaftsteuer kommt daher nicht in Betracht.

Auch der Einwand, dass es im Streitfall zu einer mit unionsrechtlichen Grundsätzen nicht zu vereinbarenden Doppelbesteuerung mit deutscher und französischer Erbschaftsteuer komme, greift nicht durch. Der EuGH hat entschieden, dass die Mitgliedsstaaten beim gegenwärtigen Entwicklungsstand des Unionsrechts über eine gewisse Autonomie verfügen und deshalb nicht verpflichtet sind, ihr eigenes Steuersystem an die verschiedenen Steuersysteme der anderen Mitgliedsstaaten anzupassen, um namentlich die sich aus der parallelen Ausübung ihrer Besteuerungsbefugnis ergebende Doppelbesteuerung zu beseitigen (vgl. EuGH-Urteil vom 12.02.2009). Die in § 21 ErbStG geregelte Besteuerung eines Erwerbs von Auslandsvermögen, für den auch ausländische Erbschaftsteuer gezahlt wurde, verstößt damit weder gegen die unionsrechtlich gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 und Art. 58 EG; jetzt Art. 63 und Art. 65 AEUV) noch gegen das Diskriminierungsverbot und die Eigentumsgarantie nach europäischem Recht.

Das Grundrecht schreibt keine allgemein verbindliche, absolute Belastungsobergrenze in der Nähe der hälftigen Teilung („Halbteilungsgrundsatz“) vor, so dass in der fehlenden Anrechnungsmöglichkeit auch kein Verstoß gegen das Grundgesetz vorliegt.

Die Klägerin kann auch die von ihr gezahlte und auf das Kapitalvermögen in Frankreich entfallende französische Erbschaftsteuer nicht als Nachlassverbindlichkeit (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG) abziehen. Die von dem Erwerber zu entrichtende eigene Erbschaftsteuer ist nicht abzugsfähig (§ 10 Abs. 8 ErbStG). Diese Bestimmung unterscheidet nicht zwischen der von dem Erwerber zu entrichtenden eigenen deutschen und ausländischen Erbschaftsteuer. Der Wortlaut des Gesetzes ist insoweit nicht eindeutig und die Versagung des Abzuges der ausländischen Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit deshalb auch umstritten (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 13.05.2009). § 10 Abs. 8 ErbStG greift nicht die Begriffsbestimmung des § 21 Abs. 1 S. 1 ErbStG auf, der die der deutschen Erbschaftsteuer entsprechende Steuer als „ausländische Steuer“ bezeichnet. Dennoch spricht die differenzierte Regelung der Anrechnung ausländischer Steuer nach § 21 ErbStG für die Anwendung des § 10 Abs. 8 ErbStG auch auf die ausländische Erbschaftsteuer. Dem Gesetz ist ferner kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass § 10 Abs. 8 ErbStG hinsichtlich der von dem Erwerber entrichteten ausländischen Erbschaftsteuer nur dann nicht anwendbar sein soll, wenn und soweit die ausländische Steuer nicht nach § 21 ErbStG angerechnet werden kann.

Betroffene Norm
§ 21 ErbStG, § 2 ErbStG, § 10 Abs. 8 ErbStG, § 121 BewG, Art. 56 und Art. 58 EG; jetzt Art. 63 und Art. 65 AEUV, § 10 ErbStG, Streitjahr 2000

Fundstelle
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 21.12.2011, 7 K 1935/10; 
BFH-Urteil vom 19.06.2013, II R 10/12, siehe Deloitte Tax-News 

Weitere Fundstellen
EuGH, Urteil vom 12.02.2009, C-67/08, Block, Slg 2009 I-833
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 13.05.2009, 4 K 155/08, EFG 2009, S. 1310

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