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13.08.2014
Grundsteuer/ Grunderwerbsteuer

BFH: Grunderwerbsteuerpflicht bei Übergang einer Kommanditbeteiligung von einer Kapitalgesellschaft auf eine Schwesterpersonengesellschaft

Mit Urteil vom 03.06.2014 hat der BFH die Auffassung des FG Münster bestätigt, dass die Übertragung eines 100%igen Anteils an einer grundbesitzenden Personengesellschaft von einer Kapitalgesellschaft auf eine andere Personengesellschaft ein grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang gem. § 1 Abs. 2a GrEStG ist. Es komme nicht darauf an, dass am Vermögen der übernehmenden Personengesellschaft ausschließlich der Alleingesellschafter der Kapitalgesellschaft beteiligt ist.
Das FG habe zutreffend auch die Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 GrEStG abgelehnt, da Kapitalgesellschaften – anders als Personengesellschaften – im Rahmen der §§ 5 und 6 GrEStG nicht transparent seien (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 29.02.2012, II R 57/09, siehe Deloitte Tax-News).
BFH, Urteil vom 03.06.2014, II R 1/13
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Wird eine 100%ige Kommanditbeteiligung von einer Kapitalgesellschaft auf eine Gesamthandsgemeinschaft übertragen, an deren Vermögen ausschließlich der Alleingesellschafter der Kapitalgesellschaft beteiligt ist, handelt es sich um einen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang (§ 1 Abs. 2a GrEStG). Die Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 GrEStG, wonach der Grundstücksübergang zwischen Schwesterpersonengesellschaften steuerfrei bleibt, greift nicht. Denn Kapitalgesellschaften können im Rahmen der §§ 5 und 6 GrEStG nicht als transparent angesehen werden.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine KG, zu deren Vermögen inländische Grundstücke gehören. Ihre einzige und zu 100 % am Vermögen beteiligte Kommanditistin ist die Q-GmbH, die im Streitjahr 2005 ihre Anteile in vollem Umfang auf eine durch Abspaltung neu entstandene Q-KG übertrug. Der alleinige Anteilseigner der Q-GmbH ist Q, der zugleich einziger und zu 100 % am Vermögen beteiligter Kommanditist der übernehmenden Q-KG ist.

Das Finanzamt würdigt diese Anteilsübertragung als grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG. Die Klägerin vertritt nunmehr die Ansicht, dass dementsprechend die Befreiungsvorschrift des § 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 GrEStG gelte.

Entscheidung

Das Finanzamt hat zu Recht angenommen, dass der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrESt erfüllt ist und eine Steuerbefreiung nach § 6 GrEStG nicht in Betracht kommt.

Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass ein sog. fiktiver Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a GrEStG vorliegt. Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft (§ 1 Abs. 2 a S. 1 GrEStG).

Im Streitfall hat sich der Gesellschafterbestand durch die Abspaltung unmittelbar geändert, weil anstelle der Q-GmbH nunmehr die Q-KG zu 100 % an der Klägerin beteiligt ist. Dem steht nicht entgehen, dass Q alleiniger Anteilseigner sowohl der übertragenden als auch der übernehmenden Gesellschaft ist. Denn der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG ist selbst dann erfüllt, wenn der übertragende Gesellschafter nach der Übertragung auf den neuen Gesellschafter weiter mittelbar am Gesellschaftsvermögen beteiligt bleibt (BFH-Urteil vom 29.02.2012).

Entgegen der Ansicht der Klägerin findet § 6 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 1 keine Anwendung. Nach § 6 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 1 GrEStG wird bei dem Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand die Steuer nicht erhoben, soweit Anteile der Gesellschafter am Vermögen der erwerbenden Gesamthand den jeweiligen Anteilen dieser Gesellschafter am Vermögen der übertragenden Gesamthand entsprechen. Übertragen auf den fiktiven Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a GrEStG, für den § 6 Abs. 3 GrEStG ebenfalls Anwendung findet, bedeutet dies, dass die Steuer nicht erhoben wird, soweit die Gesellschafter der – fiktiv – übertragenden Personengesellschaft an der – fiktiv – aufnehmenden Personengesellschaft beteiligt bleiben. Für doppelstöckige Gesamthandsgemeinschaften, bei denen eine Gesamthand unmittelbar an einer anderen beteiligt ist, hat der BFH entschieden, dass nicht auf die Gesamthand als Zurechnungsobjekt abzustellen ist, sondern auf die am Vermögen der Gesamthand Beteiligten (BFH-Urteile vom 29.02.2012 und vom 27.04.2005). Ist allerdings eine Kapitalgesellschaft unmittelbar Beteiligte, kann für Zwecke des § 6 Abs. 3 GrEStG grundsätzlich nicht auf die dahinter stehenden mittelbar Beteiligten „durchgeschaut“ werden, da Kapitalgesellschaften im Rahmen der §§ 5 und 6 GrEStG nicht als transparent angesehen werden.

Nach Auffassung des FG entsprechen sich im Streitfall die Gesellschafter der – fiktiv – aufnehmenden und der – fiktiv – übertragenden Personengesellschaft nicht. In Bezug auf die – fiktiv – aufnehmende Personengesellschaft ist auf Q als Alleingesellschafter der Q-KG abzustellen. Eine Durchschau auf Q ist im Hinblick auf die – fiktiv – übertragende Personengesellschaft jedoch nicht möglich, da die Q-GmbH nicht transparent ist.

Die Klägerin kann sich darüber hinaus nicht auf das Urteil des BFH vom 29.02.2012 berufen, in dem entschieden wurde, dass die Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft der Anwendung des § 6 Abs. 3 GrEStG nicht stets entgegenstehe. Denn der BFH beschränkt dies auf den Ausnahmefall, dass der teils unmittelbar und teils mittelbar allein vermögensmäßig beteiligte Gesellschafter der grundbesitzenden Personengesellschaft seine Beteiligungen auf eine andere Gesamthandsgemeinschaft überträgt, an deren Vermögen er unmittelbar (oder über eine weitere Gesamthandsgemeinschaft mittelbar) allein beteiligt ist.
Eine bloße Zwischenschaltung liegt im Streitfall jedoch nicht vor. Denn die Q-KG hat nicht die Anteile am Stammkapital der Q-GmbH übernommen. Vielmehr sind die Kommanditanteile an der Klägerin von der Q-GmbH auf die Q-KG übergegangen.

Das FG lässt die Revision zu.

Betroffene Norm
§ 1 Abs. 2a, § 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 GrEStG
Streitjahr 2005

Anmerkungen
In dem Urteil vom 29.02.2012 hat der BFH entschieden, dass bei Verlängerung der Beteiligungskette die Steuervergünstigung nach § 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 GrEStG insgesamt gewährt wird, wenn der teils unmittelbar, teils mittelbar über eine Kapitalgesellschaft beteiligte Gesellschafter der grundbesitzenden Personengesellschaft seine Anteile auf eine andere Personengesellschaft überträgt und er an dieser zwischengeschalteten Personengesellschaft unmittelbar allein beteiligt ist.

Fundstelle 
BFH, Urteil vom 03.06.2014, II R 1/13 
Finanzgericht Münster, Urteil vom 28.11.2012, 8 K 2285/09 F

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 29.02.2012, II R 57/09, BStBl II 2012, S. 917, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 27.04.2005, II R 61/03, BStBl II 2005, S. 649

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