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28.10.2010
Indirekte Steuern/Zoll

Änderung bei Energie- und Stromsteuer: Ursprünglich geplante Mehrbelastungen für Unternehmen zurückgeführt

Der Bundestag hat in seiner Sitzung am 28. Oktober 2010 nach dritter Lesung das Haushaltsbegleitgesetz 2011 (HBeglG 2011) verabschiedet. Die Änderungen betreffen auch die energie- und stromsteuerlichen Steuerbegünstigungen für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes und Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft für die Jahre 2011 und 2012 und führen zu einer Erhöhung der Energie- und Stromkosten für diese Unternehmen.

Nach dem Vorliegen des ursprünglichen Gesetzentwurfes der Bundesregierung wurde insbesondere von den Vertretern der Wirtschaft befürchtet, dass der Abbau der Steuersubventionen im Energie- und Stromsteuergesetz die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen beeinträchtigen würde und durch die Verteuerung der Produktion in Deutschland die Gefahr besteht, dass Unternehmen Betriebsstätten in Länder mit geringeren Energiekosten- und niedrigen Umweltstandards verlagern. Es wurde befürchtet, dass Arbeitsplätze in Deutschland gefährdet seien, während gleichzeitig global höhere Schadstoffemissionen entstehen. Ferner wären insbesondere kleinere und mittlere Betriebe mit geringeren Energieverbräuchen durch die von der Bundesregierung ursprünglich geplanten Änderungen unverhältnismäßig belastet.

Nachdem bereits der Bundesrat am 15. Oktober 2010 um Prüfung gebeten hatte, ob die Belastungseffekte für die Wirtschaft durch eine Anpassung der zentralen Änderungen im Energie- und Stromsteuergesetz durch den Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 1. September 2010 entschärft werden können und sich die Spitzen der Koalition am 24. Oktober 2010 im Bundeskanzleramt auf eine Reduzierung des Abbaus der Steuervergünstigungen verständigt haben, hat nunmehr der Bundestag den geäußerten Bedenken im Haushaltsbegleitgesetz 2011 für den Bereich der Energie- und Stromsteuer Rechnung getragen. Die beschlossenen Änderungen führen dazu, dass der ursprünglich durch die Bundesregierung vorgesehene Abbau der Subventionen im Energie- und Stromsteuergesetz nicht ganz so drastisch ausfällt.

Die Entlastungssätze werden nicht, wie bisher von der Bundesregierung vorgesehen, auf 20%, sondern nur auf 25% der Regelsteuersätze gekürzt. Der sog. Spitzenausgleich wird nicht, wie bisher vorgesehen, von 95 % auf 73 %, sondern nur auf 90 % abgesenkt. Ferner werden die Sockelbeträge und der Selbstbehalt nicht so angehoben, wie ursprünglich geplant. Damit kommen auch kleinere Unternehmen mit einem geringeren Energieverbrauch in den Genuss der Steuerbegünstigung. Erfreulich ist, dass die Steuerentlastung nach § 51 EnergieStG für bestimmte Prozesse und Verfahren beibehalten werden soll. Hier ist im Rahmen des Gesetzes zur Änderung des Energie- und Stromsteuergesetzes jedoch eine geänderte Definition der begünstigten Prozesse und Verfahren beabsichtigt.

Die Mindereinnahmen im Jahre 2011 in Höhe 550 Mio. EUR und danach jährlich in Höhe von 580 Mio. EUR, die durch die Rückführung des Abbaus der Steuersubvention im Energie- und Stromsteuerrecht im Vergleich zu den nicht umgesetzten und ursprünglich geplanten Änderungen entstehen, sollen durch eine moderate Erhöhung der Tabaksteuer ausgeglichen werden. Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble hat dazu bereits angekündigt, dass die Bundesregierung ein entsprechendes Gesetzgebungsvorhaben zur Erhöhung des Tabaksteueraufkommens auf den Weg bringen wird.

Der Bundesrat wird in seiner Sitzung am 26. November 2010 über das Haushaltbegleitgesetz 2011 beraten, eine Zustimmung des Bundesrates ist jedoch nicht erforderlich.

Die Einzelheiten der Änderungen im Bereich des Energie- und Stromsteuerrecht durch das Haushaltbegleitgesetz ab dem 01.01.2011 werden wir im Folgenden kurz zusammenfassen.

Energiesteuer

Reduzierung der Steuerentlastungsbeträge nach § 54 EnergieStG

Die Steuerentlastungen nach § 54 EnergieStG für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes oder Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft als Verwender von Energieerzeugnissen zum Verheizen oder zur Verwendung in begünstigten Anlagen (z.B. KWK-Anlagen, soweit dafür nicht bereits eine vollständige Begünstigung möglich ist) werden reduziert.

Steuerentlastung nach § 54 Absatz 2 EnergieStG für Energieerzeugnisse Energieerzeugnisse Derzeitige Steuerentlastung Steuerentlastung nach HBeglG 2011
1.000 l nach § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 oder Nr. 3 versteuerte Energieerzeugnisse z.B. Diesel 16,36 Euro 15,34 Euro
1 MWh nach § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 versteuerte Energieerzeugnisse Erdgas 2,20 Euro 1,38 Euro
1.000 kg nach § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 versteuerte Energieerzeugnisse Flüssiggase 24,24 Euro 15,15 Euro
1 GJ nach § 2 Abs. 4a* versteuerte Energieerzeugnisse z.B. Sekundärbrennstoffe wie z. B. Altreifen oder Kunststoffverpackungen - 0,43 Euro

* Die Einführung einer Besteuerung für Sekundarbrennstoffe nach deren Heizwert ist im Rahmen des Gesetzes zur Änderung des Energie- und Stromsteuergesetzes zum 01.01.2011 geplant.

Durch diese Reduzierung macht die Steuerentlastung nach § 54 EnergieStG für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes lediglich noch 25% der Regelsteuersätze aus.

Ferner werden die Sockelbeträge nicht so stark angehoben. Unternehmen mit geringem Energiebedarf werden aufgrund der Anhebung der sogenannten Sockelbeträge von derzeit 205 Euro auf 250 Euro von der Steuerbegünstigung ausgenommen. D.h., dass die Verwendung von Energieerzeugnissen bis zu einem Betrag in Höhe von 250 Euro Energiesteuer voll besteuert bleibt.

Reduzierung der Steuerentlastung beim sog. „Spitzenausgleich“

Darüber hinaus wird die Steuerentlastung aus dem sogenannten „Spitzenausgleich“ nach § 55 EnergieStG durch die Reduzierung des Steueranteils derzeit höchstens 95% auf höchstens 90% gemindert. Der Spitzenausgleich dient der Ökosteuerentlastung für energieintensive Betriebe, d.h. deren Personaleinsatz im Verhältnis zur verbrauchten Energie eher geringer ist und die daher durch die Ökosteuer höher belastet sind, als sie von dem Herabsenken der Rentenversicherungsbeiträge profitieren. Gleichzeitig wird der, der Steuerentlastung zugängliche Steueranteil nach § 55 Absatz 2 EnergieStG erhöht, um der o.g. Minderung der grundsätzlichen Steuerentlastung von Unternehmen des Produzierenden Gewerbes Rechnung zu tragen.

Steueranteil nach § 55 Absatz 2 EnergieStG für derzeitiger Steueranteil Steueranteil nach HBeglG 2011
für 1 MWh Erdgas oder 1 MWh gasförmige Kohlenwasserstoffe nach § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 1,46 Euro 2,28 Euro
für 1.000 kg Flüssiggase nach § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 10,80 Euro 19,89 Euro
für 1.000 l Schweröle nach § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 oder Nr. 3 4,09 Euro 5,11 Euro
1 GJ nach § 2 Abs. 4a versteuerte Energieerzeugnisse - 0,15 Euro

Der sich aus der oben genannten Tabelle ergebende Steueranteil wird um 750 Euro vermindert (Selbstbehalt).

Durch die oben genannte Reduzierung des maximalen Steueranteils für den Spitzenausgleich ist im Ergebnis jedoch gleichwohl eine geringere Entlastung nach Anwendung beider Entlastungsvorschriften für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes gegeben.

Stromsteuer

Wegfall des Erlaubnisverfahrens

Wesentliche Neuerung im Bereich des Stromsteuerrechts ist der Wegfall des sog. „Erlaubnisverfahrens nach § 9 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 StromStG“. Folgerichtig erlöschen mit Ablauf des 31. Dezember 2010 die nach § 9 Absatz 4 in Verbindung mit § 9 Absatz 3 StromStG in der am 31. Dezember 2010 geltenden Fassung erteilte Erlaubnisse und den Inhabern dieser Erlaubnisse erteilte Zulassungen nach § 16 Absatz 1 der Stromsteuer-Durchführungsverordnung in der am 31.Dezember 2010 geltenden Fassung.

Durch die Neuregelung und den Wegfall des bisherigen Erlaubnisverfahrens nach § 9 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 StromStG wird die Systematik des Stromsteuerrechts an die Systematik des Energiesteuerrechts angepasst. Dies hat zur Folge, dass Unternehmen des Produzierenden Gewerbes und Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft entgegen derzeitiger Rechtslage nicht mehr Strom zum reduzierten Steuersatz von einem im Steuergebiet ansässigen Versorger beziehen können. Soweit Versorger daher Strom an Letztverbraucher, auch soweit sie Unternehmen des Produzierenden Gewerbes und Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft sind, liefern, ist daher ab dem 1. Januar 2011 der Strom vom im Steuergebiet ansässigen Versorger zwingend zunächst mit dem vollen Stromsteuerregelsatz i.H.v. 20,50 Euro/ MWh zu versteuern. Dieser wird die Stromsteuer zukünftig mit dem Regelsteuersatz in Höhe von 20,50 Euro/ MWh in Rechnung stellen. Im Ergebnis verteuert sich der Stromeinkauf für bisher begünstigte Unternehmen im Vergleich zur derzeitigen Rechtslage zunächst um 8,20 Euro/ MWh.

Einführung einer nachgelagerten Erstattung

Gleichzeitig wird eine antragsgebundene nachgelagerte Steuerentlastung für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes in Höhe von 5,13 Euro/MWh eingeführt.

Im Ergebnis wird somit nicht nur die Steuerentlastung für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes und Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft deutlich reduziert, sondern mit dem Wegfall des Erlaubnisverfahrens ist auch ein erheblicher Liquiditätsnachteil verbunden, da der Strom vom Lieferanten zunächst zum vollen Steuersatz bezogen und bezahlt werden muss und die Steuererstattung regelmäßig erst zeitlich versetzt beantragt werden kann.

Zudem wird diese Steuerentlastung nur gewährt, sofern der Entlastungsbetrag im Kalenderjahr den Betrag von 250 Euro übersteigt.

Wegfall der Vergütung der Steuer nach § 17 Stromsteuer-Durchführungsverordnung

Bis zum 31.12.2010 wird Unternehmen des Produzierenden Gewerbes oder der Land- und Forstwirtschaft, die als Mieter, Pächter oder vergleichbare Vertragspartei desjenigen, der den Strom leistet, Strom zum Regelsteuersatz (20,50 Euro/MWh) beziehen, auf Antrag eine Vergütung in Höhe von 8,20 Euro /MWh gewährt, soweit der Strom über eine Menge von 25 MWh hinaus für betriebliche Zwecke entnommen wird. Durch die neue Systematik der Besteuerung und der Steuerentlastung fällt die bisher mögliche Vergütung der Stromsteuer nach § 17 Stromsteuer-Durchführungsverordnung ersatzlos weg.

Reduzierung der Steuerentlastung beim sog. „Spitzenausgleich“

Im Bereich des Spitzenausgleiches nach § 10 StromStG wird der Steuerentlastungsbetrag von max. 95% derzeit auf höchstens 90% gesenkt. Ferner wird der sog. „Sockelbetrag“ von derzeit 512,50 Euro auf 1.000 Euro erhöht.

Genehmigungsvorbehalt

Die dargestellten Steuerbegünstigungen werden grundsätzlich bis Ende des Jahres 2012 befristet, da die ursprüngliche beihilferechtliche Genehmigung der Europäischen Kommission bis zum Ende des Jahres 2012 befristet worden ist. Inwieweit über das Jahr 2012 hinaus energie- und stromsteuerliche Begünstigungen gewährt werden, ist derzeit noch offen, da für eine Fortführung der Begünstigungen ab dem Jahr 2013 eine gesetzliche Regelung erforderlich ist, die einer neuen beihilferechtlichen Genehmigung der Europäischen Kommission bedarf. Es bleibt abzuwarten, wie die entsprechenden Nachfolgeregeln aussehen werden.

Änderungen der Energie- und Stromsteuervergünstigungen in „Contracting“-Fällen

Ein Teil der neuen Änderungen im Energie- und Stromsteuerrechts gehen auf die Kritik des Bundesrechnungshofes zurück. Die Neuregelungen führen insbesondere im Bereich des sog. „Nutzenergie-Contracting“, zu einer Reduzierung der Mitnahmeeffekte, die durch die Auslagerung der Energieerzeugung durch Unternehmen, die keine Unternehmen des Produzierenden Gewerbes sind (z.B. Supermärkte, Krankhäuser, Banken, Versicherungen), entstanden sind, und damit zu einer drastischen Erhöhung der Energiekosten für diese Unternehmen. Zukünftig werden Steuerentlastungen für Energieerzeugnisse zur Erzeugung von Wärme bzw. Strom, der zur Erzeugung von Wärme, Licht, Kälte, Druckluft und mechanischer Energie entnommen worden ist, nur noch dann zugelassen, soweit die vorgenannten Erzeugnisse nachweislich durch ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes genutzt worden sind. Aus Sicht der Bundesregierung wird mit dieser Maßnahme einer Fehlentwicklung entgegengewirkt und Steuerbegünstigungen von Energieverbrauchern reduziert, die nicht zum Kreis derjenigen gehören, die ursprünglich entlastet werden sollten.

Die durch den Gesetzentwurf der Bundesregierung geplante Aufrechterhaltung der Subventionierung des Energieeinsatzes für die Produktion von Wärme, wenn diese in ein Wärmenetz zur leitungsgebundenen Versorgung mit Wärme eingespeist worden ist, an das als öffentliches Netz eine unbestimmte Anzahl von Abnehmenden innerhalb eines größeren Gebiets angeschlossen werden kann (Fernwärme), wurde „aus Gründen der Steuergerechtigkeit“ nicht im Energiesteuergesetz umgesetzt. Der Gesetzgeber verfolgt mit dieser Maßnahme eine steuerliche Gleichbehandlung der Beheizung von Wohnraum unabhängig von der Frage, ob eine Anbindung an ein Fernwärme- oder Nahwärmenetz genutzt oder eine eigene Heizungsanlage betrieben wird. Ferner sollen damit Anreize für eine energieeffizientere Wärmeversorgung gesetzt werden. Für große Teile von privaten Endverbrauchern dürften zukünftig allerdings die Heizkosten steigen, sofern die Fernwärmeunternehmen den Wegfall der Steuervergünstigung an die Bezieher der Fernwärme weitergeben.

Fundstelle

Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages (Dr. 17/3406) - in dieser Fassung hat der Bundestag das Gesetz angenommen

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