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11.02.2011
Indirekte Steuern/Zoll

BFH: Keine Steuerschuld einer OG aufgrund Rechnungserteilung an OT

Sachverhalt

Alleingesellschafter der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, war ein Zweckverband, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Klägerin war für den Zweckverband im Bereich der Abfallentsorgung gegen Entgelt tätig. Die Klägerin ging zunächst davon aus, dass sie umsatzsteuerpflichtige Leistungen gegenüber dem Zweckverband erbringe und erteilte für ihre Leistungen Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis. Im Rahmen einer Außenprüfung vertrat sie demgegenüber die Auffassung, dass sie aufgrund einer Organschaft im Streitjahr 1997 nichtsteuerbare Innenleistungen an den Zweckverband als Organträger erbracht habe. Dem folgte das Finanzamt nicht. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Entscheidung

Das FG ist zu Unrecht von einer Steuerschuld aufgrund eines Rechnungsausweises ausgegangen. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 UStG liegen nicht vor. § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG hatte im Streitjahr folgenden Wortlaut: "Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen, so schuldet er auch den Mehrbetrag ..." Steuerschuldner war nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 UStG a.F. "der Unternehmer". Unabhängig vom Vorliegen einer Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) ist die Klägerin nicht Steuerschuldner. War die Klägerin selbständig tätig und daher nicht Organgesellschaft, fehlt es bereits an einem überhöhten Steuerausweis für die dann steuerpflichtigen Leistungen der Klägerin. Ohne dass der BFH zu entscheiden hat, ob § 14 Abs. 2 UStG auf Innenleistungen überhaupt anzuwenden ist, wäre jedenfalls nicht die Klägerin als Organgesellschaft, sondern "der Unternehmer" und damit der Organträger Steuerschuldner. 

Auch die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 UStG liegen im Streitfall unabhängig vom Bestehen einer Organschaft nicht vor. § 14 Abs. 3 UStG hatte im Streitjahr folgenden Wortlaut: "Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist, schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das gleiche gilt, wenn jemand in einer anderen Urkunde, mit der er wie ein leistender Unternehmer abrechnet, einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt." War die Klägerin nicht Organgesellschaft, fehlt es bereits an einem Steuerausweis durch eine hierzu nicht berechtigte Person, da die Klägerin dann als Unternehmer zum Steuerausweis in Rechnungen befugt war. Die Klägerin wäre aber auch als Organgesellschaft zum Steuerausweis berechtigt. Denn bei Bestehen einer Organschaft würde die Klägerin mit Ausnahme der Selbständigkeit alle Unternehmervoraussetzungen erfüllen. Organgesellschaften sind als Teil eines unternehmerischen Organkreises grundsätzlich zum Steuerausweis berechtigt. Denn bei steuerpflichtigen Leistungen an Dritte besteht keine Verpflichtung, eine durch eine Organgesellschaft erbrachte Leistung durch den Organträger abzurechnen. Die Rechnungserteilung kann vielmehr auch durch die Organgesellschaft im eigenen Namen erfolgen. Im Hinblick auf § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG war die Klägerin danach zumindest als Teil des Organkreises Unternehmer und zum Steuerausweis berechtigt. 

Die Feststellungen des FG ermöglichen dem BFH keine Beurteilung der Frage, ob die Klägerin ihre Leistungen als Unternehmer zu versteuern hat oder ob sie im Wege der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft als Organ in den Zweckverband als Organträger eingegliedert gewesen ist. Hierzu sind weitere Feststellungen durch das FG zu treffen. Die organisatorische Eingliederung setzt in aller Regel eine personelle Verflechtung der Geschäftsführungen des Organträgers und der Organgesellschaft voraus. Neben diesem Regelfall kann sich die organisatorische Eingliederung auch daraus ergeben, dass leitende Mitarbeiter des Organträgers als Geschäftsführer der Organgesellschaft tätig sind. Demgegenüber reicht es nicht aus, dass ein leitender Mitarbeiter des Mehrheitsgesellschafters - wie im Streitfall - nur Prokurist bei der möglichen Organgesellschaft ist, während es sich beim einzigen Geschäftsführer der GmbH um eine Person handelt, die weder Mitglied der Geschäftsführung noch leitender Angestellter des Mehrheitsgesellschafters war. Eine organisatorische Eingliederung kann sich im Übrigen nicht daraus ergeben, dass eine nicht geschäftsführende Gesellschafterversammlung und ein gleichfalls nicht geschäftsführender Beirat ausschließlich mit Mitgliedern des Mehrheitsgesellschafters besetzt sind, vertragliche Bedingungen dem Mehrheitsgesellschafter "umfangreiche Beherrschungsmöglichkeiten" sichern und darüber hinaus dieselben Büroräume benutzt und das komplette Rechnungswesen durch gemeinsames Personal erledigt werden.

Betroffene Norm

§ 14 Abs. 2 und Abs. 3 UStG 1993
Streitjahr 1997

Vorinstanz

Finanzgericht München, Urteil vom 17.06.2009, 3 K 223/06, EFG 2010, S. 911

Fundstelle

BFH, Urteil vom 28.10.2010, V R 7/10, BStBl II 2011, S. 391

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