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23.04.2013
Indirekte Steuern/Zoll

BMF: Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei der Abgabe von Speisen und Getränken

In den vergangenen Jahren sind mehrere Urteile zur Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei der Abgabe von Speisen und Getränken durch den Europäischen Gerichtshof und den Bundesfinanzhof ergangen. Die daraus resultierenden Konsequenzen der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung gastronomischer Leistungen und des sog. Sozialcaterings sind nunmehr im BMF-Schreiben dargestellt.

Hintergrund

Der ermäßigte Steuersatz von 7 % gilt nach den deutschen Bestimmungen nur für die Lieferung von Nahrungsmitteln. Wird die Abgabe von Speisen und Getränken demgegenüber als sonstige Leistung qualifiziert, muss diese als sogenannter Restaurationsumsatz mit dem allgemeinen Steuersatz von 19 % besteuert werden. Zu der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Abgrenzung haben sich EuGH und BFH im Jahr 2011 in mehreren Urteilen zum Thema gastronomische Umsätze geäußert. Das Bundesministerium der Finanzen hat in Zusammenarbeit mit den Ländern die Konsequenzen der Rechtsprechung geprüft und nimmt in einem längst erwarteten Schreiben zur umsatzsteuerlichen Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei der Abgabe von Speisen und Getränken Stellung.

Verwaltungsanweisung

Der ermäßigte Steuersatz von 7 % kommt nur zur Anwendung, wenn es sich um eine Lieferung von Speisen und (bestimmten) Getränken handelt. Werden diese nicht geliefert, sondern im Rahmen einer sonstigen Leistung abgegeben, greift der reguläre Steuersatz von 19 %. Ob im Einzelfall eine Lieferung oder eine sonstige Leistung vorliegt, ist nach einer qualitativen Betrachtung zu ermitteln. Entscheidend ist, ob der Dienstleistungsanteil nach dem Gesamtbild der Verhältnisse qualitativ überwiegt.

Hierzu führt das BMF unter anderem aus: Dienstleistungselemente, die nicht notwendig mit der Vermarktung der Speisen verbunden sind, führen zur Beurteilung der Speisenabgabe als Restaurationsleistung (allgemeiner Steuersatz 19 %), wenn diese Merkmale qualitativ überwiegen. Hierzu gehören unter anderem: 

  • die Bereitstellung einer die Bewirtung fördernden Infrastruktur (z. B. von Gasträumen, Garderoben und Kundentoiletten sowie von Tischen, Stühlen und Bänken), 
  • das Servieren der Speisen und Getränke, 
  • die Gestellung von Bedienungs-, Koch- und Reinigungspersonal bzw. die Durchführung von Service-, Bedien- oder Spülleistungen beim Kunden, 
  • die Überlassung (Leihe) von Geschirr und Besteck; erfüllen die überlassenen Gegenstände (z.B. Geschirr, Platten) vornehmlich Verpackungsfunktion, stellt deren Überlassung kein berücksichtigungsfähiges Dienstleistungselement dar, 
  • die Überlassung von Mobiliar an den Kunden (z. B. von Tischen, Bänken, Stühlen), 
  • die Reinigung bzw. Entsorgung von Gegenständen, wenn die Überlassung dieser Gegenstände ein berücksichtigungsfähiges Dienstleistungselement darstellt, 
  • die individuelle Beratung bei der Auswahl der Speisen und Getränke, 
  • die Beratung der Kunden hinsichtlich Zusammenstellung und Menge von Mahlzeiten für einen bestimmten Anlass.

Unschädlich für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes sind demnach unter anderem:

  • Die Art der Zubereitung der Speisen. Auch der Verkauf aufwendig zubereiteter Speisen kann ermäßigt besteuert werden. 
  • Leistungselemente, die notwendig mit der Vermarktung verzehrfertiger Speisen verbunden sind.
    Unschädlich für den ermäßigten Steuersatz sind z. B. die Darbietung der Waren in Regalen, der Transport zum Ort des Verzehrs, einschließlich des Kühlens oder Wärmens der Speisen, die
    Verpackung, die Abgabe von Einweggeschirr oder -besteck etc. 
  • Das Bereitstellen behelfsmäßiger Verzehrvorrichtungen (z. B. Ablagebretter, Stehtische). 
  • Dienstleistungen Dritter sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. 
  • Die Abgabe von Speisen und (bestimmten) Getränken aus Automaten wird stets ermäßigt
    besteuert.

Die Möglichkeit, dass Kunden Speisen und (bestimmte) Getränke zum Mitnehmen erwerben, bleibt weiterhin bestehen. Entscheidend ist, dass der Kunde zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses seine Absicht äußert, die Speisen und Getränke zum Mitnehmen zu erwerben. Die bekannte Frage „zum hier Essen oder zum Mitnehmen“ behält also ihre steuerrechtliche Bedeutung. Für die Besteuerung ist es sodann unerheblich, wenn der Verkäufer eine die Bewirtung fördernde Infrastruktur vorhält (z. B. Tische und Stühle).

Es kann ebenfalls festgestellt werden, dass das BMF bei der Abgabe von Speisen in sozialen Bereichen (Krankenhäuser, Schulen, Mahlzeitendienste) sehr darum bemüht ist, den ermäßigten Steuersatz anzuwenden. Bei dem sogenannten „Essen auf Rädern“, welches vorwiegend von älteren Menschen genutzt wird, kommt künftig regelmäßig der ermäßigte Umsatzsteuersatz zur Anwendung. Im Bereich des Schulessens gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Gestaltungen. Hier kommt es auf den konkreten Einzelfall an.

Anmerkung

Die neuen Regelungen werden in Abschnitt 3.6 UStAE aufgenommen. Betroffene Unternehmer können die neuen Regelungen wahlweise rückwirkend ab 01.7.2011 oder aufgrund einer Übergangsregelung erst ab 01.10.2013 anwenden.

Das BMF-Schreiben ersetzt mit Wirkung vom 01.07.2011 die BMF-Schreiben vom 16.10.2008 (BStBl I, S. 949) und vom 29.03.2010 (BStBl I, S. 330).

Betroffene Norm
§ 12 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Anlage 2 UStG
Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 282/11 des Rates vom 15.03.2011 (ABI. EU Nr. L 77 S.1)

Fundstellen  
BMF, Schreiben vom 20.03.2013, IV D2 – S 7100/07/10050-06

Weitere Beiträge
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Ihre Ansprechpartner

Markus Lamm

mlamm@deloitte.de
Tel.:

Nico Löhr

nloehr@deloitte.de
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