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05.07.2012
Indirekte Steuern/Zoll

BMF: Schreiben mit Klarstellungen zur elektronischen Rechnungsstellung veröffentlicht

Fast pünktlich zum Jahrestag des Inkrafttretens der Änderungen in § 14 Abs. 1 und Abs. 3 UStG zur Vereinfachung der elektronischen Rechnungsstellung durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 zum 01.07.2011 hat das BMF nun mit Schreiben vom 02.07.2012 zu den Einzelheiten Stellung genommen.

Das lange erwartete BMF-Schreiben zur Umsetzung der Vereinfachung der elektronischen Rechnungsstellung liegt vor. Zunächst wurde im Juli 2010 die EU-Richtlinie 2010/45/EU des Europäischen Rates zu den Rechnungsvorschriften geändert und somit nach Art. 233 MwStSystRL Papier- und elektronische Rechnungen gleichgestellt wurden. Noch vor der EU-Umsetzungsfrist zum 01.01.2013, aber mit einer Verspätung zum geplanten Termin von fast 3 Monaten, trat die deutsche Regelung rückwirkend zum 01.07.2011 in Kraft.

Sowohl bei Papier- als auch bei elektronischen Rechnungen müssen nach § 14 Abs. 1 UStG n. F. die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung herstellen können.
Das vorliegende BMF-Schreiben nimmt zu den Einzelheiten Stellung und ändert den Umsatzsteueranwendungserlass in verschiedenen Abschnitten. Unseres Erachtens sind die folgenden Punkte besonders hervorheben: 

  • Innerbetriebliches Kontrollverfahren 
     
    Das innerbetriebliche Kontrollverfahren im Sinne des § 14 Abs. 1 UStG hat nach Auffassung des BMF nicht die Aufgabe, die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG zu überprüfen. Vielmehr solle mit dem innerbetrieblichen Kontrollverfahren lediglich die korrekte Übermittlung der Rechnungen sichergestellt werden.

    Interessant für die Praxis ist die Annahme durch das BMF, dass bei Vorliegen einer inhaltlich richtigen Rechnung (also die richtige Leistung, den richtigen Leistenden, das richtige Entgelt und den richtigen Zahlungsempfänger betreffend) insoweit auch bei der Übermittlung keine die Echtheit der Herkunft oder die Unversehrtheit des Inhalts beeinträchtigenden Fehler vorgekommen sind. Aus der Aussage, dass die Anforderungen an das innerbetriebliche Kontrollverfahren sich an dieser Zielrichtung zu orientieren haben, schließen wir, dass bei einer inhaltlich richtigen Rechnung die Durchführung des innerbetrieblichen Kontrollsystems nicht gesondert nachgewiesen werden muss. 
     
  • Vorsteuerabzug trotz fehlerhafter Archivierung 

    Nach § 14b UStG i.V.m. mit den Regelungen der GoBS (BStBl. 1995 I S. 738, Abschnitt VIII Nr.2) sind originär digital übermittelte Dokumente auch digital zu archivieren. Verletzt der Unternehmer insoweit seine Aufbewahrungspflichten nach § 14b UStG, kann dies als eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 26a Abs. 1 Nr. 2 UStG geahndet werden (Abschnitt 14b.1 Abs. 10 Satz 1 UStAE n.F.).

    Viele vor allem kleinere Unternehmen stellt dies in der Praxis vor Probleme. Häufig wird z.B. eine Rechnung per E-Mail als pdf.-Anhang zwar elektronisch übermittelt, dann ausgedruckt und entgegen der vorstehenden Grundsätze lediglich in Papierform archiviert. 

    Deshalb ist es begrüßenswert, dass nach Abschnitt 14b.1 Abs. 10 Satz 2 UStAE (n.F.) der Anspruch auf Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG durch die Verletzung von Archivierungspflichten unberührt bleibt. Der Unternehmer trägt allerdings nach allgemeinen Grundsätzen die objektive Feststellungslast für alle Tatsachen, die den Anspruch begründen. Auch Verletzungen der „Grundsätze ordnungsgemäßer DV-gestützter Buchführungssysteme“ (GoBS) und der „Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen“ (GDPdU) wirken sich ebenfalls nicht auf den ursprünglichen Vorsteuerabzug aus.
     
  • Per Fax übermittelte Rechnungen

    Eine wichtige Praxislösung, auch für die Archivierung, könnte die Faxübertragung sein, da nach Abschnitt 14.4 Abs. 2 Satz 2 UStAE in der Fassung des BMF-Schreibens vom 02.07.2012 eine Übermittlung von Standardfaxen sowie von Computerfaxen/ Faxen via Faxserver an ein Standardfax stets als Papierrechnungen gelten, also auch im Sinne der GoBS in Papierform aufbewahrt werden können. 
     
  • Versand mehrerer identischer Rechnungen

    Werden für ein und dieselbe Leistung mehrere Rechnungen ausgestellt, ohne dass sie als Duplikat oder Kopie gekennzeichnet werden, schuldet der Unternehmer den hierin ausgewiesenen Steuerbetrag nach § 14c Abs. 1 UStG (vgl. Abschnitt 14c.1 Abs. 4
    UStAE). 

    Begrüßenswert ist die mit dem vorliegenden BMF-Schreiben getroffene Aussage, dass dies jedoch nicht gilt, wenn inhaltlich identische (§ 14 Abs. 4 UStG) Mehrstücke derselben Rechnung übersandt werden. Besteht eine Rechnung aus mehreren Dokumenten, sind diese Regelungen für die Dokumente in ihrer Gesamtheit anzuwenden.

Folgen für die Praxis?


Die elektronische Übertragung und Archivierung von Rechnungen ist für viele Unternehmen wirtschaftlich reizvoll, vor allem auf der Ausgangseite. Die Europäische Kommission rechnet gar mit bis zu 40 Mrd. Euro Kosteneinsparungen pro Jahr für die betroffenen Unternehmen durch die europaweite Einführung der Erleichterungen. 

Die Umsetzung in die alltägliche Unternehmenspraxis sollte jedoch rechtlich und organisatorisch durchgeplant werden, denn hier steckt der Teufel oftmals im Detail. Soweit sich Unternehmen zur Nutzung der Vereinfachungen im Bereich der elektronischen Rechnungsstellung (eingangs- wie ausgangsseitig) entscheiden, können viele praktische Fragen aus den unterschiedlichsten Bereichen auftreten, z.B.: 

  • Zustimmung des Rechnungsempfängers erforderlich: Wie kann ein ganzheitlicher Prozess geschaffen werden, wenn einzelne Rechnungsempfänger der elektronischen Übermittlung nicht zustimmen? 
  • Datenschutz: Personenbezogene E-Mail-Inhalte (beispielsweise aus privaten E-Mails der Mitarbeiter) dürfen weder gespeichert noch unberechtigt Dritten gegenüber zugänglich gemacht werden. Soweit private und geschäftliche E-Mails in einem E-Mail-Account vermischt werden, verhindert dies möglicherweise eine rechtskonforme Aufbewahrung. Als Lösung könnte hier von Unternehmensseite ein generelles Verbot der privaten Nutzung der E-Mail-Accounts an die Mitarbeiter ausgesprochen werden (regelmäßige Kontrollen erforderlich!). Möglich wäre auch die Einrichtung eines eigenständigen E-Mail-Accounts, der ausschließlich für den Rechnungsempfang genutzt wird. 
  • Betriebsprüfung: Die Betriebsprüfung darf auf das E-Mail-System zugreifen, soweit „steuerlich relevante“ Daten (zu denen Rechnungen gehören) gespeichert sind. Dies ist nicht nur unter dem Aspekt des Datenschutzes problematisch. Vielmehr kann es in solchen Fällen eines umfassenden externen Zugriffs auf das gesamte E-Mail-Material durchaus zu „Zufallsfunden“ seitens der Betriebsprüfung kommen. Auch hier könnte die Einrichtung eines eigenen Rechnungs-E-Mail-Accounts die Zugriffsmöglichkeit der Betriebsprüfung etwas einschränken. 
  • Qualifizierungsprobleme: Wie ist eine CD-Rom/ DVD oder ein USB-Stick rechtlich einzuordnen, mit der z.B. monatlich Rechnungen übergeben werden?

Zusammenfassend ist also mit dem BMF-Schreiben vom 02.07.2012 das Bemühen der Finanzverwaltung erkennbar, die politisch gewollte Erleichterung der zukunftweisenden elektronischen Rechnungsstellung auch in der steuerlichen Praxis umzusetzen. Dennoch halten die rechtlichen „Erleichterungen“ einige praktische Fallstricke bereit. Mit einem frühzeitig und umfassend geplanten, ganzheitlichen Umsetzungskonzept sollten jedoch alle vorhandenen Lücken identifiziert und Stolpersteine umschifft werden können.
Insofern ist eine eingehende Prüfung der vorhandenen Rechnungsprozesse – betreffend die Rolle des Unternehmens als Rechnungsempfänger sowie auch als Rechnungsaussteller dringend anzuraten.

Fundstelle

BMF, Schreiben vom 02.07.2012, IV D 2 - S 7287 - a/09/10004

Weiterer Beitrag

Elektronische Rechnungen: Vereinfachung wird zum 01.07.2011 rückwirkend Gesetz - 29.09.2011

Ansprechpartner

Thomas Walz | Nürnberg

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