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28.12.2015
Indirekte Steuern/Zoll

BMF: Umsatzsteuerrechtliche Behandlung des Erwerbs zahlungsgestörter Forderungen (sog. Non-Performing-Loans)

Das BMF hat in seinem Schreiben vom 02.12.2015 in der Frage, ob der Erwerb sog. zahlungsgestörter Forderungen umsatzsteuerrechtlich eine „unternehmerische Tätigkeit“ darstellt, die Verwaltungspraxis an die Rechtsprechung angepasst und den Umsatzsteuer-Anwendungserlass entsprechend geändert.

Hintergrund

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat mit seinem Urteil vom 27.10.2011 entschieden, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der auf eigenes Risiko zahlungsgestörte Forderungen zu einem unter ihrem Nennwert liegenden Preis kauft, keine entgeltliche Dienstleistung im Sinne von Artikel 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie erbringt und keine in ihren Geltungsbereich fallende wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, wenn die Differenz zwischen dem Nennwert dieser Forderungen und deren Kaufpreis den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der betreffenden Forderungen zum Zeitpunkt ihrer Übertragung widerspiegelt.

Der Bundesfinanzhof hat sich mit Folgeurteilen vom 26.01.2012 sowie vom 04.07.2013 dieser Rechtsauffassung angeschlossen und u. a. ergänzend ausgeführt, dass dem Forderungserwerber mangels Entgeltlichkeit der Leistung aus den Eingangsleistungen für den Forderungserwerb und den Forderungseinzug kein Vorsteuerabzugsrecht zusteht.

Inhalt

Begriffsbestimmung

Die Regelung schließt die Übertragung zahlungsgestörter Forderungen ein, bei denen neben der Übernahme des Ausfallrisikos grundsätzlich ein Kaufpreis vereinbart wird, der erheblich vom eigentlichen Nennwert der Forderung abweicht (sog. Non-Performing-Loans – „NPL“).

Im Gegensatz zu der Übertragung werthaltiger Forderungen bzw. der Übertragung ohne Übernahme des Ausfallrisikos durch den Erwerber bestehe bei diesen Forderungen der wirtschaftliche Gehalt bei der Übertragung notleidender und damit zahlungsgestörter Forderungen gerade in der Übernahme des wirtschaftlichen Risikos durch den Erwerber und nicht in der Einziehung der Forderungen.

Nach Auffassung des BMF entspricht bei NPL generell bei Übernahme des Ausfallrisikos durch den Erwerber der vereinbarte Kaufpreis dem tatsächlichen wirtschaftlichen Wert dieser Forderungen.

Eine Forderung, die aus Rückzahlungs- und Zinsanspruch besteht, wird vom BMF als insgesamt zahlungsgestört eingestuft, wenn

  • sie trotz Fälligkeit ganz oder zu einem nicht nur geringfügigen Teil seit mehr als 90 Tagen nicht ausgeglichen wurde oder
  • eine Kündigung erfolgt ist oder
  • die Voraussetzungen für eine Kündigung vorliegen.

Die Neuregelungen gelten daher nicht für den Erwerb von werthaltigen Forderungen, bei denen primär der Forderungsverkäufer von der Einziehung der Forderung entlastet werden soll.

Wirtschaftliche Tätigkeit des Forderungserwerbers

Sofern der vereinbarte Kaufpreis dem tatsächlichen Wert der Forderung entspricht, also niedriger als der Nennwert ist, stelle die Differenz zwischen Nennwert und Kaufpreis der Forderung keine Vergütung für eine Dienstleistung dar, die unmittelbar vom Käufer erbracht worden ist. Der Forderungserwerber übe daher keine wirtschaftliche Tätigkeit aus. Auch wenn der Erwerber den Verkäufer von der weiteren Verwaltung und Vollstreckung der Forderung entlastet oder für die Beteiligten der Forderungseinzug bei der Bemessung des Abschlags auf den Kaufpreis oder durch Vereinbarung einer gesonderten Vergütung eine nicht nur untergeordnete Bedeutung hat, bestehe keine wirtschaftliche Tätigkeit des Erwerbers.

Berechtigung zum Vorsteuerabzug beim Forderungserwerber

Sowohl der Einzug von Forderungen als auch der eigentliche Erwerb erfolge nicht im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit. Der Forderungserwerber sei aus diesem Grund nicht zum Vorsteuerabzug aus den Eingangsrechnungen für den Forderungserwerb und den Forderungseinzug berechtigt. Werden gleichzeitig zahlungsgestörte und nicht zahlungsgestörte Forderungen übertragen, ist das Gesamtentgelt für den Vorsteuerabzug entsprechend aufzuteilen.

Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung des Forderungsverkäufers

Bei Übernahme des Ausfallrisikos erbringe der Verkäufer mit der Veräußerung und Abtretung einer zahlungsgestörten Forderung eine steuerfreie Leistung. Soweit die übertragene Forderung auf einen zurückliegenden Stichtag zurückbezogen wird und der Forderungsverkäufer noch die Forderung verwaltet, stelle dies eine unselbständige Nebenleistung zum steuerfreien Forderungsverkauf dar, die das rechtliche Schicksal der Hauptleistung teilt – folglich ebenso steuerfrei verbleibt.

Anmerkung

Diese Grundsätze sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Allerdings wird es nicht beanstandet, wenn die Beteiligten Forderungsübertragungen, die vor dem 01.07.2016 ausgeführt werden, einvernehmlich nach den bisherigen Grundsätzen behandeln und von einem umsatzsteuerpflichtigen Vorgang ausgehen. Gleiches gilt auch für Übertragungen, die aufgrund eines vor diesem Stichtag abgeschlossenen Kaufvertrags über den regelmäßigen Erwerb zahlungsgestörter Forderungen erfolgen und vor dem 01.01.2019 ausgeführt werden.

Fundstelle

BMF, Schreiben v. 02.12.2015, III C 2 - S 7100/08/10010

Weitere Fundstellen

EuGH, Urteil v. 27.10.2011, C-93/10

BFH, Urteil v. 26.01.2012, V R 18/08

BFH, Urteil v. 04.07.2013, V R 08/10

Ihre Ansprechpartner

Markus Lamm
Senior Manager

mlamm@deloitte.de
Tel.: 0211 8772-2205

Nico Löhr
Consultant

nloehr@deloitte.de
Tel.: 0211 8772-4145

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