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29.08.2013
Indirekte Steuern/Zoll

EuGH: Reverse-Charge-Verfahren bei Bauleistungen

Die Ermächtigung zur Einführung des Reverse-Charge Verfahrens bei Bauleistungen umfasst neben den Baudienstleistungen (sonstige Leistungen) auch (Werk-)Lieferungen. Deutschland kann das Reverse-Charge Verfahren grundsätzlich auch auf Leistungsempfänger beschränken, die selbst Bauleistungen erbringen. Es müssen dabei aber der Grundsatz der steuerlichen Neutralität sowie die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Rechtssicherheit beachtet werden. Ob diese Grundsätze im Einzelfall verletzt sind, muss das nationale Gericht prüfen.

Sachverhalt

Die BLV Wohn- und Gewerbebau GmbH (BLV) betreibt den Erwerb, die Erschließung und die Bebauung von Grundstücken. Als Unternehmerin beauftragte sie ein Generalunternehmen mit der Erstellung eines sechs Wohnungen umfassenden Wohnhauses zu einem Pauschalpreis. Die Schlussrechnung des Generalunternehmers wies keine Umsatzsteuer aus. Sie enthielt aber den Hinweis auf den Übergang der Steuerschuldnerschaft auf BLV. Die BLV ist dagegen der Auffassung, nicht Steuerschuldnerin geworden zu sein, da die Voraussetzung der eigenen Erbringung von Bauleistungen nicht vorlag. Das Finanzamt vertrat dagegen die Auffassung, dass die Klägerin nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 2 Satz 2 UStG Schuldnerin der Umsatzsteuer sei.

Der BFH hat dem EuGH Zweifelsfragen zur Vereinbarkeit der Regelung zum sogenannten Reverse-Charge-Verfahren bei Bauleistungen vorgelegt. Dabei ging es insbesondere um die Frage, ob die Ermächtigung zur Einführung des Reverse-Charge Verfahrens (2004/290/EG) nur Baudienstleistungen (sonstige Leistungen) oder auch (Werk-)Lieferungen betrifft. Des Weiteren hatte der EuGH zu klären, ob der nationale Gesetzgeber die Anwendung des Reverse-Charge Verfahrens auf Leistungsempfänger beschränken durfte, die selbst Bauleistungen erbringen.

Entscheidung

Nach dem EuGH ist die Ermächtigung 2004/290/EG dahin auszulegen, dass der Begriff der „Bauleistungen“ in dieser Bestimmung neben den als Dienstleistungen eingestuften Umsätzen auch die Umsätze umfasst sind, die in der Lieferung von Gegenständen bestehen. Die Ermächtigung schließt somit zumindest auch die in § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG genannten Werklieferungen ein.

Weiterhin führt der EuGH aus, dass die Bundesrepublik Deutschland berechtigt sei, die ihr erteilte Ermächtigung nur teilweise für bestimmte Untergruppen wie einzelne Arten von Bauleistungen und für Leistungen an bestimmte Leistungsempfänger auszuüben. Bei der Bildung dieser Untergruppen hat Deutschland den Grundsatz der steuerlichen Neutralität sowie die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts, wie insbesondere die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Rechtssicherheit, zu beachten. Es ist Sache des BFH als vorlegendes Gericht, unter Berücksichtigung aller maßgeblichen, tatsächlichen und rechtlichen Umstände zu überprüfen, ob dies im Ausgangsverfahren der Fall ist und gegebenenfalls die Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um die nachteiligen Folgen einer gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit oder der Rechtssicherheit verstoßenden Anwendung der in Rede stehenden Vorschriften auszugleichen.

Betroffene Norm
§ 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 und Abs. 2 S. 2 UStG

Fundstellen
EuGH, Urteil vom 13.12.2012, C-395/11
BFH, Beschluss vom 30.06.2011,V R 37/10, BStBl II 2011, S. 842, Zusammenfassung in den Deloitte Tax-News 

Ihre Ansprechpartner

Markus Lamm

mlamm@deloitte.de
Tel.:

Nico Löhr

nloehr@deloitte.de
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