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21.08.2012
Indirekte Steuern/Zoll

FG Berlin-Brandenburg: Vorsteuerabzug einer Holdinggesellschaft

Eine Holdinggesellschaft, die selbst kein operatives Geschäft betreibt, sondern ausschließlich umsatzsteuerpflichtige administrative Leistungen an ihre Beteiligungsgesellschaften erbringt, kann den Vorsteuerabzug aus Kapitalbeschaffungsleistungen geltend machen. Der uneingeschränkte Vorsteuerabzug wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Aufwendungen der Kapitalausstattung der Tochtergesellschaft und damit ggf. auch dem Bezug nicht steuerbarer Dividenden dienen. Es handelt sich um Allgemeinkosten, die direkt und unmittelbar mit der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit der Holdinggesellschaft zusammenhängen.

Sachverhalt
Die Klägerin, eine Holdinggesellschaft, erbringt für ihre 100%ige Tochtergesellschaft (GmbH) administrative Tätigkeiten aufgrund eines Kooperationsvertrags und erhält hierfür eine monatliche Dienstleistungspauschale von 11.000 Euro. Zwischen der Klägerin und der GmbH besteht umsatzsteuerliche Organschaft. Die Klägerin hat den Vorsteuerabzug aus Rechnungen über sog. Kapitalbeschaffungsleistungen in Anspruch genommen. Diese laufenden wie auch einmaligen Leistungen dienten der Verbesserung der Handelbarkeit der Aktie. Das erworbene Kapitel wurde weitgehend an die GmbH durch Zuführung in die Kapitalrücklage weitergereicht. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug. Der Einspruch blieb erfolglos.

Entscheidung
Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat zu Recht den uneingeschränkten Vorsteuerabzug aus Kapitalbeschaffungsaufwendungen in Anspruch genommen.

Die Klägerin ist als Holdinggesellschaft zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn sie selbst Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts ist und diese Unternehmereigenschaft nicht erst durch ein Organschaftsverhältnis begründet wird, sondern bereits besteht (§§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 14, 14a, 2 UStG). Nach der Rechtsprechung des BFH im Anschluss an die Holding-Rechtsprechung des EuGH sind lediglich der Erwerb, das Halten oder der Verkauf von Aktien als solche nichtwirtschaftliche (nichtunternehmerische) Tätigkeiten, da sie Ausdruck der bloßen Eigentumsposition sind und nicht die Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen beinhalten (BFH-Urteil vom 09.02.2012). Eine wirtschaftliche (unternehmerische) Tätigkeit setzt demgegenüber voraus, dass der Organträger eigene entgeltliche Leistungen erbringt, wobei Leistungen ausschließlich an die Organgesellschaft ausreichen (vgl. EuGH-Urteile vom 14.11.2000 und 27.09.2001 sowie BFH-Urteil vom 09.10.2002).

Die Klägerin hat aufgrund des Kooperationsvertrags entgeltliche Leistungen an die GmbH erbracht und ist somit unternehmerisch tätig mit der Folge, dass sie zum Vorsteuerabzug auch aus solchen Dienstleistungen berechtigt ist, die der Kapitalbeschaffung dienen. Entscheidend ist insoweit, dass die Dienstleistungen als allgemeine Kosten des Unternehmens direkt und unmittelbar mit der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers zusammenhängen (BFH-Urteil vom 01.07.2004, EuGH-Urteil vom 27.09.2001). Der uneingeschränkte Vorsteuerabzug ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die aktienbezogenen Aufwendungen nicht allein der umsatzsteuerpflichtigen Tätigkeit der Klägerin dienten, sondern im Besonderen der Kapitalausstattung der Organgesellschaft und damit ggf. auch dem Bezug nicht steuerbarer Dividenden. Denn eine Zuordnung dieser Kosten zum nichtunternehmerischen Bereich kommt nach Rechtsprechung deshalb nicht in Betracht, weil es sich um Allgemeinkosten handelt, die mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zusammenhängen. Da die Klägerin nur steuerpflichtige und nicht auch steuerfreie Umsätze ausführte, ist der Vorsteuerabzug insgesamt zu gewähren (vgl. Urteil des BFH vom 01.07.2004). Der in dem BFH-Urteil vom 09.02.2012 zugrunde liegende Sachverhalt liegt anders als derjenige im Streitfall, da dort die Holdinggesellschaft an ca. 50 Gesellschaften beteiligt war, Umsätze aber lediglich aus Beratungsleistungen für zwei dieser Gesellschaften erzielte. Deshalb ist im Streitfall auch für eine Aufteilung der Gesamttätigkeit in eine nichtwirtschaftliche Haupt- und eine wirtschaftliche Nebentätigkeit kein Raum.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Entscheidung auf der zu dieser Rechtsfrage ergangenen Rechtsprechung des BFH beruht. Das Finanzamt hat beim BFH eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.

Betroffene Norm
§ 15 UStG
Streitjahr 2007

Fundstelle
Finanzgericht Berlin-Brandenburg
, Urteil vom 10.05.2012, 5 K 5264/09, Nichtzulassungsbeschwerde ist BFH-anhängig: V B 73/12

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 09.02.2012, V R 40/10, siehe Deloitte Tax-News
EuGH, Urteil vom 14.11.2000, C-142/99 - Floridienne, EuGHE 2000, I-9567
EuGH, Urteil vom 27.09.2001, C-16/00 - Cibo Participations, EuGHE 2001, I-6663
BFH, Urteil vom 09.10.2002, V R 64/99, BStBl II 2003, S. 375
BFH, Urteil vom 01.07.2004, V R 32/00, BStBl II 2004, S. 1022

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