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06.05.2013
Indirekte Steuern/Zoll

Zoll: Europäische Kommission erlässt neue Leitlinien zur Einreihung von für den Einzelverkauf aufgemachten Warenzusammenstellungen (sog. Sets) in die Kombinierte Nomenklatur

Die zolltarifliche Einreihung von für den Einzelverkauf aufgemachten Warenzusammenstellungen in die Kombinierte Nomenklatur führt in der Praxis immer wieder zu Missverständnissen. Bereits bei der Bestimmung, ob eine sog. "Warenzusammenstellung" vorliegt, kommt es häufig zu Fehlinterpretationen. Die neue Leitlinie der Europäischen Kommission zeigt, dass für eine zutreffende Einreihung von Warenzusammenstellungen ergänzende Erläuterungen notwendig sind. So sollen Unsicherheiten bei der Einreihung und Rechtsbehelfsverfahren vermieden werden.

Der EU-Zolltarif sieht für jede Ware eine zutreffende Warennummer (Zolltarifnummer) vor. Zur Bestimmung, welche Zolltarifnummer die richtige ist, werden dem Rechtsanwender diverse Hilfsmittel zur Verfügung gestellt (Wortlaut der (Unter-)Positionen, Anmerkungen, Erläuterungen, Avisen, EuGH- und nationale Entscheidungen, Leitlinien).

In der Praxis kommt es häufig vor, dass Waren nicht nur einzeln, sondern als sog. Warenzusammenstellungen („Sets“) zum Verkauf angeboten werden. Die Einreihung dieser Produktsets unterliegt zolltarifrechtlich diversen Regelungen. Nur bei Vorliegen aller zolltarifrechtlichen Voraussetzungen kann eine Einreihung als sog. Warenzusammenstellung im Sinne des Tarifrechts bejaht werden. Liegen hingegen nicht alle Voraussetzungen vor, muss jede Waren der Zusammenstellung einzeln eingereiht und in der Zollanmeldung separat angemeldet werden. Dies kann zu einem hohen Arbeitsaufwand führen.

Definition einer Warenzusammenstellung

Eine sog. „Warenzusammenstellung“ im Sinne des Zolltarifrechts liegt vor, wenn ein Produktset

a) aus mindestens zwei verschiedenen Waren besteht, für deren Einreihung unterschiedliche Zolltarifnummern in Betracht kommen;
b) aus Waren besteht, die zur Befriedigung eines speziellen Bedarfs oder zur Ausübung einer bestimmten Tätigkeit zusammengestellt worden sind; und
c) so aufgemacht ist, dass sie sich ohne vorheriges Umpacken zur direkten Abgabe an die Verbraucher eignen. 

Alle Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Soweit der Zolltarif Positionen vorsieht, in denen spezielle Warenzusammenstellung wörtlich erfasst sind (z.B. Pos. 6308 00 00 KN, Warenzusammenstellungen aus Geweben und Garn, ..., in Aufmachung für den Einzelverkauf), finden die o.g. Voraussetzungen keine Anwendung.

Für die Einreihung von Waren, für die zwei oder mehr Positionen im Zolltarif in Betracht kommen, ist die Allgemeine Vorschrift (AV) 3 anwendbar. Nach AV 3 a) geht die Position mit der genaueren Warenbezeichnung den Positionen mit allgemeiner Warenbezeichnung vor. AV 3 b) besagt, dass „für den Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellungen“ nach dem Stoff oder Bestandteil einzureihen sind, der ihnen den wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann.

Neue Leitlinie der Europäischen Kommission

In der neuen Leitlinie der Europäischen Kommission werden die maßgeblichen Punkte zur Abgrenzung, ob es sich zolltariflich um eine Warenzusammenstellung handelt, im Detail erläutert und Beispiele angeführt. Hierbei werden wichtige Klarstellungen zu den einzelnen o.g. Tatbestandsvoraussetzungen einer Warenzusammenstellung getroffen.

Insbesondere die Analyse, ob eine Warenzusammenstellung zur Befriedigung eines speziellen Bedarfs oder zur Ausübung einer bestimmten Tätigkeit dient, ist oftmals Gegenstand von Diskussionen.

Grundsätzlich müssen die einzelnen Waren miteinander in Zusammenhang stehen und dafür bestimmt sein, zusammen oder in Verbindung miteinander bei einer bestimmten Gelegenheit eingesetzt zu werden (z.B. Zusammenstellungen von Lebensmitteln und Getränken zur Zubereitung von einem Fertiggericht oder -getränk; Bade-/Verwöhnsets, die in beliebiger Reihenfolge verwendet werden und einander ergänzen; Zusammenstellung von Buch und zugehöriger CD im Buchumschlag).

Eine Warenzusammenstellung ist hingegen zu verneinen, wenn mindestens eine der Waren nicht zur Befriedigung des speziellen Bedarfs oder zur Ausübung derselben Tätigkeit dient (bspw. Bade-/Verwöhnsets, die neben Körperreinigungsprodukten zusätzliche, getrennt zu verwendende Waren wie Hausschuhe o.Ä. enthalten). Sodann muss jede Ware der Zusammenstellung einzeln in den Zolltarif eingereiht werden.

Unbedenklich ist hingegen, wenn eine Warenzusammenstellung aus einer Ware besteht, die nicht zur Befriedigung des speziellen Bedarfs oder zur Ausübung derselben Tätigkeit dient, wenn 

  • diese Ware lediglich ein nebensächliches/unbedeutendes Element in der gesamten Warenzusammenstellung ist, 
  • das Wesen der Warenzusammenstellung nicht ändert, 
  • der Wert dieser Ware im Vergleich zum Gesamtwert der Waren in der Warenzusammenstellung zu vernachlässigen ist, und 
  • die Ware selbst nur einen geringen/unbedeutenden praktischen Nutzen hat oder nur eingeschränkt verwendbar ist (bspw. Badeset, das neben diversen Körperpflegeprodukten lediglich ein Teelicht mit geringem Wert enthält).

Was bedeutet das für Sie?

Auf Grundlage der neuen Leitlinie der Europäischen Kommission wird dem Wirtschaftsbeteiligten bei der Einreihung von für den Einzelverkauf aufgemachten Warenzusammenstellungen in die Kombinierte Nomenklatur eine weitere Hilfestellung zur Verfügung gestellt. Neben einigen Praxisbeispielen werden auch Erläuterungen zu den einzelnen Voraussetzungen zur Bestimmung einer Warenzusammenstellung gegeben.

Ob die neue Leitlinie der Europäischen Kommission den Wirtschaftsbeteiligten gänzlich von der Unsicherheit in diesem Bereich befreit, insbesondere bei hoch komplexen Warenzusammenstellungen, ist zweifelhaft. Auch bei Waren, deren wesentlicher Charakter gemäß Allgemeiner Vorschrift 3 b) nicht eindeutig bestimmbar ist, kann eine gewisse Rechtsunsicherheit verbleiben. Auf Grundlage unserer bisherigen Erfahrungen im Bereich der Tarifierung können wir Sie bei der zutreffenden Einreihung von Waren unterstützen und somit die Rechtssicherheit für Ihr Unternehmen verbessern.

Gern stehen wir Ihnen für weitere Rückfragen unter customs@deloitte.de zur Verfügung.

Fundstelle

Mitteilung der Europäischen Kommission vom 11.04.2013, 2013/C 105/01

Ihre Ansprechpartner

Katrin Anderskewitz

kanderskewitz@deloitte.de
Tel.: +49 40 32080 4958

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kanderskewitz@deloitte.de
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