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20.02.2018
Internationales Steuerrecht

US-Steuerreform: Neuregelungen mit Fokus auf US Versicherungsunternehmen

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 Die zum 01.01.2018 in Kraft getretene US-Steuerreform führt zu steuerlichen Neuregelungen speziell im Bereich der US-Versicherungswirtschaft und kann unter Umständen auch Auswirkungen auf das Investitionsverhalten von Versicherungsunternehmen haben.

Einfluss der US-Steuerreform auf US-Versicherungsunternehmen

 Neben der allgemeinen Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 35% auf 21%, die Einführung einer 30%-igen Zinsschranke und die Abschaffung der „alternative minimum tax“ (AMT), die selbstverständlich auch massiven Einfluss auf die US-Versicherungswirtschaft haben, beinhaltet der „Tax Cuts and Jobs Act“ (TCJA) auch ganz spezielle Neuregelungen, die für die Versicherungswirtschaft in den USA gelten. Diese Neuregelungen haben nicht nur Einfluss auf die direkte Besteuerung von US-Versicherungsunternehmen, es kann auch erwartet werden, dass die Neuregelungen zu einem geänderten Investitionsverhalten von Versicherungsunternehmen führen werden.

Spezielle Neuregelungen für Versicherungsunternehmen

 An speziellen Neuregelungen für Versicherungsunternehmen sind inbesondere die folgenden Vorschriften anzusehen:

Deckungsrückstellung für Lebensversicherungen
Die steuerlich anerkannte Deckungsrückstellung für Lebensversicherungen wird auf 92,81% des versicherungsmathematischen Werts („actuarial value“) begrenzt. Sofern der Rückkaufswert einer Versicherung größer ist als der oben genannte Wert, ist dieser anzusetzen. Für bestimmte variable Lebensversicherungen/fondsgebundene Lebensversicherungen gelten Sonderregelungen. Gewinne, die sich aus einer Änderungen der Rückstellungsbewertung ergeben können über einen Zeitraum von 8 Jahren versteuert werden. Die Neuregelung soll über einen 10-Jahreszeitraum ca. USD 15,3 Mrd. an Steuermehreinnahmen bringen.

Aktivierung von Abschlusskosten („deferred acqusition costs“, DAC)
Versicherungsunternehmen, die Beitragseinnahmen aus bestimmten Arten von Versicherungsverträgen (vorwiegend Lebensversicherungen und sog. „non-qualified annuities“) erzielen, müssen nach US-GAAP Vorschriften bestimmte Abschlusskosten aktivieren und über einen gewissen Zeitraum abschreiben. Bislang waren diese Kosten über einen Zeitraum von 120 Monaten abzuschreiben und mit 1,75% (Rentenverträge/annuities), 2,05% (Gruppenlebensversicherungen) und 7,7% (Einzellebensversicherungen) anzusetzen. Die Neuregelung beinhaltet einen Abschreibungszeitraum von 180 Monaten und eine Erhöhung des Kapitalisierungsprozentsatzes auf 2,09% (Rentenverträge/annuities), 2,45% (Gruppenlebensversicherungen) und 9,2% (Einzellebensversicherungen). Für vor dem 01.01.2018 aktivierte Kosten gilt weiterhin ein Abschreibungszeitraum von 120 Monaten. Die Neuregelung soll Mehreinnahmen iHv. ca. USD 7,2 Mrd. über einen 10-Jahreszeitraum bringen.

Freibeträge für kleinere Lebensversicherungsunternehmen
Die bislang geltenden Freibetragsregelungen für Lebensversicherungsunternehmen mit weniger als USD 500 Mio. an verwaltetem Vermögen wird abgeschafft.

Verlustnutzungsregelung
Für US-Lebensversicherungen bestand bislang eine 3-jährige Verlustrücktragsmöglichkeit und ein 15-jähriger Verlustvortragszeitraum. Diese Sonderregelungen für Lebensversicherungsunternehmen werden abgeschafft und an die allgemeinen Verlustnutzungsregelungen angepasst. Danach gilt für alle Unternehmen (incl. Lebensversicherungsunternehmen) ein unbefristeter Verlustvortragszeitraum. Ein Verlustrücktrag ist nicht länger möglich, die jährliche Verlustnutzung ist auf 80% des zu versteuernden Einkommens beschränkt. Für Altverluste gelten die bislang geltenden Regelungen weiter. Für Versicherungsunternehmen außerhalb des Lebensversicherungsbereichs gelten die bislang bestehenden Regelungen mit einem 2-jährigen Verlustrücktragszeitraum, einem 20-jährigen Verlustvortragszeitraum und einer unbeschränkten jährlichen Nutzung dagegen weiter. Der Gesetzgeber trägt damit dem Umstand Rechnung, dass es im Bereich des Sachversicherungsgewerbes aufgrund von Naturkatastrophen zu erheblicher Volatilität kommen kann. Die unterschiedliche Behandlung von Verlustvorträgen im Lebensversicherungs-/Sachversicherungsbereich kann insbesondere bei konsolidierten Versicherungsunternehmen mit beiden Bereichen zu einer deutlich erhöhten Komplexität führen und kann die bereichsspezifische Erfassung von Verlusten erforderlich machen (Verluste in Bezug auf „life-insurance“,„non-life insurance“ und „general business activities“).

Gewinne im Zusammenhang mit der Neubewertung von Rückstellungen
Bislang konnten Gewinne aus der Neubewertung von Rückstellungen über einen 10-Jahreszeitraum verteilt werden (IRC Sec. 807(f)). In Zukunft werden die allgemeinen Regelungen Anwendung finden und eine Versteuerung über einen 1-Jahreszeitraum bzw. 4-Jahreszeitraum erforderlich machen. Die Neuregelung soll zu Mehreinnahmen von ca. USD 1,2 Mrd. über einen 10-Jahreszeitraum führen.

Steuerbefreiung für Dividendeneinnahmen
Für Lebensversicherungsunternehmen sind bestimmte steuerliche Vergünstigungen wie z.B. die teilweise Steuerbefreiung von Dividendeneinnahmen (sog. „dividends received deduction“, kurz DRD) nicht vollumfänglich anwendbar. Dies resultiert daraus, dass steuerbegünstigtes Einkommen nicht dazu verwendet werden soll, um steuerlich voll abzugsfähige Rückstellungen für Auszahlungen an Versicherungsnehmer zu bilden. Unter dem bislang bestehenden Regelungswerk wurde der Anteil an steuerbegünstigtem Dividendeneinkommen und voll steuerpflichtigem Einkommen nach komplexen Regelungen bestimmt. Der steuerbegünstigte Anteil war danach im Allgemeinen sehr groβzügig bemessen. Nach der nun geltenden Regelung wird der steuerbegünstigte Anteil pauschal mit 70% angesetzt. Dieselbe Regelung gilt für steuerbegünstigtes Zinseinkommen („tax exempt interest“ oder TEI). Diese Neuregelung wird zu einer signifikanten Vereinfachung des compliance Aufwands führen, die Folgen hängen dabei sehr von dem einzelnen Unternehmen ab. Zusammen mit der generellen Absenkung des DRD Prozentsatzes von 70% auf 50% (bzw. von 80% auf 65% für >20%-ige Beteiligungen) ergibt sich eine deutliche Absenkung des Vorteils der DRD für Lebensversicherungsunternehmen. Dies wird in Zukunft sicherlich auch deutliche Auswirkungen auf die Investmentpolitik von Lebensversicherungsunternehmen haben und sich auf die Zusammensetzung des jeweiligen Investmentportfolios auswirken. Die Neuregelung soll Mehreinnahmen iHv. ca. USD 600 Mio. bis zum Jahr 2027 erzielen.

Einführung von steuerlichen Mitteilungspflichten
Die Steuerreform zum 01.01.2018 führt zahlreiche neue steuerliche Mitteilungspflichten für sog. „reportable policy sales“ sowohl für den Erwerber als auch für das ausgebende Lebensversicherungsunternehmen ein. Es wird desweiteren klargestellt, dass die Anschaffungskosten für eine Versicherungspolice (Lebensversicherung bzw. Rentenversicherung) nicht um die Versicherungskosten gekürzt werden können. Die entsprechenden Mitteilungsprozesse insbesondere auf Seiten der Lebensversicherungsunternehmen müssen dazu zeitnah eingeführt werden.

Abzinsung von Drohverlustrückstellungen
Für Sachversicherungsunternehmen („property & casualty“) und Krankenversicherungsunternehmen beinhaltet die Steuerreform eine Änderung der Abzinsungsregelungen für Drohverlustrückstellungen. Während die steuerlichen Abzinsungsregelungen bislang auf den sog. „federal midterm interest rates“ beruhten und das dabei zugundeliegende Verlustrisiko entweder auf selbst ermittelten Werten oder auf von dem treasury department veröffentlichten Werten beruhte, beinhaltet die Neuregelung nun eine Bezugnahme auf einen deutlich erhöhten Abzinsugsfaktor basierend auf einer „corporate bond yield curve“. Eigenständig ermittelte Verlustrisiken können nicht länger zugrundegelegt werden. Sofern für bestimmte langfristige Risiken bislang ein Abzinsungszeitraum von 10 Jahren zugrundegelegt worden ist, wird nun ein 24-jähriger Zeitraum zugrunde gelegt. Bestehende Drohverlustrückstellungen zum 31.12.2017 müssen neu bewertet werden, dabei entstehende Gewinne können über einen Zeitraum von 8 Jahren verteilt werden. Die Neuregelung soll insgesamt zu Mehreinnahmen von USD 13,2 Mrd. bis zum Jahr 2027 führen.

Verlustkürzung bei Sachversicherungsunternehmen
Sachversicherungsunternehmen haben nach bislang geltender Rechtslage Verluste um einen Betrag von 15% der steuerbefreiten Zinseinnahmen und 15% des nicht steuerpflichtigen Teils der Dividendeneinnahmen zu kürzen. Dies führte basierend auf dem allgemeinen Körperschaftsteuersatz von 35% zu einer effektiven Steuerbelastung von 5,25%. Um die effektive Steuerbelastung bei dem nunmehr abgesenkten allgemeinen Körperschaftsteuersatz von 21% beizubehalten wurde die Kürzung von 15% auf 25% erhöht. Gleichzeitig wurde die Kürzung an den allgemeinen Steuersatz gekoppelt um zukünftige Änderungen automatisch abzubilden. Diese Änderung kann ebenfalls Auswirkungen auf die Investmentstrategie von Versicherungsunternehmen haben, da die Nachsteuerrendite von Dividendenerträgen und steuerbefreiten bonds deutlich zurückgeht. Die Neuregelung soll Mehreinnahmen iHv. USD 2,1 Mrd. über einen 10-Jahreszeitraum erbringen.

Einschränkung der Ausnahmeregelung für ausländische Versicherungsunternehmen von dem sog. „passive foreign investment company regime“ (kurz: „PFIC“)
Das „PFIC“ Besteuerungsregime in den USA dient dazu Gestaltungen entgegenzuwirken, bei denen US-Steuerpflichtige passives Einkommen über eine im (niedrig besteuerten) Ausland ansässige Gesellschaft erzielen. Das PFIC Regime dient dabei als Ergänzung zu den sog. „controlled foreing corporation“ oder „CFC“ Regelungen des US-Steuerrechts und verfolgt einen ähnlichen Zweck. Sofern eine ausländische Tochtergesellschaft in den Anwendungsbereich des PFIC Regimes fällt, werden Dividenden und Veräusserungsgewinne einer besonderen Besteuerung unterworfen und die Besteuerung im Endeffekt auf das höhere US Niveau heraufgeschleust (im Einzelfall kann es sogar noch höher als das allgemeine Besteuerungsniveau liegen). Eine Ausnahmeregelung gilt für ausländische Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der sog. „insurance exception“ fallen. Um unter diese Ausnahmeregelung zu fallen, wird durch den TCJA eine neue Voraussetzung eingeführt: die Verbindlichkeiten aus dem Versicherungsgeschäft („applicable insurance liabilities“) müssen mehr als 25% der auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesenen Wirtschaftsgüter betragen. Daneben wurden noch weitere Ausnahmemöglichkeiten eingeführt, auf die an dieser Stelle jedoch nicht näher eingegangen werden soll. Die Neueinführung der 25% Grenze kann für zahlreiche US-Versicherungsunternehmen die Folge haben, die Risikogewichtung und die Investmentstrategie in ausländischen Tochtergesellschaften neu aufzustellen.

Einfluss von allgemeinen Neuregelungen auf US-Versicherungsunternehmen

 Hervorgehoben werden sollen an dieser Stelle insbesondere zwei Regelungsbereiche, die zu Auswirkungen im Bereich der US-Versicherungswirtschaft führen können:

„Base Erosion and Anti-Abuse Tax”, BEAT
Durch das BEAT Konzept soll eine Minderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage einer US-Gesellschaft durch Zahlungen an im Ausland ansässige nahestehende Personen verhindert werden. Durch die BEAT Vorschriften erfasste Zahlungen werden dem zu versteuernden Einkommen in den USA in einer Art Alternativrechnung wieder hinzugerechnet und das so ermittelte Einkommen dann einer 5%-igen (bzw. in den Folgejahren 10% bzw. 12,5%-igen) Steuerbelastung unterworfen. Für Banken und Wertpapierhändler erhöhen sich diese Sätze um jeweils einen Prozentpunkt, dies kann unter Umständen auch für Lebensversicherungsunternehmen mit eigenen „broker-dealer“ Aktivitäten Anwendung finden. Für US-Versicherungsunternehmen kann diese Vorschrift insbesondere für Rückversicherungsprämien an ausländische Rückversicherer Auswirkungen haben. Bislang sind solche Zahlungen für US-Steuerzwecke als abzugsfähige Betriebsausgaben anzusehen (und unterliegen einer 1%-igen excise tax auf Bundesebene). Hier kann die BEAT Regelung dazu führen, dass solche Zahlungen in Zukunft zu einer erhöhten steuerlichen Belastung in den USA führen und de facto nicht länger als Betriebsausgabe qualifiziert (die 1%-ige excise tax Belastung besteht weiterhin und wurde nicht geändert). Daneben stellen sich im Rahem von BEAT eine ganze Reihe von Fragen, die bislang nicht geklärt und sind und bei denen weitere guidance des treasury departments bzw. des IRS erwartet wird. Hinzuweisen ist jedoch, dass die Zahlung von Versicherungsprämien (auch Rückversicherungsprämien) nicht unter die Ausnahmeregelung der sog. „services cost method“ nach IRC Sec. 482 fällt, ebenso enthält der TCJA die Regelung, dass bestimmte Versicherungsverträge nicht unter die Ausnahmeregelung für „derivatives“ fallen.

„Global intangible low taxed income“, GILTI
Durch die Einführung des sog. GILTI Regimes wird ausländisches Gruppeneinkommen, das eine gewisse Routinerendite übersteigt (sog. renditestarkes Einkommen), der US-Besteuerung unterworfen. Das renditestarke Einkommen der ausländischen Zwischengesellschaften (die Bestimmung erfolgt auf einer konsolidierten Betrachtungsweise) wird zu 50% (ab 2026 dann zu 62,5%) auf Ebene des US-Anteilseigners laufend besteuert. Ausländische Steuern können zu 80% angerechnet werden. Neben den allgemeinen Erwägungen, die unter dem GILTI Regime für alle Steuerpflichtigen branchenunabhängig gelten (Anrechenbarkeit der ausländischen Steuer, Verlustnutzung und GILTI Einkommen, sog. Expense allocation für GILTI Zwecke, etc.), kommt für Unternehmen im Bereich der Versicherungswirtschaft erschwerend hinzu, dass ausländische Gesellschaften kaum oder nur wenig Routinerendite vorweisen dürften (die Routinerendite wird auf Grundlage des sog. QBAI, des „qualified business asset investments“ berechnet), so dass das überwiegende Einkommen als GILTI Einkommen zu qualifizieren sein dürfte. Hinzuweisen ist auch, dass die „active finance or active insurance exception“ nach IRC Sec. 954(h) und (i) für subpart-F Zwecke nicht als Ausnahmevorschrift für Zwecke der GILTI Regelung anzusehen ist.

Zusammenfassung und Schlussbemerkung

 Der TCJA enthält eine ganze Reihe von Vorschriften, die ganz erhebliche Auswirkungen auf die Versicherungswirtschaft haben werden, dies gilt auch für captive Versicherungen. Insbesondere die Neubewertung der Deckungsrückstellung bei Lebensversicherungen und die Abzinsung von Drohverlustrückstellungen bei Sachversicherern hat deutliche Folgen. Im Bereich des internationalen Steuerrechts müssen die Auswirkungen von BEAT und GILTI genau analysiert werden, hier können speziell die Zahlung von (Rück-)Versicherungsprämien an ausländische (Rück-)Versicherer signifikant nachteilige steuerliche Folgen haben.

US-Steuerreform: Auswirkungen für die DACH-Region - Webcast

US-Steuerreform: Schwerpunkt Verrechnungspreise - Webcast

Alle Beiträge im Zusammenhang mit der US-Steuerreform

 

Ihr Ansprechpartner

Andreas Maywald
Client Service Executive | ICE – German Tax Desk

anmaywald@deloitte.com
Tel.: +1 212 436 7487

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