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06.02.2014
Private Einkommensteuer

BFH: Aufteilbarkeit der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer

Mit Beschluss vom 27.07.2015 hat der Große Senat die Vorlagefrage des BFH dahingehend beantwortet, dass der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers voraussetzt, dass der betreffende, büromäßig eingerichtete Raum, ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche oder berufliche Zwecke genutzt wird und somit ein durch Aufteilung und anteilige Berücksichtigung ermittelter Abzug von Aufwendungen für einen gemischt genutzten Raum ausscheidet.
Großer Senat des BFH, Beschluss vom 27.07.2015, GrS 1/14, siehe Deloitte Tax-News
anschließend: BFH, Urteil vom 16.02.2016, IX R 23/12, NV
                                                                                                                           
Vorlage des IX. Senats des BFH an den GrS:
Vorlage an den Großen Senat des BFH zu den Fragen, ob der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers die ausschließliche betriebliche/berufliche Nutzung des jeweiligen Raumes voraussetzt und ob die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer aufzuteilen sind (entsprechend den Grundsätzen des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 21.09.2009).

Sachverhalt

Der Kläger war Eigentümer zweier vermieteter Mehrfamilienhäuser, mit denen er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte. Für diese Einkunftsart machte er im Streitjahr 2006 Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in dem von ihm bewohnten Einfamilienhaus geltend, da das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit bilde. Das Finanzamt ließ die Aufwendungen nicht zum Abzug zu. Das FG gab der anschließenden Klage insoweit statt, als es die Aufwendungen für das Arbeitszimmer in Höhe der nachgewiesenen 60% berücksichtigte, obwohl der Kläger den Arbeitsraum nicht (nahezu) ausschließlich zur Einkünfteerzielung nutzte. Hiergegen richtet sich die Revision des Finanzamtes.
 

Entscheidung

Der BFH legt die Rechtsfragen, ob der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers die ausschließliche betriebliche/berufliche Nutzung des jeweiligen Raumes voraussetzt und ob die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer entsprechend den Grundsätzen des Beschlusses des Großen vom 21.09.2009 aufzuteilen sind, dem Großen Senat des BFH zur Entscheidung vor.
Der vorlegende Senat des BFH möchte die Rechtsfragen dahingehend entscheiden, dass das FG zu Recht die Kosten für das Arbeitszimmer in Höhe von 60% zum Abzug zugelassen habe.

Die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer können bis maximal 1.250 Euro pro Jahr geltend gemacht werden, wenn für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Stellt das Arbeitszimmer hingegen den Mittelpunkt der gesamten beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit dar, sind die Kosten unbeschränkt abzugsfähig.

Seitens der Rechtsprechung wurde bisher für den Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG zum Teil verlangt, dass dieses so gut wie ausschließlich beruflich genutzt wird (vgl. z. B. BFH, Urteil vom 29.11.2006) oder ausschließlich oder zumindest nahezu ausschließlich betrieblichen oder beruflichen Zwecken dient (vgl. z. B. BFH, Beschluss vom 19. Juli 2005). Dies wurde insbesondere damit begründet, dass zwischen dem privaten Wohnbereich und dem Arbeitszimmer eine klare Abgrenzung gegeben sein müsse (vgl. BFH, Urteil vom 29.11.2006). Die Finanzverwaltung setzt für die Qualifikation eines Raumes als häusliches Arbeitszimmer eine (nahezu) ausschließliche betriebliche/berufliche Nutzung voraus. Lediglich eine untergeordnete private Mitbenutzung soll unschädlich sein (vgl. BMF, Schreiben vom 02.03.2011).

Nach Auffassung des vorlegenden Senats des BFH setzt der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers jedoch die (nahezu) ausschließliche betriebliche/berufliche Nutzung des jeweiligen Raumes nicht voraus. Eine entsprechende Einschränkung sei dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen. Wolle man den Begriff des Arbeitszimmers auf ausschließlich steuerbar genutzte Räume reduzieren, würde die Abzugsbeschränkung in Höhe von 1.250 Euro für in einer häuslichen Umgebung liegende Räume, die (in zeitlicher Hinsicht) nur teilweise steuerbar genutzt werden, nicht greifen.

Die Rechtsprechung des Großen Senats, wonach für Aufwendungen, die sowohl beruflich/betriebliche als auch privat veranlasste Teile enthalten (gemischte Aufwendungen), kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot normiert ist, sei auch auf das häusliche Arbeitszimmer anwendbar. Es handele sich um gemischte Aufwendungen, da in Gestalt des häuslichen Arbeitszimmers private Lebensführung (Häuslichkeit der Wohnung) und steuerbare Tätigkeit (Arbeiten) zusammentreffen.
 

Betroffene Norm

§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG
Streitjahr 2006
 

Vorinstanz

Finanzgericht Niedersachsen, Urteil vom 24.04.2012, 8 K 254/11, EFG 2012, S. 2100
 

Fundstellen

BFH, Urteil vom 16.02.2016, IX R 23/12, NV
Großer Senat des BFH, Beschluss vom 27.07.2015, GrS 1/14,  siehe Deloitte Tax-News
BFH, PM vom 27.01.2016
BFH, Beschluss vom 21.11.2013, IX R 23/12

Weitere Fundstellen

BFH, Beschluss vom 21.09.2009, GrS 1/06, BStBl II 2010, S. 672, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Beschluss vom 19.07.2005, VI B 175/04
BFH, Urteil vom 29.11.2006, VI R 3/04, BFHE 216, S. 163
BMF, Schreiben vom 02.03.2011, IV C 6 – S 2145/07/10002, BStBl I 2011, S. 195, siehe Deloitte Tax-News
 

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