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08.07.2014
Private Einkommensteuer

BFH: Winterdienst als haushaltsnahe Dienstleistung und Hausanschluss als steuerbegünstigte Handwerkerleistung

Der BFH hat in zwei Urteilen Aussagen zu haushaltsnahen Dienstleistungen und steuerbegünstigten Handwerkerleistungen gemacht:
Die Inanspruchnahme von Diensten (z.B. Winterdienst), die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem (öffentlichem) Grund erbracht werden, kann als haushaltsnahe Dienstleistung nach § 35a EStG begünstigt sein (entgegen BMF-Schreiben vom 10.01.2014). Entsprechendes gilt bei der Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für einen Anschluss an das öffentliche Versorgungsnetz.

Sachverhalt

BFH-Urteil vom 20.03.2014, VI R 55/12
Die Kläger beauftragten ein Unternehmen mit der Schneeräumung auf einem öffentlichen Gehweg entlang des von ihnen bewohnten Grundstücks. Die dafür entstandenen Kosten machten sie in ihrer Einkommensteuererklärung als Aufwendungen für die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen geltend. Das Finanzamt gewährte die beantragte Steuerermäßigung nicht. Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt.

BFH-Urteil vom 20.03.2014, VI R 56/12
Die Kläger erwarben im Dezember 2001 ein Grundstück und errichteten 2002 darauf ein Haus für eigene Wohnzwecke. Zunächst wurde das Haus durch einen Brunnen mit Trinkwasser versorgt, das Abwasser wurde über eine Grube entsorgt. 2005 wurde das Haus dann an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen. Die Kosten für diesen Hausanschluss machten die Kläger als Handwerkerleistung geltend. Während das Finanzamt die beantragte Steuerermäßigung nicht gewährte, gab das FG der dagegen erhobenen Klage statt.

Entscheidungen

BFH-Urteil vom 20.03.2014, VI R 55/12
Das FG habe zu Recht entschieden, dass den Klägern für die streitigen Kosten für den Winterdienst (Schneebeseitigung) die Steuerermäßigung nach § 35a EStG zu gewähren sei.

Die Inanspruchnahme von Diensten, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem (öffentlichem) Grund erbracht werden, könne als haushaltsnahe Dienstleistung begünstigt sein. Es müsse sich dabei jedoch um Tätigkeiten handeln, die ansonsten üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht und in unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen. Davon sei insbesondere dann auszugehen, wenn der Steuerpflichtige als Eigentümer oder Mieter zur Reinigung und Schneeräumung von öffentlichen Straßen und (Geh)Wegen verpflichtet sei.

BFH-Urteil vom 20.03.2014, VI R 56/12
Auch in diesem Fall habe das FG zu Recht entschieden, dass den Klägern für die Kosten für den Haus(wasser)anschluss die Steuerermäßigung nach § 35a EStG zu gewähren sei.

Die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem (öffentlichem) Grund erbracht werden, könne begünstigt sein. Es müsse sich dabei jedoch um Tätigkeiten handeln, die in unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen. Davon sei insbesondere dann auszugehen, wenn der Haushalt des Steuerpflichtigen an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen werde.

Bei Hausanschlüssen handele es sich zwar (auch insoweit als die Anschlussleitungen innerhalb des Privatgrundstücks des Anschlussnehmers verlaufen) um Betriebsanlagen des Wasserversogungsunternehmens. Dennoch sei der Hausanschluss insgesamt und damit auch, soweit er im öffentlichen Straßenraum verlaufe, zum Haushalt zu zählen und damit als Handwerkerleistung begünstigt. Ein Hausanschluss stelle eine notwendige Voraussetzung eines Haushalts dar, da über ihn der Haushalt des Steuerpflichtigen mit den notwendigen Leistungen der Daseinsfürsorge für eine Haushaltsführung versorgt werde.

Betroffene Norm

§ 35a EStG
Streitjahr 2008 (VI R 55/12) und Streitjahr 2007 (VI R 56/12)

Anmerkung

BMF-Schreiben vom 09.11.2016
Das BMF hat sich mit Schreiben vom 09.11.2016 der Rechtsprechung des BFH in den oben dargestellten Urteilen angeschlossen (noch abweichend: BMF-Schreiben vom 10.01.2014). Die Steuerermäßigung nach § 35a EStG sei ausnahmsweise auch dann zu gewähren, wenn die Leistung jenseits der eigenen Grundstücksgrenzen und somit auf fremdem (öffentlichen) Grund erbracht werde. Allerdings müsse es sich um eine Leistung handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werde und diesem diene. Die Ansicht des BMF, ein derartiger Zusammenhang läge nur dann vor, wenn beide Grundstücke eine gemeinsame Grenze hätten oder dieser durch eine Grunddienstbarkeit vermittelt werde (Tz. 2), ist den vorliegenden BFH-Urteilen jedoch nicht zu entnehmen. Ferner müsste es sich um Tätigkeiten handeln, die gewöhnlich Mitglieder des privaten Haushalts erledigen und für die fremde Dritte beschäftigt werden oder für die eine Dienstleistungsagentur oder ein selbstständiger Dienstleister in Anspruch genommen werde.

Vorinstanzen

Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.08.2012, 13 K 13287/10, EFG 2013, S. 51 (zu VI R 55/12)
Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.08.2012, EFG 2012, S. 2208, 7 K 7310/10 (zu VI R 56/12)

Fundstellen

BFH, Urteil vom 20.03.2014, VI R 55/12, BStBl. II 2014, S. 880
BFH, Urteil vom 20.03.2014, VI R 56/12, BStBl. II 2014, S. 882
Pressemitteilung Nr. 41/14 vom 11.06.2014

Weitere Fundstellen

BMF, Schreiben vom 10.01.2014, IV C 4-S 2296-b/07/0003:004, 2014/0023765, BStBl I 2014, S. 75
BMF, Schreiben vom 09.11.2016, IV C 8-S 2296-b/07/1000 :008

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