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13.06.2012
Private Einkommensteuer

BFH: Zinsen und Nebenleistungen aus Grundschulden

Fließen einem Grundschuldgläubiger aus dem Versteigerungserlös eines Grundstückes Zinsen und Nebenleistungen zur Grundschuld zu, stellt der auf die Nebenleistung der Grundschuld entfallende Betrag kein Entgelt für eine Kapitalüberlassung dar und ist nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen steuerbar. Ob die Verwertung der Grundschuld im Wege der Zwangsvollstreckung als steuerbares privates Veräußerungsgeschäft (§ 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 EStG) angesehen werden kann, bleibt offen. Derjenige, dem der Versteigerungserlös als Ersatz für die Grundschuld zusteht, hat die Zinsen für die gesamte Laufzeit der Grundschuld als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern.

Sachverhalt

Der Kläger hatte eine grundschuldbesicherte Forderung erworben. Die Grundschuld erstreckte sich auf die Hauptforderung, auf 18 % Zinsen hierauf jährlich sowie auf eine einmalige Nebenleistung von 5 % der Hauptforderung. Auf Betreiben des Klägers wurde das Grundstück versteigert. Der Kläger vereinnahmte im Mai 2000 aus dem Versteigerungserlös zusätzlich zur Hauptforderung auch Zinsen für Nebenleistungen sowie Zinsen auf die gesamte Laufzeit. In seiner Einkommensteuererklärung für 2000 machte der Kläger zu diesem Vorgang keine Angaben. Er ging davon aus, dass es sich um ein nicht steuerbares Spekulationsgeschäft gehandelt habe. Nach einer Außenprüfung erhöhte das Finanzamt beim Kläger die Einnahmen aus Kapitalvermögen um die Zinsen für Nebenleistungen (18.800,00 DM) und die Zinsen auf die gesamte Laufzeit (380.324,00 DM). Nach erfolglosem Einspruchsverfahren begehrte der Kläger im Klageverfahren, die Einnahmen aus Kapitalvermögen um die Zinsen niedriger anzusetzen, die auf die Zeit vor Abtretung der Grundschuld entfielen (220.336 DM). Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen.

Entscheidung

Die Nebenleistung in Höhe von 5 % der Hauptforderung ist nicht steuerbar. Die Zinsen sind für die gesamte Laufzeit der Grundschuld sind als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern.

Als Einnahmen aus Kapitalvermögen sind alle Vermögensmehrungen zu erfassen, die sich wirtschaftlich betrachtet als Entgelt für die Kapitalnutzung darstellen (vgl. z.B. Senatsurteile vom 02.03.1993 und 14.06.1994). Zinsen aus Grundschulden gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen die (§ 20 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Die Grundschuld - anders als die Hypothek - ist nicht vom Bestand einer Forderung abhängig; ihr liegt nicht notwendig ein Kapitalnutzungsverhältnis zugrunde. Zinsen und Nebenleistungen i.S. von § 1191 Abs. 2 BGB sind inhaltliche Ausgestaltungen des dinglichen Rechts, wobei lediglich die sog. Zinsen wegen ihrer ausdrücklichen Erwähnung in § 20 Abs. 1 Nr. 5 EStG der Besteuerung unterliegen, während die "bestimmte Geldsumme" (§ 1191 Abs. 1 BGB) und "andere Nebenleistungen" (§ 1191 Abs. 2 BGB) nicht erfasst sind. Der auf die Nebenleistung der Grundschuld entfallende Betrag ist kein Entgelt für eine Kapitalüberlassung und deshalb nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 5 EStG steuerbar. Ob die Verwertung der Grundschuld im Wege der Zwangsvollstreckung als steuerbares privates Veräußerungsgeschäft (§ 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 EStG) angesehen werden kann, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Der Zeitraum von einem Jahr in der auf den Streitfall anzuwendenden Fassung (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG) ist überschritten, da der Zeitraum zwischen der Anschaffung und Veräußerung der Grundschuld mehr als ein Jahr lag. Ein steuerbares Veräußerungsgeschäft liegt nicht vor. Der aus der Zwangsversteigerung als Nebenleistung dem Kläger zugeflossene Betrag in Höhe von 18.800 DM ist nicht steuerbar.

Die Zinsen aus der Grundschuld unterliegen der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Der für die persönliche steuerliche Zurechnung maßgebliche Anspruch auf den Versteigerungserlös entsteht erst mit dem Zuschlagsbeschluss. Der Kläger war im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf den Versteigerungserlös Inhaber der Grundschuld. Das FG hat zu Recht die Zinsen auch dem Kläger zugerechnet, die auf Zeiten vor Abtretung der Grundschuld an den Kläger entfallen.

Betroffene Norm

§ 20 Abs. 1 Nr. 5 EStG, § 22 Nr. 2 EStG, § 23 EStG
Streitjahr 2000

Vorinstanz

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 29.04.2009, 9 K 242/06, EFG 2009, S. 1379, siehe Deloitte Tax News

Fundstelle

BFH, Urteil vom 11.04.2012, VIII R 28/09, BStBl II 2012, S. 496

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 02.03.1993, VIII R 13/91, BStBl II 1993, S. 602
BFH, Urteil vom 14.06.1994, VIII R 14/93, BFH/NV 1995, S. 377

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