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15.06.2012
Private Einkommensteuer

BFH: Verlust aus Verfall eines K.O.-Zertifikats steuerlich nicht zu berücksichtigen

Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Der BFH hält es nicht für ernstlich zweifelhaft, dass der Verlust aus dem Verfall eines Knock-Out-Zertifikats steuerlich nicht berücksichtigt werden kann. Der BFH hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest. Bei einem Anleger, der von seinem Recht auf Differenzausgleich innerhalb der Jahresfrist Gebrauch macht, ist das Ergebnis steuerbar; subjektive Merkmale sind nicht zu prüfen. Kommt es dagegen innerhalb dieses Zeitraumes nicht zu einem Termingeschäft, so fällt umgekehrt die Tätigkeit des Steuerpflichtigen insgesamt in die nicht steuerbare Vermögenssphäre. Der Erwerb eines Zertifikats und die damit verbundenen Aufwendungen sind steuerrechtlich ohne Bedeutung, wenn der Erwerber sein Recht nicht innerhalb eines Jahres ausübt oder veräußert, sondern - aus welchen Gründen auch immer - verfallen lässt.
BFH, Beschluss vom 24.04.2012, IX B 154/10

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Sachverhalt FG

Der Antragsteller erzielte unter anderem Einkünfte aus Kapitalvermögen. Neben positiven Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften, die er weitgehend aus dem Verkauf von Zertifikaten erzielt hat, erklärte der Antragsteller auch einen Verlust aus dem Kauf von „Unlimited Turbo-Zertifikaten auf den Goldpreis in US-$“.

Der Antragsteller erwarb im Jahr 2006 die Zertifikate von einer Bank zu einem festgesetzten Kurs. Die Zertifikate gewährten bezogen auf Edelmetalle dem Anleger das Recht, von der Emittentin zu bestimmten Einlösungsterminen die Zahlung eines Einlösungsbetrages zu verlangen, um den der Kurs des dem Zertifikat zugrunde liegenden Edelmetalls am Bewertungstag den in den Zertifikatsbedingungen festgelegten Basiskurs überschreitet. Darüber hinaus galten die Zertifikate bei Eintritt eines Knock-Out-Ereignisses ohne weiteres Tätigwerden des Zertifikatsinhabers als eingelöst. In diesem Fall entfiel der in den Zertifikatsbedingungen verbriefte Anspruch und es wurde kein Einlösungsbetrag gezahlt. Die unbefristeten Zertifikate verbrieften weder einen Anspruch auf Zinszahlung noch auf Dividendenzahlung und warfen daher keine laufenden Erträge ab.

Eine Betriebsprüfung bei dem Antragsteller versagte die steuerliche Anerkennung des geltend gemachten Verlustes. Über den Einspruch wurde noch nicht entschieden. Der Antragsteller begehrt gerichtliche Aussetzung der Vollziehung.

Entscheidung

Das Hessische Finanzgericht gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung statt, da es ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids sah. Die Anschaffungskosten der Zertifikate sind nach Auffassung des Gerichts im Streitjahr gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 3 Satz 5 EStG (in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung) in Form vergeblicher Werbungskosten als Verlust aus einem Termingeschäft zu berücksichtigen. Das Hessische Finanzgericht stellt sich damit gegen die Rechtsprechung des BFH, wonach ein steuerlich zu berücksichtigender Verlust aus einem Optionsgeschäft nur dann eintritt, wenn der Zertifikatinhaber tatsächlich das erworbene Recht ausübt. Das bloße Verfallen-lassen einer Option führe dagegen nicht steuerlich relevanten Verlusten, da der Zertifikatinhaber nicht den Differenzausgleich erlangt habe. Das FG sah in der Anwendung dieser Rechtsprechung auf den Streitfall den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verletzt. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige – wie im Streitfall – hunderte gleichartiger Geschäfte tätige und die daraus resultierenden Gewinne versteuern müsse, ihm jedoch die Anerkennung eines Verlustes versagt werde, weil es – wenn auch infolge des hochriskanten Charakters des Geschäftes – durch den Eintritt des Knock-Out-Ereignisses nicht mehr zur Ausführung des Basisgeschäftes kam (und die Wertpapiere auch nicht mehr veräußerbar waren). Dies bedeute aufgrund des bei den Gewinneinkunftsarten geltenden Realisationsprinzips, dass der Verlust im Sinne von § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG (in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung) in dem Zeitpunkt realisiert wird, in dem der Eintritt des Knock-Out-Ereignisses zum Totalverlust des vom Antragstellers eingesetzten Kapitals führte.

Das Finanzgericht hat gegen seinen Beschluss die Beschwerde zum BFH zugelassen.

Betroffene Norm

§ 23 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 S. 5 EStG (in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung)

Fundstelle

Hessisches Finanzgericht, Beschluss vom 22.10.1010, 8 V 1268/10, EFG 2011, S. 448

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 19.12.2007, IX R 11/06, BStBl II 2008, S. 519
BFH, Urteil vom 09.10.2008, IX R 69/07, BFH/NV 2009, S. 152
BFH, Urteil vom 13.01.2010, IX B 119/09, BFH/NV 2010, S. 869

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