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07.03.2012
Unternehmensteuer

BFH: Einkünfte aus Kapitalvermögen aus einem als Eigenbetrieb geführten Betrieb gewerblicher Art

Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG gehört bei einem nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Betrieb gewerblicher Art (BgA) der nicht den Rücklagen zugeführte Gewinn.

Sachverhalt

Der Kläger, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, unterhält mit seinem Eigenbetrieb einen Betrieb gewerblicher Art (BgA). In seiner Anmeldung zur Kapitalertragsteuer für das Jahr 2002 wertete er den Bilanzgewinn 2001 sowie die Vorabausschüttungen des Jahresgewinns 2002 als kapitalertragsteuerpflichtig. Der Beklagte, das Finanzamt (FA), war hingegen der Auffassung auch eine vorgenommene Rückzahlung des Stammkapitals sei kapitalertragsteuerpflichtig. Das FA setzte mittels Änderungsbescheid die Kapitalertragsteuer für 2002 nachträglich neu fest. Darin wurde die Summe der Ausschüttungen aus der Vorabausschüttung 2002, der Bilanzgewinn 2001 und die Herabsetzung des Stammkapitals mit einbezogen. Mit seiner Klage vor dem Finanzgericht begehrte der Kläger die Herabsetzung der Kapitalertragsteuer, da nur die Vorabausschüttung des Jahresgewinns 2002 zu kapitalertragsteuerpflichtigen Einkünften führen würde. Die Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht hielt die Vorabausschüttung des Jahresgewinns 2002 und den Rückzahlungsanspruch für Kapitalertragsteuerpflichtig. Im Übrigen sei der Gewinn 2002 den Rücklagen zugeführt worden. Die Ausschüttung der übrigen Beträge führe nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen.

Gegen das Urteil hatte das FA Revision eingelegt. Zu Unrecht seien der Bilanzgewinn 2001 und die Herabsetzung des Stammkapitals nicht in die Bemessungsgrundlage der Kapitalertragsteuer mit einbezogen worden.

Entscheidung

Der BFH hält die Revision für begründet. Das Urteil des Finanzgerichts wurde aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Die Auflösung von Rücklagen zu Zwecken außerhalb des BgA führt zu Einkünften aus Kapitalvermögen der Trägerkörperschaft. Die Annahme, der Gewinn des BgA und die Einkünfte aus Kapitalvermögen würden gleichzeitig erzielt, gilt nicht für einen nach den Eigenbetriebsgesetzen der Länder geführten BgA (Abgrenzung zum BFH-Urteil v. 11.07.2007, BStBl. II 2007, 841). Die Trägerkörperschaft muss - bei kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr - erstmals in 2002 (fiktiv) zugeflossene Gewinne ihrer BgA als Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuern. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei rechtlich unselbständigen BgA den erzielten Gewinn gänzlich als Einkünfte aus Kapitalvermögen freistellen wollte. Soweit sich die Ausführungen im Senatsurteil vom 11.07.2007, I R 105/05 (BFHE 218, S. 327, BStBl II 2007, S. 841) zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Tatbestands des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG unterschiedslos auf alle BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit beziehen, hält der Senat des BFH daran nicht fest.

Gewinne eines als Eigenbetrieb geführten BgA, deren Überführung in den allgemeinen Haushalt noch nicht beschlossen wurde und die auch nicht ohne einen entsprechenden Beschluss tatsächlich an die Trägerkörperschaft zur allgemeinen Verwendung geleistet wurden (verdeckte Gewinnausschüttung), führen noch nicht zu Einkünften i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002, sondern gelten als den Rücklagen zugeführt. Der BFH folgt der Ansicht der Verwaltung hinsichtlich der Behandlung von Eigenbetrieben nicht, soweit die Verwaltung (BMF-Schreiben v. 30.06.2005, BStBl I 2005, S. 831) die Bildung von Rücklagen, in Abkehr von ihrer bisherigen Auffassung (BMF-Schreiben v. 11.09.2002, BStBl I 2002, S. 935), nur zulassen will, wenn die Zwecke des BgA ohne die Rücklagenbildung nachhaltig nicht erfüllt werden können.

In die Verwendungsrechnung des § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG 2002 sind, von Kapitalherabsetzungen abgesehen, sämtliche Transferleistungen des Eigenbetriebs an seine Trägerkörperschaft einzubeziehen, die nicht auf der Grundlage eines steuerlich anzuerkennenden (fiktiven) gegenseitigen Vertrages erbracht werden. Allein der Ausschüttungsbeschluss führt zu einem Abfluss der entsprechenden Leistung beim BgA und damit zu einer Minderung des steuerlichen Einlagekontos.

Der Kapitalertragsteuer werden sachverhaltsbezogen nur einzelne Einkünfte unterworfen. Das Finanzgericht kann daher nicht im Wege einer Saldierung einen in einem Kapitalertragsteuerbescheid nicht enthaltenen Sachverhalt erfassen. Bei Zusammenfassungen mehrere Zahlungen in einer Kapitalertragsteueranmeldung oder in einem Nachforderungsbescheid handelt es sich um einen sog. Sammelbescheid; es liegen mehrere Streitgegenstände vor. Dies gilt auch, wenn der Bescheid mit "Zeitraum 2002" bezeichnet ist und die Vorgänge einzeln bezeichnet werden.

Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG gehören bei einem nicht von der Körperschaftsteuer befreiten BgA der nicht den Rücklagen zugeführte Gewinn. Die Auflösung der Rücklagen zu Zwecken außerhalb des BgA führt entsprechend auch zu einem Gewinn in diesem Sinne. Der BFH entschied daher in diesem Streitfall, dass die Ausschüttung des Bilanzgewinns eines BgA zu Einkünften aus Kapitalvermögen gehört und daher der Kapitalertragsteuer unterliegt. In welcher Höhe steuerpflichtige Einkünfte erzielt wurden, hängt aber auch von den Beständen des steuerlichen Einlagekontos des BgA ab, die das Finanzgericht nun im zweiten Rechtsgang festzustellen hat.

Vorinstanz

Hessisches Finanzgericht, Urteil vom. 07.10.2009, 4 K 3240/06, EFG 2010, S. 1319

Fundstelle

BFH, Urteil vom 16.11.2011, I R 108/09

Ansprechpartner

Andrea Kochenbach | München

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