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28.07.2017
Unternehmensteuer

BFH: Ertragszuschuss als organschaftliche Mehrabführung

Gewährt die Organträgerin ihrer Organgesellschaft einen Ertragszuschuss führt dies zu einer verdeckten Einlage, die das steuerliche Einlagekonto bei der Organgesellschaft erhöht. Der Rückfluss des Ertragszuschusses an den Organträger über die organschaftliche Gewinnabführung ist als organschaftliche Mehrabführung zu qualifizieren (entgegen BMF-Schreiben vom 15.07.2013). Das steuerliche Einlagekonto ist entsprechend zu mindern.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, hat mit ihrer Gesellschafterin, der B-GmbH, in 2002 einen Gewinnabführungsvertrag geschlossen, wonach ihr gesamtes Jahresergebnis der B-GmbH als Organträgerin zufließen soll. Die B-GmbH zahlte der Klägerin einen (nicht rückzahlbaren) Ertragszuschuss, welchen diese in ihrer Handelsbilanz als Ertrag verbuchte. Das FG nahm eine organschaftliche Mehrabführung an.

Entscheidung

Das FG sei zu Recht davon ausgegangen, dass sich das steuerliche Einlagekonto der Klägerin durch den von der B-GmbH gewährten Ertragszuschuss zunächst erhöht, aber dann aufgrund einer Mehrabführung i.S.d. § 27 Abs. 6 KStG entsprechend gemindert habe.

Nach Auffassung des BFH stelle der (nicht rückzahlbare) Ertragszuschuss eine verdeckte Einlage dar und führe zu einer Erhöhung des steuerlichen Einlagekontos bei der Klägerin als Organgesellschaft nach § 27 Abs. 1 S. 1 KStG. Eine verdeckte Einlage sei die Zuwendung eines bilanzierbaren Vermögensvorteils aus gesellschaftsrechtlichen Gründen ohne Entgelt in Gestalt von Gesellschaftsrechten (vgl. BFH-Urteil vom 27.05.2009). Die B-GmbH habe der Klägerin im Streitfall Eigenkapital in Gestalt eines nicht rückzahlbaren Zuschusses zugeführt, der als verdeckte Einlage zu behandeln sei. Unerheblich sei, dass die verdeckte Einlage wegen des sofortigen Rückflusses des Ertragszuschusses an die B-GmbH über die organschaftliche Gewinnabführung wieder rückgängig gemacht worden sei.

Das steuerliche Einlagekonto der Klägerin habe sich jedoch aufgrund einer Mehrabführung i.S.d. § 27 Abs. 6 KStG gemindert.

Was unter einer sog. organschaftlichen Mehrabführung zu verstehen ist, ergebe sich allerdings nicht unmittelbar aus dem Gesetz. Nach der Rechtsprechung des BFH zur vororganschaftlichen Mehrabführung sei der handelsbilanzielle Jahresüberschuss als maßgebliche Vergleichsgröße zu den Ergebnissen der Organgesellschaft gemäß Steuerbilanz in Bezug zu setzen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 06.06.2013 und 27.11.2013).
Ob von einer (organschaftlichen) Mehr- oder Minderabführung auszugehen ist, sei am Grundanliegen des Gesetzgebers auszurichten, die Einmalbesteuerung der organschaftlichen Erträge beim Organträger sicherzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 29.08.2012). Dieses Anliegen werde trotz Abweichung zwischen abgeführtem Gewinn und Steuerbilanzgewinn nicht berührt, wenn die steuerliche Einkommenszurechnung nicht von der handelsrechtlichen Gewinnabführung abweicht, d.h. die Abweichung zur Handelsbilanz lediglich aufgrund der Technik der Einkommensermittlung entstehe. Hiervon ausgehend seien im Streitfall die Voraussetzungen einer organschaftlichen Mehrabführung gegeben.

Verdeckte Einlagen und damit auch ein Ertragszuschuss seien steuerrechtlich bei der Organträgerin als nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung zu behandeln und als solche zu aktivieren (vgl. BFH-Urteile vom 24.07.1996 und 27.04.2000). Der tatsächliche Wert der Beteiligung bleibe jedoch unverändert. Demzufolge sei bei einer Veräußerung der Beteiligung durch die Organträgerin der Veräußerungsgewinn um den geleisteten Ertragszuschuss zu mindern. Die Systematik der Organschaft bedinge daher, dass bei Vorliegen eines Sachverhalts wie im Streitfall von einer organschaftlichen Mehrabführung auszugehen sei (entgegen BMF-Schreiben vom 15.07.2013).

Betroffene Norm

§ 27 Abs. 6 KStG
Streitjahr 2002

Anmerkung

Der BFH lässt ausdrücklich offen, ob der handelsrechtliche Ertrag aus der Zahlung des Ertragszuschusses innerhalb der Steuerbilanz zu korrigieren sei und sich hieraus eine handelsbilanzielle Mehrabführung ergebe. Denn auch wenn man – mit der h.M. in der Literatur – davon ausgehe, dass der Ertragszuschuss als verdeckte Einlage erst auf der zweiten Stufe der Gewinnermittlung das Einkommen mindere, seien die Voraussetzungen einer Mehrabführung zu bejahen. Entscheidend sei nämlich nur, dass eine Einmalbesteuerung der organschaftlichen Erträge sichergestellt werde.

Abzuwarten bleibt, ob die Finanzverwaltung ihre im BMF-Schreiben vom 15.07.2013 vertretene Auffassung ändern und das BFH-Urteil anwenden wird.

Vorinstanz

Finanzgericht München, Urteil vom 13.08.2015, 6 K 39/13, EFG 2015, S. 1974

Fundstelle

BFH, Urteil vom 15.03.2017, I R 67/15

Weitere Fundstellen

BMF, Schreiben vom 15.07.2013, BStBl 2013, S. 921
BFH, Urteil vom 24.07.1996, I R 41/93, BStBl II 1996, S. 614
BFH, Urteil vom 27.04.2000, I R 58/99, BStBl II 2001, S. 168
BFH, Urteil vom 27.05.2009, I R 53/08, BFHE 226, S. 500, siehe Deloitte Tax-News 
BFH, Urteil vom 29.08.2012, I R 65/11, BStBl II 2013, S. 555, siehe Deloitte Tax-News 
BFH, Beschluss vom 06.06.2013, I R 38/11, BStBl II 2014, S. 398
BFH, Beschluss vom 27.11.2013, I R 36/13, BStBl II 2014, S. 651, siehe Deloitte Tax-News 

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