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19.03.2015
Unternehmensteuer

BFH: EuGH-Vorlage zur Steuerermäßigung bei mit ausländischer Erbschaftsteuer belastetem Vorerwerb

Mit Urteil vom 27.09.2016 hat der BFH entschieden, dass bei einem nach ausländischem Recht besteuerten Vorerwerb für einen nachfolgenden Erwerb desselben Vermögens von Todes wegen keine Steuerermäßigung nach § 27 ErbStG zu gewähren ist.
BFH, Urteil vom 27.09.2016, II R 37/13, siehe Deloitte Tax-News 
                                                                                                             

EuGH-Vorlage
Der BFH legt dem EuGH die Frage vor, ob die Kapitalverkehrsfreiheit nach EU-Recht der nationalen Steuerermäßigungsvorschrift nach § 27 ErbStG entgegensteht. Danach ist eine Ermäßigung der Erbschaftsteuer nur dann zu gewähren, wenn für einen Vorerwerb desselben Vermögens bereits Erbschaftsteuer in Deutschland festgesetzt wurde, während eine Steuerermäßigung ausscheidet, wenn für den Vorerwerb Erbschaftsteuer in einem anderen Mitgliedstaat erhoben wurde.

Sachverhalt

Der in Deutschland wohnhafte Kläger ist Alleinerbe seiner verstorbenen Mutter (M). Zuvor wurde M durch deren Tochter (T) beerbt, mit der sie bis zu deren Tod in Österreich lebte. Der Nachlass der T wurde erst nach dem Tod der M verteilt. Somit erhielt der Kläger als Erbe der M, auch deren Anteil am Nachlass der T. Für diesen Teil des Erwerbs wurde in Österreich Erbschaftsteuer festgesetzt und vom Kläger bezahlt.

Der Kläger machte in der Erbschaftsteuererklärung für seinen Erwerb nach M die österreichische Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit geltend und beantragte wegen des mehrfachen Erwerbs desselben Vermögens durch Personen der Steuerklasse I eine Steuerermäßigung nach § 27 ErbStG. Das Finanzamt zog zwar die österreichische Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit vom Erwerb ab, lehnte aber die Berücksichtigung der Steuerermäßigung ab. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Entscheidung

Der BFH legt dem EuGH die Frage vor, ob die Kapitalverkehrsfreiheit nach EU-Recht der nationalen Steuerermäßigungsvorschrift nach § 27 ErbStG entgegensteht.

Nach dieser Vorschrift sei eine Steuerermäßigung dann zu gewähren, wenn Personen der Steuerklasse I von Todes wegen Vermögen anfällt, das in den letzten zehn Jahren vor dem Erwerb bereits von Personen dieser Steuerklasse erworben worden ist und für das nach diesem Gesetz eine Steuer zu erheben war. Sie erfasse damit nur Fälle, in denen für den Vorerwerb Erbschaftsteuer nach dem in Deutschland geltenden ErbStG festzusetzen war. Die für den Vorerwerb der M in Österreich erhobene Erbschaftsteuer rechtfertige daher keine Steuerermäßigung für den nachfolgenden, in Deutschland steuerpflichtigen Erwerb des Klägers.

Jedoch könne sich der Kläger möglicherweise mit Erfolg unmittelbar auf die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 Abs. 1 AEUV i.V.m. Art. 65 AEUV berufen. Wegen des Erwerbs von Auslandsvermögen dürfe die Erbschaft des Klägers nicht als rein innerstaatlicher Vorgang anzusehen sein und deshalb unter die Bestimmungen über den Kapitalverkehr fallen.

Fraglich sei, ob § 27 Abs. 1 ErbStG eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstelle. Grundsätzlich liege eine verbotene Beschränkung des freien Kapitalverkehrs vor, wenn die Gewährung von Steuervergünstigungen auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer davon abhängig gemacht werde, dass der von Todes wegen erworbene Vermögensgegenstand im Inland belegen ist. § 27 ErbStG habe zur Folge, dass ein Nachlass, der ein in einem anderen Mitgliedstaat befindliches, vom Erblasser selbst von Todes wegen erworbenes und in dem anderen Mitgliedstaat der Erbschaftsteuer unterworfenes Vermögen umfasst, in Deutschland einer höheren Erbschaftsteuer unterliege, als dies der Fall wäre, wenn das den Nachlass bildende Vermögen ausschließlich aus Gegenständen bestünde, die schon in Deutschland erbschaftsteuerpflichtig waren. Der mehrfache Erwerb von Auslandsvermögen durch Personen der Steuerklasse I würde somit bei einem in Deutschland nicht besteuerten Vorerwerb erbschaftsteuerrechtlich schlechter gestellt als der mehrfache Erwerb von Auslandsvermögen bei einem in Deutschland besteuerten Vorerwerb oder als der mehrfache Erwerb von Inlandsvermögen.

Die Versagung der Steuerermäßigung nach § 27 Abs. 1 ErbStG mindere den Wert des Nachlasses, zu dem durch ausländische Erbschaftsteuer belastetes Vermögen gehört. Darin könne eine Beschränkung des Kapitalverkehrs liegen. Andererseits könne die Beschränkung des Kapitalverkehrs durch § 27 ErbStG aber auch gerechtfertigt sein, um die Kohärenz der steuerlichen Regelung zu wahren. Dieser Rechtfertigungsgrund setze voraus, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der betreffenden Steuerbegünstigung und dessen Ausgleich durch eine bestimmte steuerliche Belastung dargelegt werde.

Betroffene Norm

§ 27 ErbStG, Art. 63 Abs. 1 AEUV, Art. 65 AEUV

Vorinstanz
Hessisches Finanzgericht, Entscheidung vom 03.07.2013, 1 K 608/10

Fundstelle
BFH, Urteil vom 27.09.2016, II R 37/13, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 20.01.2015, II R 37/13

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