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16.05.2013
Unternehmensteuer

BFH: Gewerblicher Grundstückshandel bei Zwangsversteigerung

Die Drei-Objekt-Grenze für die Zuordnung zum gewerblichen Grundstückshandel oder zur privaten Vermögensverwaltung hat die Bedeutung eines Anscheinsbeweises und kann im Einzelfall durch den Nachweis eines atypischen Sachverhaltsverlaufs widerlegt werden. Persönliche oder finanzielle Beweggründe für die Veräußerung von Immobilien, wie z.B. die Ankündigung einer Zwangsversteigerung durch das Finanzamt, kommen dafür jedoch nicht in Betracht, da es sich hierbei regelmäßig um nachträgliche Ereignisse handelt, die keinen Hinweis darauf geben können, ob ohne Veräußerungsabsicht gekauft worden ist.

Sachverhalt

Der Kläger war Allein- und Miteigentümer mehrerer in den Jahren 1995 und 1997 erworbener Grundstücke. Wegen hoher Steuerschulden hatte das Finanzamt im Arrestwege diese Grundstücke mit Sicherungshypotheken belastet. Im Streitjahr 1998 kündigte das Finanzamt an, dass es die Verwertung der Sicherheiten einleiten werde. Zu einer Zwangsversteigerung der Objekte kam es aber nicht, da das Finanzamt dem Kläger einen freihändigen Verkauf der Grundstücke gestattete. Im weiteren Verlauf des Jahres veräußerte der Kläger die genannten Grundstücke.

Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass der Kläger bereits 1995 – bei Kauf der ersten Grundstücke – einen gewerblichen Grundstückshandel aufgenommen habe. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das FG war der Ansicht, die Grenze der privaten Vermögensverwaltung sei nicht überschritten worden. Der Kläger habe sich der Veräußerung der Grundstücke aufgrund der angedrohten Zwangsversteigerung nicht entziehen können.

Entscheidung

Das FG hat die Verkäufe der Grundstücke durch den Kläger zu Unrecht als private Vermögensverwaltung angesehen.

Die Unterscheidung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel erfolgt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung anhand der sog. „Drei-Objekt-Grenze“ (vgl. BFH-Urteil vom 17.12.2009). Danach kann von einem gewerblichen Grundstückshandel in der Regel ausgegangen werden, wenn innerhalb von etwa fünf Jahren, mehr als drei Objekte veräußert werden, da die äußeren Umstände dann den Schluss zulassen, dass es dem Steuerpflichtigen auf die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung ankommt.
Im Streitfall hat der Kläger 1998 sowohl zwei im Jahr 1995 als auch zwei im Jahr 1997 erworbene Grundstücke veräußert und damit die objektiven Voraussetzungen des gewerblichen Grundstückhandels erfüllt.

Der BFH ist entgegen dem FG der Ansicht, dass der Kläger bereits bei Erwerb der Grundstücke mit bedingter Veräußerungsabsicht handelte. Denn eine bedingte Vermietungsabsicht kann auch dann vorliegen, wenn die ursprüngliche Vermietungsabsicht aufgegeben und das Objekt aufgrund wichtiger und ungewollter Gründe verkauft wird. Die Anlässe oder Beweggründe – im Streitfall der Druck aus der Ankündigung der Zwangsversteigerung durch das Finanzamt – sagen im Allgemeinen nichts darüber aus, ob der Steuerpflichtige nicht auch aus anderen Gründen zum Verkauf bereit gewesen und insofern von Anfang an eine zumindest bedingte Veräußerungsabsicht gehabt habe.

Die Drei-Objekt-Grenze hat die Bedeutung eines Anscheinsbeweises, der den Schluss auf die innere Tatsache des Erwerbs des jeweiligen Grundstücks in bedingter Veräußerungsabsicht zulässt. Im Einzelfall kann die Geltung dieser Grenze jedoch durch den Nachweis eines atypischen Sachverhaltsverlaufs widerlegt werden, etwa durch Gestaltungen des Steuerpflichtigen, die in zeitlicher Nähe zum Erwerb stehen und eine Veräußerung innerhalb eines Zeitrahmens von etwa fünf Jahren erschweren oder unwirtschaftlich machen (vgl. BFH-Urteil vom 17.12.2009 und BFH-Beschluss vom 17.08.2011). Derartige Indizien wurden im Streitfall nicht festgestellt. Absichtserklärungen des Klägers und persönliche oder finanzielle Beweggründe der Veräußerung – im Streitfall die Vermeidung der Zwangsversteigerung – können die Geltung der Drei-Objekt-Grenze hingegen nicht erschüttern, da es sich hierbei regelmäßig um nachträgliche Ereignisse handelt, die keinen Hinweis darauf geben können, ob ohne bedingte Veräußerungsabsicht gekauft worden ist.

Betroffene Norm
§ 15 Abs. 2 EStG
Streitjahr 1998

Vorinstanz
Finanzgericht Münster, Urteil vom 11.03.2011, 14 K 991/05 G

Fundstelle
BFH, Urteil vom 27.09.2012, III R 19/11

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 17.12.2009, III R 101/06, BStBl II 2010, S. 541, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Beschluss vom 17.08.2011, X B 225/10, nicht amtlich veröffentlicht

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