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23.11.2012
Unternehmensteuer

BFH: Kein Übergang des Wertaufholungsgebots bei Verschmelzung

Die im Falle einer Verschmelzung anzusetzenden (fiktiven) Anschaffungskosten (§ 13 Abs. 1 UmwStG 2002) bilden die neue Bewertungsobergrenze für die Wertaufholungsverpflichtung (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 und 3 i.V.m: Nr. 1 S. 4 EStG 2002). Ein Rückgriff auf die historischen Anschaffungskosten der untergegangenen Beteiligung ist gesetzlich ausgeschlossen.

Sachverhalt
Zwischen der Klägerin (A-GmbH) und dem Finanzamt ist streitig, ob auf eine im Betriebsvermögen der Klägerin gehaltene Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (jetzt C-GmbH), die zuvor durch Verschmelzung (B-GmbH auf die C-GmbH) unter Fortführung der Buchwerte erworben worden war, eine Wertaufholung (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 i.V.m. Nr. 1 S. 4 EStG 2002) vorzunehmen ist, nachdem die ursprüngliche Beteiligung (an der B-GmbH) ausschüttungsbedingt in 1991 auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben worden war.

Das Finanzamt hatte nach einer Außenprüfung einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr (2003) erlassen, in welchem es aufgrund der Ergebnisentwicklung bei der C-GmbH die Beteiligung an dieser mit im Vergleich zum Vorjahr höheren Anschaffungskosten ansetzte. Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt. Es war der Auffassung, dass als Folge der Veräußerungsfiktion des § 13 Abs. 1 UmwStG 2002 eine Wertaufholungsverpflichtung nicht übergegangen sei.

Entscheidung
Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin nicht verpflichtet war, die Beteiligung an der C-GmbH zum 31.12.2003 mit verglichen zum Vorjahr höheren Anschaffungskosten anzusetzen.

Teilwertabschreibungen sind in den Folgejahren stets durch Zuschreibung bis zur Obergrenze der Anschaffungs- oder Herstellungskosten rückgängig zu machen, soweit der Steuerpflichtige nicht auch im jeweiligen Folgejahr einen niedrigeren Teilwert nachweisen kann (sog. steuerliches Wertaufholungsgebot; vgl. BFH-Urteil vom 24.04.2007). Das Wertaufholungsgebot (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 i.V.m. Nr. 1 S. 4 EStG 2002) erstreckt sich dabei auch auf Teilwertabschreibungen, die bereits vor Inkrafttreten dieser Regelung - hier dem Jahr 1991 - vorgenommen worden sind (BFH-Urteile vom 24.04.2007 und vom 25.02.2010). 

Die Anschaffungskosten der Beteiligung an der C-GmbH sind entgegen der Auffassung des FG nicht mit den historischen Anschaffungskosten der B-GmbH anzusetzen, sondern mit dem bei Verschmelzung der B-GmbH auf die C-GmbH fortgeführten Buchwert der hierfür hingegebenen Beteiligung an der B-GmbH zu bemessen. Denn Bewertungsobergrenze für Zuschreibungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 i.V.m. Nr. 2 S. 1 und 3 EStG 2002) sind grundsätzlich jeweils die Anschaffungs- oder Herstellungskosten desjenigen Wirtschaftsguts, um dessen Bewertung es geht. 

Nach § 13 Abs. 1 UmwStG 2002 gelten u.a. im Falle der Verschmelzung auf eine andere Körperschaft die Anteile an der übertragenden Kapitalgesellschaft, die zu einem Betriebsvermögen gehören, "als zum Buchwert veräußert und die an ihre Stelle tretenden Anteile als mit diesem Wert angeschafft". § 13 Abs. 1 UmwStG 2002 bestimmt damit im Wege einer Fiktion, mit welchem Wert die Anteile an der übertragenden Körperschaft als veräußert und mit welchem Wert die neuen Anteile als angeschafft gelten. Entgegen der Auffassung des FG existiert nach der Gesetzessystematik keine rechtlich fassbare "Wertaufholungsverpflichtung", die nach § 13 Abs. 1 UmwStG 2002 auf die im Zuge der Verschmelzung "neu" angeschafften Anteile übergehen könnte. Es gibt keinen Grund, Zuschreibungen von der gesetzlichen Fiktion von Anschaffungskosten in § 13 Abs. 1 UmwStG 2002 auszunehmen. Die im Falle einer Verschmelzung anzusetzenden (fiktiven) Anschaffungskosten bilden damit die "neue" Bewertungsobergrenze für die Wertaufholungsverpflichtung. Ein Rückgriff auf die "historischen" Anschaffungskosten der untergegangenen Beteiligung ist gesetzlich ausgeschlossen.

Betroffene Norm
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4; § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 EStG 2002; § 8 Abs. 1 KStG 2002; § 13 Abs. 1 UmwStG 2002
Streitjahr 2003

Vorinstanz
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 02.05.2011, 10 K 1483/09, EFG 2012, S. 222

Fundstelle
BFH, Urteil vom 11.07.2012, I R 47/11, nicht amtlich veröffentlicht

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 24.04.2007, I R 16/06, BStBl II 2007, S. 707
BFH, Urteil vom 25.02.2010, IV R 37/07, BStBl II 2010, S. 784, siehe Deloitte Tax-News

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