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15.10.2013
Unternehmensteuer

BFH: Keine gewerbesteuerliche Hinzurechnung beim echten Factoring

Wenn der Factor Forderungen endgültig erwirbt und so das Ausfallrisiko übernimmt, handelt es sich grundsätzlich um echtes Factoring. Infolge der Einordnung des echten Factoring als Forderungskauf fehlt es grundsätzlich an einer Schuld des Factoringkunden i.S. des § 8 Nr. 1 GewStG a.F. Das Recht des Factoringkunden Vorauszahlungen von nicht mehr als 100 % des Kaufpreises zu verlangen, macht das echte Factoring nicht zu einem Kreditgeschäft und begründet somit keine gewerbesteuerliche Dauerschuld.

Sachverhalt
Die Klägerin (KG) schloss mit einem Finanzdienstleistungsunternehmen (Factor) einen "Factoring-Vertrag", nach dem sie verpflichtet war, ab dem Streitjahr 1998 dem Factor sämtliche nach Vertragsschluss entstandenen Debitorenforderungen aus Warenlieferungen zum Kauf anzubieten. Der Factor führte ein sog. "Kontokorrentkonto", auf dem die Factoringgebühr, die Vorschussleistungen und die kontokorrentmäßigen "Sollzinsen" (zu Gunsten des Factors) belastet wurden.

In der Bilanz zum 31.12.1998 wies die KG unter den sonstigen Vermögensgegenständen Forderungen aus Factoring aus. Die Gewinn- und Verlustrechnung enthielt gewinnmindernd "Zinsen für kurzfristige Verbindlichkeiten an den Factor". Gewerbesteuerrechtlich erfasste die KG den Vorgang nicht. Das Finanzamt vertrat hingegen die Auffassung, dass es sich bei den aufgrund der Vorschussleistungen entstandenen Sollzinsen um Entgelte für Dauerschulden i.S. des § 8 Nr. 1 Alt. 2 GewStG a.F. handele.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Entscheidung
Die Revision ist begründet. Die Zinszahlungen sind nicht als Entgelte für Dauerschulden zu qualifizieren.

Zivilrechtlich unterscheidet man das echte Factoring, bei dem der Factor die Debitorenforderung seines Kunden endgültig, also inklusive aller Risiken kauft (Forderungskauf i.S. der §§ 433, 453 BGB) und das unechte Factoring, das ein Kreditgeschäft darstellt. Beide Ausgestaltungen weisen grundsätzlich den Finanzierungsaspekt als gemeinsamen Nenner auf (vgl. BFH-Urteil v. 11.10.2012).

Da der Factor im Streitfall die Debitorenforderungen der KG endgültig gekauft und damit das Delkredererisiko übernommen hat, liegt – wie vom FG zutreffend festgestellt – echtes Factoring vor. Nach § 8 Nr. 1 Alt. 2 GewStG a.F. werden bei der Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn (u.a.) die Hälfte der Entgelte für Dauerschulden wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Schuld i.S. des § 8 Nr. 1 GewStG a.F. ist eine Belastung des Vermögens, die als betrieblich veranlasste Verpflichtung gegenüber einem anderen rechtlich entstanden oder wirtschaftlich verursacht ist. Da das Risiko der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Forderungen (Bonitätsrisiko) auf den Factor übergeht, erwirbt der Factoringkunde (die KG) grundsätzlich eine Forderung und keine Schuld i.S. des § 8 Nr. 1 GewStG a.F. Etwas anderes käme nur dann in Betracht, wenn sich die vertragliche Gestaltung des Factoringgeschäft im Ergebnis als Kreditgewährung darstellte, was vorliegend nicht der Fall ist.

Das echte Factoring wird nicht dadurch zum Kreditgeschäft, dass der Factoringkunde Vorschüsse in Anspruch nehmen darf. Vorschussleistungen sind für echtes Factoring zwar nicht zwingend, aber typisch und bringen den Finanzierungszweck zum Ausdruck. Das Tatbestandsmerkmal "Schuld" i.S. des § 8 Nr. 1 GewStG a.F. knüpft an das zivilrechtliche Verständnis an. Bei Vorliegen eines echten Factorings ist der Vorschuss grundsätzlich eine Leistung auf den Kaufpreis, so dass kein Raum für die Annahme eines separat begründeten Schuldverhältnisses verbleibt. Dies wird durch die Fiktion in § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 2 GewStG n.F., nach der die Vorteile im Zusammenhang mit der Erfüllung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen vor Fälligkeit als Entgelte für Schulden fingiert, bestätigt, da diese Fiktion ansonsten unnötig wäre.

Betroffene Norm
§ 8 Nr. 1 GewStG a.F.
Streitjahr 1998

Vorinstanz
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 06.05.2010, 11 K 358/07, EFG 2010, S. 1911, siehe Deloitte Tax-News

Fundstelle
BFH, Urteil vom 06.06.2013, IV R 28/10, nicht amtlich veröffentlicht

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 11.10.2012, IV R 32/10

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