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07.10.2014
Unternehmensteuer

BFH: Maßgeblicher Zeitraum für Ansammlungsrückstellung

Auch für Ansammlungsrückstellungen ist das Stichtagsprinzip zu beachten. Ein neuer (verlängerter) Miet- oder Pachtvertrag über ein Grundstück, für das bereits eine Ansammlungsrückstellung gebildet wurde, führt zu einer Neuberechnung des Ansammlungszeitraums.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, nutzte für ihr Handelsunternehmen ein im Eigentum der X stehendes Betriebsgrundstück, für das sie für den Zeitraum 01.06.1984 bis 30.09.1991 zunächst einen Unterpachtvertrag mit der S-GmbH abgeschlossen hatte. Anschließend schloss sie ein direktes Pachtverhältnis mit X für den Zeitraum 01.10.1991 bis 30.09.2001 ab. 1996 wurde die Nutzungslaufzeit bis zum 30.09.2011 verlängert. Vor Ablauf dieses Zeitraums wurde der Pachtvertrag 2003 aufgehoben und ein neuer Mitvertrag mit einer festen Mietzeit bis zum 30.06.2018 abgeschlossen.

Die GmbH war nach allen Pachtverträgen dazu verpflichtet, die auf dem Betriebsgrundstück befindlichen Bauten zum Ende des (jeweiligen) Nutzungsverhältnisses zu beseitigen. Für die zu erwartenden Abbruchkosten bildete sie in ihren Jahresabschlüssen eine Rückstellung, die spätestens in ihrem Jahresabschluss 1996 in Höhe der vollen Abbruchkosten gebildet war.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Rückstellung aufgrund der Verlängerung des Miet- oder Pachtvertrages auf den Ansammlungszeitraum bis einschließlich Juni 2018 zu verteilen sei. Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt.

Entscheidung

Das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Ansammlungszeitraum für die Verpflichtung der Klägerin, die auf dem Betriebsgrundstück errichteten Gebäude zum 30.06.2018 zu beseitigen, am Bilanzstichtag des Streitjahres (31.12.2004) bereits abgelaufen sei.

Nach § 249 Abs. 1 S. 1 HGB sind Rückstellungen u.a. für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Die Vorschrift, die als Grundsatz ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) auch bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer sowie des Gewerbesteuermessbetrags zu beachten sei (§ 5 Abs. 1 S. 1 EStG 2002 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 2002 und § 7 S. 1 GewStG 2002), erfasse auch sog. echte Ansammlungsrückstellungen, deren Kennzeichen darin bestehe, dass der Rückstellungsbildung am Bilanzstichtag rechtlich bereits begründete Verbindlichkeiten zugrunde lägen, deren Entstehen aber bei wirtschaftlicher Betrachtung auch auf zukünftige Wirtschaftsjahre entfalle.

Nach der Rechtsprechung des BFHs sei bezüglich der Rechtslage bis einschließlich 1998 der Rückstellungsaufwand – ausgehend von den Preisverhältnissen des jeweiligen Bilanzstichtags (Stichtagsprinzip) – den Wirtschaftsjahren bis zur Erfüllung der Verbindlichkeit zuzuordnen und damit auch der Gewinn der Folgeperioden belastet (BFH Urteil vom 19.02.1975 und BFH Urteil vom 28.03.2000).

Dieses Stichtagsprinzip sei auch im Rahmen der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d (S.1) EStG 2002 – die nach § 52 Abs. 16 S. 12 EStG 2002 für vor dem 01.01.1999 gebildete Rückstellungen anzuwenden sei – zu beachten. Mit Rücksicht auf die Höhe der Rückstellung sei der Bilanzausweis jährlich an die Verhältnisse des Bilanzstichtages anzupassen und ggfs. der bisherige Ansatz zu korrigieren.

Die Regelung erachte nicht das einzelne Vertragsverhältnis, sondern die wirtschaftliche Entstehung der Verpflichtung als maßgeblich, sodass ausgeschlossen sei, den vollständigen Rückstellungsausweis (allein) auf den Umstand zu stützen, dass in der Vergangenheit ein Nutzungsverhältnis abgelaufen sei, nach dem der Nutzungsberechtigte zur Beseitigung der baulichen Anlagen verpflichtet war. Vielmehr sei, wenn das Nutzungsverhältnis – durch Verlängerung des bisherigen Vertrags oder durch Begründung eines neuen Rechtsverhältnisses – (wirtschaftlich) fortgesetzt und damit zugleich der Zeitpunkt der Erfüllung der Abbruchverpflichtung hinausgeschoben werde, der in diesem verlängerten Nutzungszeitraum unterhaltende laufende Betrieb des Nutzenden im wirtschaftlichen Sinne für das Entstehen der Abbruchverpflichtung ursächlich.

Bei der Bewertung der Ansammlungsrückstellung sei von dem am Bilanzstichtag maßgeblichen Erfüllungszeitpunkt (hier: 30.06.2018) auszugehen und demgemäß die gegenüber dem zuvor bestehenden Rechtsverhältnis (hier: Pachtvertrag) verlängerte Nutzungszeit der (abzubrechenden) Bauten in den Verteilungszeitraum der Rückstellung mit der Folge einzubeziehen, dass der (voraussichtlich anfallende) Abbruchaufwand auch den in diesem verlängerten Zeitraum getätigten Umsätzen (bzw. erwirtschafteten Erträgen) zugeordnet werde.

Betroffene Norm

§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d EStG 2002
Streitjahr 2004

Vorinstanz

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 10.05.2012, 6 K 108/10, EFG 2012, S. 1628; siehe Deloitte Tax-News

Fundstelle

BFH, Urteil vom 02.07.2014, I R 46/12

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 19.02.1975, I R 28/73, BFHE S. 115, 218, BStBl II 1975, S. 480
BFH, Urteil vom 28.03.2000, VIII R 13/99,, BFHE S. 191, 517, BStBl II 2000, S. 612

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