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21.04.2010
Private Einkommensteuer

BFH: Mehrfache Anwendung der 1 %-Regelung bei privater Kfz-Nutzung

Sachverhalt
Der Kläger erzielte in einer Einzelpraxis als Unternehmensberater Einkünfte aus selbständiger Arbeit. In den Streitjahren (2002 und 2003) hielt er durchgängig zwei, in einem Monat sogar drei Kraftfahrzeuge (Kfz) im Betriebsvermögen, die er auch privat nutzte. Der Kläger führte keine Fahrtenbücher. In den Einkommensteuererklärungen ermittelte der Kläger einen privaten Nutzungsanteil für nur jeweils ein Fahrzeug. Das Finanzamt setzte für alle Fahrzeuge des Klägers private Nutzungsanteile nach der 1%-Regelung an. Der Kläger machte hiergegen geltend, er könne nicht mehrere Fahrzeuge gleichzeitig privat nutzen. Eine Nutzung durch die Ehefrau oder andere Angehörige finde nicht statt. Das Finanzamt dürfe deshalb nach Tz. 9 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 21.01.2002 die 1%-Regelung nicht mehrmals, sondern nur einmal anwenden und müsse dabei das Fahrzeug mit dem höchsten Listenpreis zugrunde legen.

Entscheidung
Für die Bewertung der privaten Nutzung eines Kfz enthält § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG eine spezielle Bewertungsregel. Danach ist für jeden Kalendermonat 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen (sog. 1%-Regelung). Abweichend davon kann die private Nutzung mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen angesetzt werden, wenn die für das Kfz insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden (sog. Fahrtenbuchregelung). Da der Kläger keine Fahrtenbücher geführt hat, kommt für die Bewertung der Nutzungsentnahme im Streitfall nur die 1%-Regelung in Betracht.

§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist hierbei grundsätzlich auf jedes betriebliche Fahrzeug einzeln anzuwenden, das auch privat genutzt wird. Dafür spricht der Wortlaut der Vorschrift. Zwar regelt sie nicht ausdrücklich den Fall, dass mehrere Kfz in einem Betriebsvermögen auch privat genutzt werden. Sowohl die 1%-Regelung als auch die Fahrtenbuchregelung stellen aber ausdrücklich auf die Nutzung "eines" Kfz bzw. auf die für "das" Kfz entstehenden Aufwendungen ab. Den Regelungen liegt damit erkennbar eine fahrzeugbezogene Bewertung der Nutzungsentnahmen zugrunde, die es grundsätzlich gebietet, für jedes zum Betriebsvermögen zählende und auch privat genutzte Fahrzeug eine gesonderte Bewertung vorzunehmen. Diese Auslegung führt auch nicht zu vermeidbaren Härten. Zwar vervielfältigt die mehrfache Anwendung der 1%-Regelung den zu versteuernden privaten Nutzungsanteil ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Umfang der Privatnutzung. Das ist jedoch Folge der vom tatsächlichen Nutzungsumfang absehenden Konzeption der Typisierungsvorschrift und führt insbesondere nicht zur Verfassungswidrigkeit der typisierenden Ermittlung der privaten Nutzungsentnahme. Denn der Steuerpflichtige hat jederzeit die Möglichkeit, den privaten Nutzungsanteil den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend durch Führung eines Fahrtenbuchs zu ermitteln. Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter den Umständen des Streitfalles. Gehören mehrere Kfz zu einem Betriebsvermögen, ist § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG grundsätzlich auch dann fahrzeugbezogen anzuwenden, wenn feststeht, dass nur eine Person die Fahrzeuge auch privat genutzt hat.


Vorinstanz
Finanzgericht Münster, Urteil vom 29.04.2008, 6 K 2405/07 E, U, EFG 2008,  S. 1275, Zusammenfassung in den Deloitte Tax-News

Fundstellen
BFH, Urteil vom 09.03.2010, VIII R 24/08, BStBl II 2010, S. 903
BMF, Schreiben vom 21.01.2002, IV A 6 -S 2177- 1/02, BStBl I 2002, S. 148

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