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26.10.2012
Unternehmensteuer

BFH: Reinvestition aus gewerblichem Veräußerungsgewinn

Nicht der Gewerbesteuer unterliegende Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Gewerbebetriebs können, soweit sie auf begünstigte Wirtschaftsgüter entfallen, nach § 6b EStG auf Wirtschaftsgüter eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs übertragen werden.

Sachverhalt
Der Kläger erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb und daneben mit einem weiteren Betrieb Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. 1996 veräußerte der Kläger den Gewerbebetrieb und bildete in Höhe eines Teilbetrags eine Rücklage nach § 6b EStG, die er auf seinen landwirtschaftlichen Betrieb übertrug. Im Rahmen einer Außenprüfung wurde die Bildung und Übertragung einer Rücklage aus dem Gewerbebetrieb in den landwirtschaftlichen Betrieb versagt (§ 6b Abs. 4 S. 2 EStG) und stattdessen ein tarifbegünstigter Gewinn erfasst. Nach erfolglosem Einspruch gab das FG der erhobenen Klage statt.

Entscheidung
Das FG hat § 6b Abs. 4 S. 2 EStG im Ergebnis zu Recht dahingehend ausgelegt, dass vom dort verankerten Übertragungsverbot solche Gewinne, die aus der Veräußerung eines Gewerbebetriebs resultieren und nicht der Gewerbesteuer unterliegen, nicht erfasst werden.

Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass die Veräußerung des Gewerbebetriebs im Ganzen eine Betriebsveräußerung (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG) darstellt und der daraus resultierende Veräußerungsgewinn in vollem Umfang nicht der Gewerbesteuer unterfällt.

Steuerpflichtige, die ihren Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln, können bei der Veräußerung von Grund und Boden und Gebäuden im Wirtschaftsjahr der Veräußerung grundsätzlich eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage bilden und bis zur Höhe dieser Rücklage einen Betrag von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der in den folgenden vier Wirtschaftsjahren angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter abziehen (§ 6b Abs. 1 und Abs. 3 EStG). Der Abzug einer solchen Rücklage ist bei Wirtschaftsgütern, die zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehören oder der selbständigen Arbeit dienen, aber nicht zulässig, wenn der Gewinn bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern eines Gewerbebetriebs entstanden ist (§ 6b Abs. 4 S. 2 EStG).

Wann Gewinne "bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern eines Gewerbebetriebs" entstanden sind, ist durch Auslegung zu ermitteln. Der BFH geht insoweit im Ergebnis mit der einhelligen Meinung im Schrifttum davon aus, dass Gewinne, die aus der Veräußerung eines Gewerbebetriebs im Ganzen resultieren und nicht der Gewerbesteuer unterliegen, vom in § 6b Abs. 4 S. 2 EStG verankerten Übertragungsverbot nicht erfasst werden. Nach Auffassung des BFH spricht der Wortlaut des § 6b Abs. 4 S. 2 EStG eher dafür, dass nur die Veräußerung von Wirtschaftsgütern im Rahmen des laufenden (stehenden) Gewerbebetriebs gemeint ist und Gewinne aus der Veräußerung von begünstigten Wirtschaftsgütern, die anlässlich einer Betriebsveräußerung oder einer Betriebsaufgabe anfallen, nicht erfasst werden.

Die Regelung soll nach Ansicht des BFH nur verhindern, dass ein gewerblicher Veräußerungsgewinn endgültig der Gewerbesteuer entzogen wird. Da der bei der Veräußerung oder Aufgabe eines Gewerbebetriebs im Ganzen erzielte Gewinn nicht der Gewerbesteuer unterliegt, kann die Gewerbesteuer durch die Übertragung stiller Reserven auf Ersatzwirtschaftsgüter gemäß § 6b EStG nicht verloren gehen. Aus diesem Grund ist § 6b Abs. 4 S. 2 EStG abweichend von seinem Wortlaut dahingehend einengend auszulegen, dass Gewinne, die aus der Veräußerung eines Gewerbebetriebs resultieren und nicht der Gewerbesteuer unterliegen, vom Übertragungsverbot nach § 6b Abs. 4 S. 2 EStG nicht erfasst werden.

Betroffene Norm
§ 6b Abs. 1 und Abs. 3 EStG, § 6b Abs. 4 S. 2 EStG
Streitjahr 1996

Vorinstanz
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 03.06.2009, 4 K 12096/05, EFG 2009, S. 1638

Fundstelle
BFH, Urteil vom 30.08.2012, IV R 28/09, BStBl II 2012, S. 877

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