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19.02.2010
Unternehmensteuer

BFH: Rückabwicklung eines Anteilsverkaufs kann rückwirkendes Ereignis sein

Sachverhalt

Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 30.06.1997 veräußerte die Klägerin ihren GmbH-Geschäftsanteil mit Zustimmung der GmbH an die beiden übrigen Gesellschafter der GmbH. Das Gewinnbezugsrecht ging mit Wirkung vom Beurkundungstag an die Erwerber über. In 2003 erklärten die Parteien des Kaufvertrags den Rücktritt vom Vertrag. Die Beteiligten waren sich darüber einig, dass allen Vertragsparteien ein Rücktrittsrecht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zustand und erklärten wechselseitig den Rücktritt von dem Kaufvertrag. Nach § 17 Abs. 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war (im Streitjahr: Beteiligung von mehr als 25%). Strittig war, ob der vorliegend ermittelte Gewinn aufgrund des Rücktritts vom Kaufvertrag mit steuerrechtlicher Wirkung entfallen ist.

Entscheidung

Ein Ereignis wirkt auf den bereits entstandenen Steueranspruch zurück, wenn es sich materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung bezieht. Ist der Kaufpreis schon beglichen gilt dies, wenn der Kaufpreis aus Gründen zurückgewährt wird, die im Kaufvertrag selbst angelegt sind. Ob dies aufgrund einer auflösenden Bedingung oder infolge Fehlens oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage geschieht, ist unerheblich. Denn der erforderliche Anknüpfungspunkt liegt stets im Kaufvertrag und bezieht sich damit auf das Tatbestandsmerkmal der "Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft". 

Im Streitfall ist die vertragliche Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihren Mitgesellschaftern als Rückabwicklung des Anteilskaufvertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu sehen. Dabei gehören die steuerlichen Folgen eines Veräußerungsgeschäfts jedenfalls dann nicht in die alleinige Risikosphäre des Verkäufers, wenn die Vertragsparteien - wie hier - eine bestimmte steuerliche Lastenverteilung explizit zur Vertragsgrundlage gemacht haben. Zwar handelt es sich bei der vorliegend gewählten Klausel nicht um eine Steuerklausel im engeren Sinne, die den Vertrag bei einer bestimmten steuerrechtlichen Einordnung von vornherein entfallen lässt. Indes offenbart die vorliegende Vertragsbedingung eine Fehlvorstellung über die steuerrechtlichen Folgen, die durch den BFH erst nach Vertragsabschluss am 20.04.1999 (BStBl. II 1999, S. 698) geklärt wurden. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob das Rücktrittsbegehren wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage vor den Zivilgerichten erfolgreich gewesen wäre, wenn die Kaufvertragsparteien diesen Vertrag tatsächlich und vollständig wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage rückabwickeln und sich infolgedessen so stellen, als ob der Kaufvertrag nicht abgeschlossen worden wäre. Da sich die Vertragsparteien im Streitfall so verhalten haben, ist damit die "Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft" auch steuerrechtlich rückwirkend entfallen und es kommt nicht zu einer Besteuerung nach § 17 Abs. 1 EStG. Dementsprechend ist für das Streitjahr kein Veräußerungsgewinn anzusetzen.

Vorinstanz

Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 08.04.2009, 1 K 687/04.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 28.10.2009, IX R 17/09, BStBl Ii 2010, S. 539 

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