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13.02.2014
Unternehmensteuer

BFH: Steuerpflicht von Erstattungszinsen

Erstattungszinsen sind steuerbare Einnahmen aus Kapitalvermögen. Die gesetzliche Regelung (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG), die dies festschreibt verstößt – auch im Hinblick auf ihre rückwirkende Geltung – nicht gegen Verfassungsrecht. Erstattungszinsen sind keine außergewöhnlichen Einnahmen.

Sachverhalt

Die Kläger entrichteten im Jahr 1997 eine Einkommensteuernachzahlung, die auf den Gewinn aus der Veräußerung ihres Kommanditanteils an der K.KG zum 31.12.1995 entfiel. Im Streitjahr 2006 stellte sich der endgültige Ausfall der Kaufpreisforderung heraus. Das Finanzamt setzte Erstattungszinsen fest, die es bei den Einnahmen aus Kapitalvermögen berücksichtigte. Einspruch und Klage, mit der die Kläger eine ermäßigte Besteuerung der Erstattungszinsen als außergewöhnliche Einnahmen erreichen wollten, blieben ohne Erfolg.

Entscheidung

Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Erstattungszinsen als Einnahmen aus Kapitalvermögen im Streitjahr zu berücksichtigen waren und es sich nicht um außerordentliche Einkünfte handle.

Erstattungszinsen gehören gem. des klaren Wortlauts und des Gesetzeszwecks des § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 1, 3 EStG i.d.F. des JStG 2010, der für alle Fälle, in denen die Steuer im Zeitpunkt der Gesetzesänderung noch nicht bestandskräftig festgesetzt war, anzuwenden ist, zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Dem stehe das Abzugsverbot für Steuern und steuerliche Nebenleistungen gem. § 12 Nr. 3 EStG nicht entgegen.

Auch sei die Steuerpflicht von Erstattungszinsen bei gleichzeitigem Verbot des Abzugs von Nachzahlungszinsen nicht verfassungswidrig. Da es sich nicht um vergleichbare Sachverhalte handle, komme ein Verstoß gegen Art. 3 GG nicht in Betracht. Die mögliche – aber vom BFH verneinte – Verfassungswidrigkeit des § 12 Nr. 3 EStG könne (selbst bei ihrem Vorliegen) nicht auf den § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG durchschlagen.

Die Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 1, 3 EStG sei ferner, obwohl sie eine echte Rückwirkung entfaltet, nicht unzulässig. Es habe sich kein schutzwürdiges Vertrauen bilden können, da das Gesetz die Behandlung von Erstattungszinsen – auch für die Vergangenheit – so regelt, wie es bis zum BFH-Urteil vom 15.06.2010 der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung und der Praxis der Finanzverwaltung entsprochen habe. Abgesehen davon, dass die Erstattungszinsen den Klägern bereits vor der Rechtsprechungsänderung zugeflossen sind, spreche auch die kurze Zeit zwischen der Veröffentlichung des fraglichen Urteils (08.09.2010) und dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung durch das JStG 2010 (14.12.2010) gegen schützenswertes Vertrauen.

Schließlich seien die Erstattungszinsen keine außerordentlichen Einkünfte gem. § 34 Abs. 1, 2 EStG. Weder läge ein Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gem. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG vor noch seien die Erstattungszinsen eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit gem. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG. Die zwangsweise Überlassung von Kapital sei keine „Tätigkeit“ die vergütet würde. Zudem sei die Aufzählung gem. § 34 Abs. 2 EStG enumerativ, weshalb Zinsen, die keine Zinsen i.S.d. § 24 Nr. 3 EStG sind, nicht von der Vorschrift erfasst seien. Schließlich seien Zinseinkünfte wie die vorliegenden auch nicht „außergewöhnlich“. Der BFH schließt sich demnach – jedenfalls für Erstattungszinsen gem. § 233a AO – nicht den Stimmen in der Literatur an, die die Anwendung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 auch auf Kapitaleinkünfte ausdehnen.

Betroffene Norm

§ 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG
Streitjahr 2007

Anmerkung

In seinem Urteil vom 14.06.2014, VIII R 29/12, bestätigt der BFH seine Auffassung aus dem oben dargestellten Urteil.
Gegen ein – wie auch das vorliegende Urteil am 12.11.2013 ergangenes – inhaltsgleiches, aber, nicht amtlich veröffentlichtes BFH-Urteil, VIII R 1/11 wurde inzwischen Verfassungsbeschwerde eingelegt. Es obliegt nun dem Bundesverfassungsgericht im Verfahren 2 BvR 482/14 die Frage der Steuerpflicht von Erstattungszinsen endgültig zu beantworten.

Vorinstanz

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 29.01.2010, 10 K 2720/09, siehe Deloitte Tax-News

Fundstelle

BFH, Urteil vom 12.11.2013, VIII R 36/10

Weitere Fundstelle

BFH, Urteil vom 14.06.2014, VIII R 29/12
BFH, Urteil vom 12.11.2013, VIII R 1/11, nicht amtlich veröffentlicht, BVerfG-anhängig: 2 BvR 482/14
BFH, Urteil vom 15.06.2010, VIII R 33/07, siehe Deloitte Tax-News

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