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16.05.2012
Unternehmensteuer

BFH: Übergang eines Verlustvortrags bei Abspaltung

Bei Abspaltung eines Teilbetriebs ist es für den Verlustabzug nicht erforderlich, dass der übernehmende Rechtsträger den verlustverursachenden Betriebsteil selber fortführt. Jedes an der Spaltung beteiligte Unternehmen kann das Fortführungserfordernis erfüllen. Der Übergang eines verbleibenden Verlustabzugs setzt aber voraus, dass der verlustverursachende Betriebsteil am Stichtag der Verschmelzung oder Spaltung beim übertragenden Rechtsträger tatsächlich vorhanden ist.

Sachverhalt

Die A-GmbH hat der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, im Wege der Abspaltung durch Neugründung rückwirkend zum 01.01.2002 den Teilbetrieb X-Technik mit allen wesentlichen Betriebsgrundlagen übertragen. Die Klägerin hat daraufhin für das Streitjahr 2002 einen im Rahmen der Spaltung übergegangenen anteiligen verbleibenden Verlustabzug erklärt. Der von der Klägerin geltend gemachte Verlustvortrag wurde ursprünglich (bis 1994) durch die Geschäftsbereiche Y-Technik und Z-Technik der B-GmbH erwirtschaftet. Die B-GmbH wurde 1995 auf die A-GmbH verschmolzen; die Verlustvorträge der B-GmbH gingen auf die A-GmbH über. In den Jahren 1999 und 2000 hatte die A-GmbH die von der B-GmbH übernommenen Geschäftsbereiche Y-Technik und Z-Technik einschließlich aller Vermögensteile und wesentlichen Betriebsgrundlagen verkauft bzw. ausgegliedert.

Das Finanzamt erkannte den geltend gemachten Verlustabzug nicht an. Es war der Auffassung, dass der verlustverursachende Betrieb (B-GmbH) zum Zeitpunkt der Abspaltung nicht mehr vorhanden gewesen sei und somit von der Klägerin nicht fortgeführt werden könne. Die dagegen erhobende Klage blieb erfolglos.

Entscheidung

Das FG hat zu Recht entschieden, dass durch die Übertragung des Teilbetriebs X-Technik von der A-GmbH auf die Klägerin im Wege der Abspaltung durch Neugründung ein verbleibender Verlustvortrag nicht auf die Klägerin übergegangen ist.

Geht Vermögen einer Körperschaft durch Auf- oder Abspaltung oder durch Teilübertragung auf andere Körperschaften über, tritt die übernehmende Körperschaft in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft ein. Dasselbe gilt für einen verbleibenden Verlustabzug unter der Voraussetzung, dass der Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht hat, in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortgeführt wird (§ 15 Abs. 1 S. 1 UmwStG 2002, § 12 Abs. 3 S. 1, 2 UmwStG 2002, §§ 11 bis 13 UmwStG 2002).

Für einen Verlustabzug durch den übernehmenden Rechtsträger ist es nicht erforderlich, dass dieser den für den Verlust ursächlichen Betrieb oder Betriebsteil selbst fortführt. In Verschmelzungsfällen kann der übernehmende Rechtsträger einen verbleibenden Verlustabzug auch dann geltend machen, wenn der für den Verlust ursächliche Betrieb oder Betriebsteil von einem anderen Rechtsträger innerhalb der Fünfjahresfrist fortgeführt wird (vgl. Senatsurteil vom 27.05.2009). Im Fall einer Abspaltung, bei der der übertragende Rechtsträger im Unterschied zum Fall einer Verschmelzung bestehen bleibt, kann der für den Verlust ursächliche Betrieb oder Betriebsteil auch von der Kapitalgesellschaft fortgeführt werden, bei der dieser Betrieb oder Betriebsteil im Rahmen der Umwandlung verbleibt. Ein Übergang eines verbleibenden Verlustabzugs setzt voraus, dass der verlustverursachende Betriebsteil am Stichtag der Verschmelzung oder Spaltung beim übertragenden Rechtsträger tatsächlich vorhanden ist. Es genügt nicht, dass der Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht hat, zu diesem Zeitpunkt bei einem Dritten noch vorhanden ist.

Die übernehmende Körperschaft kann nur fortführen, was im Zeitpunkt der Verschmelzung oder Spaltung bei ihr noch vorhanden ist. Der Grundsatz, dass der übernehmende Rechtsträger in vollem Umfang in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers eintritt, wird durch § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG 2002 modifiziert. Aufgrund der Verknüpfung des Verlustvortrags mit dem verlustverursachenden Betrieb oder Betriebsteil wird der Verlustvortrag zwar zu einem solchen des übernehmenden Rechtsträgers, aber er bleibt "verursacht" durch den verlustverursachenden Betrieb oder Betriebsteil. Der Übergang des Verlustabzugs hängt davon ab, dass der Verlustbetrieb zu irgendeinem Zeitpunkt auf das aufnehmende Unternehmen übergegangen ist. Deshalb ist es zwar unschädlich, wenn das aufnehmende Unternehmen den Betrieb oder Betriebsteil in der Folge veräußert und der Erwerber ihn sodann bis zum Ende des maßgeblichen Zeitraums fortführt. Ein Verlustabzug geht aber nicht auf das aufnehmende Unternehmen über, wenn dieses zu keiner Zeit den Verlustbetrieb erwirbt, sondern der Verlustbetrieb unmittelbar von einem anderen Rechtsträger übernommen wird. Anderenfalls könnte der Verlustabzug ohne den Verlustbetrieb erworben werden, was nicht mit dem Zweck des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 vereinbar wäre, einen "Handel" mit Verlustabzügen zu verhindern (vgl. BFH-Urteile vom 28.10.2009 und 27.05.2009). Für Verschmelzungen oder Spaltungen, die einer vorangehenden Verschmelzung oder Spaltung nachfolgen, bedeutet dies, dass die kausale Verknüpfung mit dem verlustverursachenden Betrieb oder Betriebsteil erhalten bleibt. Bei zeitlich nachfolgenden Rechtsübertragungen müssen daher zum jeweiligen Stichtag die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rechtsnorm erfüllt sein.

Die Verlustquelle kann zwar vom Verlustvortrag getrennt sein. Dies gilt allerdings erst für den Zeitraum nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag. Eine Trennung der Verlustquelle vom Verlustvortrag vor dem jeweiligen Verschmelzungsstichtag würde die kausale Verknüpfung mit dem verlustverursachenden Betrieb oder Betriebsteil aufheben (vgl. BFH-Urteil vom 28.10.2009). Die Fortführung des Verlustbetriebs durch einen Dritten vor dem Verschmelzungsstichtag, die die Fortführung des - aufgrund eines ersten Verschmelzungsvorgangs übergegangenen - verbleibenden Verlustvortrags bei der übernehmenden Körperschaft ermöglicht (vgl. BFH-Urteil vom 27.05.2009), hat sonach Auswirkungen auf alle nachfolgenden Übertragungsvorgänge. Für diese weiteren Übertragungsvorgänge genügt gerade nicht, dass der Verlustbetrieb über den Verschmelzungs- oder Spaltungsstichtag hinaus von irgendjemandem im erforderlichen Umfang fortgeführt wird. Das weitere Schicksal des Verlustvortrags ist vielmehr weiterhin verknüpft mit dem verlustverursachenden Betrieb oder Betriebsteil.

Der in Rede stehende Verlust ist ursprünglich von der B-GmbH erwirtschaftet worden und ist nach der Verschmelzung der B-GmbH auf die A-GmbH zu einem Verlust der Betriebsteile Y-Technik und Z-Technik geworden. Diese Betriebsteile wurden in den Jahren 1999 und 2000 übertragen bzw. ausgegliedert, sodass im Streitjahr 2002 bei der A-GmbH keine Teile des "Betrieb(s)..., der den Verlust verursacht hat", mehr vorhanden waren. Eine Fortführung der verlustverursachenden Betriebsteile Y-Technik und Z-Technik war nicht möglich. Das FG hat zutreffend entschieden, dass ein verbleibender Verlustvortrag nicht auf die Klägerin übergegangen ist.

Betroffene Norm

§ 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG 2002, § 15 Abs. 4 UmwStG 2002
Streitjahr 2002

Vorinstanz

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10.01.2011, 6 K 3004/07

Fundstelle

BFH, Urteil vom 14.03.2012, I R 13/11

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 27.05.2009, I R 94/08, BStBl II 2010, S. 937
BFH, Urteil vom 28.10.2009, I R 4/09, BStBl II 2011, S. 315, siehe Deloitte Tax-News

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