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10.07.2014
Unternehmensteuer

BFH: Umfang der Gewinnrealisierung bei teilentgeltlicher Übertragung einzelner WG

Der BFH hat nun dem Großen Senat die Frage der Anwendung der strengen Trennungstheorie zur Ermittlung eines Veräußerungsgewinns bei teilentgeltlichen Übertragungen vorgelegt. Mittlerweile wurde das Verfahren beim Großen Senat eingestellt.
GrS, Beschluss vom 30.10.2018, GrS 1/16 
BFH, Beschluss vom 30.10.2018, X R 28/12 
BFH, Beschluss vom 27.10.2015, X R 28/12, siehe Kurzdarstellung
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BFH-Beschluss vom 19.03.2014:

Hinsichtlich der Frage, in welchem Umfang es in Fällen der teilentgeltlichen Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 S. 3 EStG zu einer Gewinnrealisierung kommt, werden verschiedene Theorien vertreten. Der BFH hat das BMF zur Klärung dieser Frage aufgefordert. Der mit der Sache befasste X. Senat scheint – mit der Finanzverwaltung und gegen den IV. Senat – zur Anwendung der strengen Trennungstheorie zu tendieren. Von der Klärung dieser Frage ist auch die Anwendung bereits ergangener BFH-Urteile durch die Finanzverwaltung abhängig (siehe unter „Anmerkungen“).

Sachverhalt

Die Klägerin verpachtete im Wege der Betriebsaufspaltung umfangreiches Anlagevermögen an eine Betriebs-GmbH. Zum Betriebsvermögen des Besitz-Einzelunternehmens gehörten u.a. zwei Grundstücke, die von der Betriebs-GmbH genutzt wurden. Mit Wirkung zum 01.01.2005 gründete die Klägerin eine GmbH & Co. KG, deren einzige Kommanditistin sie wurde. Zudem war sie – anfangs – Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH.

Ihre Einlage in die KG erbrachte die Klägerin durch Einbringung der o.g. Grundstücke, deren Buchwerte über dem Nominalwert ihres Kapitalkontos bei der KG lagen; der überschießende Wert wurde einem Darlehenskonto bei der KG gutgeschrieben. Außerdem übertrug die Klägerin noch ihre GmbH-Beteiligung auf die KG. Später traten zwei Söhne der Klägerin in die KG ein.

Im Rahmen von Außenprüfungen bei der Klägerin und der KG vertrat der Prüfer die Auffassung, die Übertragung der Grundstücke von der Klägerin auf die KG sei nach den Grundsätzen der sog. "Trennungstheorie" insoweit als entgeltlich anzusehen, als der Klägerin hierfür eine Gutschrift auf ihrem Darklehenskonto gewährt worden sei.

Einspruch und Klage gegen die entsprechenden Bescheide blieben ohne Erfolg.

Entscheidung

Der BFH fordert das BMF auf, zum Verfahren beizutreten..

Vorliegend habe die KG gegenüber der Klägerin mit der Gewährung einer Darlehensforderung eine Gegenleistung erbracht, weshalb die Einbringung der Grundstücke insoweit entgeltlich erfolgt sei. Wie eine solche teilentgeltliche Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter steuerlich zu behandeln ist, sei zwischen der Finanzverwaltung und verschiedenen Senaten des BFH sowie der Literatur umstritten.

Die Finanzverwaltung vertrete die strenge Trennungstheorie, nach der Übertragungen von Wirtschaftsgütern unter dem Verkehrswert in ein entgeltliches und ein unentgeltliches Geschäft aufzuteilen seien. Dabei sei auf das Verhältnis der Gegenleistung zum Verkehrswert abzustellen. Hinsichtlich des entgeltlichen Teils liege eine Veräußerung des Wirtschaftsguts vor und es komme insoweit zur Aufdeckung der stillen Reserven.

Der IV. Senat des BFH lehne diese Auffassung der Finanzverwaltung ab und wende in der neueren Rechtsprechung die modifizierte Trennungstheorie an, nach der es zu einer vorrangigen Zuordnung des Buchwerts zum entgeltlichen Teil komme. Zu einer Gewinnrealisierung komme es nicht, wenn das Entgelt den Buchwert nicht übersteige.

Der vorliegend befasste X. Senat hatte jüngst die Einheitstheorie verwendet, nach der der gesamte Vorgang einheitlich als entweder voll unentgeltlich oder voll entgeltlich angesehen wird. Dann ergäbe sich ein Veräußerungsgewinn nur, wenn und soweit die Gegenleistung den Buchwert des Betriebsvermögens (Kapitalkonto) übersteigt.

In der Literatur werden verschiedene Meinungen vertreten.

In dem vorliegenden Verfahren gehe der X. Senat des BFH davon aus, dass der Fall einer teilentgeltlichen Übertragung gegeben sei. Es gehe daher um die Frage, ob die strenge oder die modifizierte Trennungstheorie anzuwenden sei.

Der BFH sehe – bei Anwendung der modifizierten Trennungstheorie – keine Schwierigkeiten bei der Besteuerung des Erwerbers des teilentgeltlich übertragenen Wirtschaftsgutes. Auch sehe er nicht die Gefahr, dass sich Teile der stillen Reserven anlässlich der teilentgeltlichen Übertragung eines im Privatvermögen befindlichen Wirtschaftsgutes unbesteuert verflüchtigen könnten.

Gleichwohl tendiere der BFH eher zur Anwendung der strengen Trennungstheorie, deren dogmatische Argumente der BFH etwas höher gewichten würde als die in der Praxis möglicherweise verträglicheren Ergebnisse der modifizierten Trennungstheorie. Ferner spreche das Subjektsteuerprinzip eher für die strenge als für die modifizierte Trennungstheorie.

Betroffene Norm

§ 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG
Streitjahr 2005

Anmerkung

Mit Schreiben vom 12.09.2013 hatte die Finanzverwaltung mitgeteilt, dass sie die Entscheidung über die Veröffentlichung der BFH-Urteile vom 21.06.2012 und vom 19.09.2012, (siehe Deloitte Tax-News) im Bundessteuerblatt zunächst bis zur Entscheidung im Revisionsverfahren X R 28/12 zurückstellt. Mit der Beitrittsaufforderung an das BMF dürfte sich dieser Zeitpunkt noch weiter verzögern.

Fundstellen

GrS, Beschluss vom 30.10.2018, GrS 1/16 

BFH, Beschluss vom 30.10.2018, X R 28/12 

BFH, Beschluss vom 27.10.2015, X R 28/12, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Beschluss vom 19.03.2014, X R 28/12

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 18.09.2013, X R 42/10, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 19.09.2012, IV R 11/12, siehe Deloitte Tax-News
BMF, Schreiben vom 12.09.2013, IV C 6 - S 2241/10/10002, 2013/0837216
 

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