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06.09.2013
Unternehmensteuer

BFH: Veräußerungsgewinn bei Vergleich über Erbfolge bei Personengesellschaft

Beenden die potentiellen Erben des verstorbenen Gesellschafters einer Personengesellschaft den Streit über die Erbfolge durch Vergleich, so erzielt derjenige, der dabei gegen Entgelt auf die Geltendmachung seiner Rechte verzichtet und nach den Regeln des Gesellschaftsrechts Gesellschafter hätte werden können, einen Veräußerungsgewinn. Dieser ist bei der Personengesellschaft festzustellen.

Sachverhalt

Die Kläger sind potentielle Erben des Gesellschafters einer Personengesellschaft, die im Streitjahr 2004 bei einem Vergleich im Rahmen des Streits über die Erbfolge gegen Abfindung auf die Geltendmachung ihrer Rechte verzichtet haben. Nach den Regeln des Gesellschaftsrechts hätten diese Gesellschafter werden können. Das Finanzamt bezog die Kläger in die Gewinnfeststellung 2004 der Personengesellschaft mit ein und berücksichtige die Abfindungen als Veräußerungsgewinne. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg.

Entscheidung

Entgegen der Auffassung des FG sind die abgefundenen Erben dann in die Gewinnfeststellung der Personengesellschaft einzubeziehen, wenn sie aus gesellschaftsrechtlicher Sicht hätten Mitunternehmer werden können.

Beteiligte der Gewinnfeststellung sind die an den Einkünften beteiligten Personen (§§ 179 Abs. 2 S. 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO). Die Kläger konnten nur dann an den festzustellenden Einkünften beteiligt sein, wenn sie Rechtsnachfolger in den Gesellschaftsanteil geworden sind. Eine solche Rechtsnachfolge ergibt sich nicht aus der Stellung als Erbe, sondern aus der gesellschaftsrechtlichen Sonderrechtsnachfolge. Die Erben werden Rechtsnachfolger in den Gesellschaftsanteil, wenn vertraglich nichts anderes bestimmt ist (§ 177 HGB). Ob im Streitfall eine solche abweichende gesellschaftsvertragliche Regelung bestand, kann der BFH mangels entsprechender Feststellungen seitens des FG nicht beurteilen.

Sollte es aufgrund einer entsprechenden vertraglichen Ausgestaltung ausgeschlossen sein, dass die Kläger Rechtsnachfolger als Gesellschafter und damit Mitunternehmer werden konnten, so wären sie schon aus diesem Grunde nicht in die Gewinnfeststellung einzubeziehen. Sollte der Gesellschaftsvertrag hingegen keine von § 177 HGB abweichende Regelung enthalten, so wären sie in die Gewinnfeststellung des Streitjahres einzubeziehen. Die Auffassung des FG, dass die Kläger Vermächtnisnehmer waren und deshalb nicht Mitunternehmer sein konnten, ist dem BFH zufolge schon deshalb abzulehnen, weil ein Vermächtnis nur vom Erblasser eingeräumt und nicht nachträglich durch Vergleich geregelt werden kann. Vielmehr ist der im Streitfall geschlossene Vergleich dahingehend auszulegen, dass alle Beteiligten potentielle Erben sein konnten, die Frage der Erbfolge jedoch rückwirkend bereinigt werden sollte.

Die Kläger sind daher – das Fehlen einer von § 177 HGB abweichenden Vereinbarung vorausgesetzt – an der Gewinnfeststellung zu beteiligen gewesen. Sie waren an den Einkünften der Personengesellschaft zumindest derart beteiligt, dass ihnen die Abfindungen als Veräußerungsgewinne zuzurechnen sind. Den Verzicht auf die Durchsetzung ihrer entsprechenden Rechtspositionen, als Miterbe oder Mitgesellschafter anerkannt zu werden, ließen sie sich vergüten. Der Vorgang ist wie die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils zu behandeln. Es gibt keinen vernünftigen Grund dafür, die Abgefundenen anders zu besteuern als einen unangefochtenen Miterben oder Mitgesellschafter, der aus der Gemeinschaft oder Gesellschaft gegen eine Abfindung ausscheidet. Insoweit hat der BFH bereits entschieden (vgl. Urteil vom 14.03.1996), dass hinsichtlich des Nachlassteils "Betriebsvermögen" die vom Großen Senat des BFH (vgl. Beschluss vom 05.07.1990) aufgestellten Regeln über das Ausscheiden aus einer Gesellschaft (entsprechend) gelten. Danach muss der Verzicht auf die angesprochenen Rechtspositionen gegen Entgelt in Form der Abfindungen zur Annahme der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils i.S.v. § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG führen. Der Veräußerungsgewinn des Abgefundenen ist wie bei der Übertragung eines Gesellschaftsanteils zu ermitteln. Es kann offenbleiben, ob die Kläger aufgrund der Rückbeziehung der Vereinbarung auf den Erbfall für eine "logische Sekunde" Mitunternehmer geworden sind.

Betroffene Norm
§§ 179 Abs. 2 S. 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 AO
Streitjahr 2004 
 
Vorinstanz

Finanzgericht Münster, Urteil vom 19.01.2010, 1 K 2093/07 F, EFG 2010, S. 918  
 
Fundstelle

BFH, Urteil vom 16.05.2013, IV R 15/10

Weitere Fundstellen
BFH, Beschluss vom 05.07.1990, GrS 2/89, BStBl II 1990, S. 837
BFH, Urteil vom 14.03.1996, IV R 9/95, BStBl II 1996, S. 310

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