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12.04.2012
Unternehmensteuer

BFH: Werbeeinkünfte eines Fußball-Nationalspielers sind gewerbesteuerpflichtig

Die arbeitsrechtlich vereinbarte Pflicht eines Spielers der Fußball-Bundesliga, an Spielen der Nationalmannschaft teilzunehmen, umfasst nicht die Teilnahme an Werbeleistungen des DFB. Werbeeinkünfte, die der Fußball-Nationalspieler aus der zentralen Vermarktung der Fußball-Nationalmannschaft durch den DFB erzielt, stellen keinen Arbeitslohn dar, sondern unterliegen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer, wenn er mit Unternehmerrisiko und Unternehmerinitiative handelt.

Sachverhalt

Der Kläger war als Lizenzspieler für einen Verein der Fußball-Bundesliga und auch als Mitglied der deutschen Fußball-Nationalmannschaft tätig. Der Arbeitsvertrag mit seinem Verein enthielt u.a. die Verpflichtung, auf Verlangen des DFB als Nationalspieler tätig zu werden. Der Kläger verpflichtete sich gegenüber dem DFB, bei Spielen und Lehrgängen der Nationalmannschaft die vom DFB gestellte Sportkleidung - mit Werbeaufdrucken - zu tragen, sowie an Werbeterminen mit der Nationalmannschaft teilzunehmen. Hierfür erhielt er einen Anteil an den Werbeeinnahmen, die er als Teil des über seinen Verein bezogenen Arbeitslohns behandelte. Das Finanzamt sah die Einnahmen als gewerblich an mit der Folge, dass neben der Einkommensteuer noch Gewerbesteuer zu entrichten war. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Entscheidung

Die Einkünfte aus Werbeleistungen, die der Kläger über den DFB bezogen hat, unterliegen der Gewerbesteuer.

Ein Gewerbebetrieb ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn sie weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist (§ 15 Abs. 2 S. 1 EStG). Gewerbetreibende unterscheiden sich von Arbeitnehmern dadurch, dass sie mit Unternehmerinitiative und Unternehmerrisiko handeln.

In der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist die von einem Verein bezogene laufende Vergütung für die sportliche Betätigung im Rahmen einer Mannschaft zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugeordnet worden (BFH-Urteil vom 23.10.1992). Demgegenüber werden Einkünfte aus Werbeleistungen eines Sportlers, die auf von diesem geschlossenen Verträgen beruhen, als gewerblich angesehen. Insbesondere begründet eine Bindung an den organisatorischen Ablauf von Werbeveranstaltungen allein noch keine Eingliederung in das Unternehmen des Veranstalters (BFH-Urteil vom 03.11.1982). Bei einem Spitzensportler, der teilweise direkt und teilweise über seinen Sportverband Zahlungen für Werbeleistungen (Nutzung der Produkte bestimmter Ausrüster) erhielt, hat der BFH die Zahlungen den Einkünften aus Gewerbebetrieb zugerechnet und zur Begründung ausgeführt, wesentlich sei, ob der Steuerpflichtige nach freier Entscheidung den einen oder anderen "aus der vorgegebenen Gruppe von Sportartikeln" auswählen und für einen bestimmten Zeitraum benutzen konnte, ohne in eine Werbeorganisation eingegliedert zu sein (BFH-Urteil vom 19.11.1985). Insoweit gab es "unverbindliche Absprachen", an denen die aktiven Sportler jedoch weder einzeln noch durch ihre Mannschaftssprecher beteiligt waren.

Danach weist die vom FG vorgenommene Gesamtwürdigung, wonach der Kläger hinsichtlich der über den DFB bezogenen Werbeeinnahmen mit Unternehmerinitiative und Unternehmerrisiko gehandelt hat, keinen Rechtsfehler auf. Der Kläger war hinsichtlich der Werbeleistungen nicht in eine betriebliche Organisation seines Vereins oder des DFB eingegliedert. In seiner Entscheidung, ob er an den Werbemaßnahmen mitwirken wollte, war er noch hinreichend frei. Für die Annahme der Unternehmerinitiative ist ein geringer Umfang der Entscheidungsmöglichkeiten ausreichend, wenn es wie im Streitfall weitgehend an einem Interessengegensatz zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer fehlt. Dass keine feste Vergütung in Abhängigkeit von der Ableistung einer bestimmten Arbeitszeit vereinbart war, spricht dafür, dass der Kläger das Unternehmerrisiko getragen hat. Zudem trägt der Kläger das Vermögensrisiko für Ausfallzeiten (vgl. BFH-Urteil vom 02.12.1998). Denn wenn er erkrankt ist oder vom DFB nicht nominiert wird, erhält er keinen Anteil an den Werbeeinnahmen. Auch enthält die Vereinbarung mit dem DFB über die Werbeleistungen keine der sonst für Arbeitsverträge typischen Klauseln, wie z.B. Dauer der Arbeitszeit, Vereinbarung von Kündigungsfristen, Urlaubsanspruch.

Neben der Selbständigkeit liegen in der Person des Klägers hinsichtlich der Einkünfte aus den Werbeleistungen auch die weiteren in § 15 Abs. 2 S. 1 EStG genannten Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs vor. Insbesondere hat der Kläger sich am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung wird die Eigenschaft als Marktteilnehmer nicht in Frage gestellt, wenn die Leistungen an nur einen einzigen Abnehmer erbracht werden (vgl. BFH-Urteil vom 02.12.1998). Daher genügt es, wenn der Steuerpflichtige durch sein Verhalten den am Markt tätigen interessierten Unternehmen seine Bereitschaft zu erkennen gibt, an derartigen Veranstaltungen mitzuwirken; eine besondere Werbung für seine Person ist nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 03.11.1982). Ebenso wenig muss der einzelne Sportler - insbesondere bei einer Mannschaftssportart - selbst mit den werbenden Unternehmen verhandeln oder bei diesen Verhandlungen aufgrund einer durchgehenden Vollmachtskette vertreten sein. Für die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr genügt es vielmehr bereits, wenn der Sportverband die Verhandlungen ohne Beteiligung der einzelnen Sportler führt, sich diese anschließend aber "absprachegemäß verhalten" (BFH-Urteil vom 19.11.1985).

Betroffene Norm

§ 15 Abs. 2 S. 1 EStG
Streitjahr 2002

Vorinstanz

Finanzgericht Münster, Urteil vom 16.04.2010, 14 K 116/06 G, EFG 2010, S. 1426

Fundstelle

BFH, Urteil vom 22.02.2012, X R 14/10; BStBl II 2012, S. 511 

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 23.10.1992, VI R 59/91, BStBl II 1993, S. 303
BFH, Urteil vom 03.11.1982, I R 39/80, BStBl II 1983, S. 182
BFH, Urteil vom 19.11.1985, VIII R 104/85, BStBl II 1986, S. 424
BFH, Urteil vom 02.12.1998, X R 83/96, BStBl II 1999, S. 534

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