Zurück zur Übersicht
02.06.2010
Unternehmensteuer

BFH: Wertaufholungsgebot verfassungsgemäß

Sachverhalt

Der Kläger ermittelte den Gewinn durch Bestandsvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG). Im Wirtschaftsjahr 1985/86 hatte der Kläger ein Grundstück erworben. Bis zum Wirtschaftsjahr 1992/93 wurden hierauf immer wieder Teilwertabschreibungen vorgenommen. In der Folgezeit stieg der Teilwert des Grundstücks wieder an und lag 1999 über den Anschaffungskosten. In der Bilanz setzte der Kläger das Grundstück mit einem höheren, jedoch unter den Anschaffungskosten liegenden Wert an. Gleichzeitig bildete er in Höhe von vier Fünfteln der Wertaufholung eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage. Im Zuge einer Außenprüfung setzte der Prüfer den Buchwert des Grundstücks hingegen mit den ursprünglichen Anschaffungskosten an und erhöhte dem entsprechend den Buchwert sowie die Rücklage. (Wertaufholung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und § 52 Abs. 16 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 – EStG n.F) Der Kläger machte darauf hin geltend, dass das Wertaufholungsgebot gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG n.F. verfassungswidrig sei. Die Regelung verstoße (u.a.) gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG zu entnehmende Gebot gleichheitskonformen Normenvollzugs, soweit Teilwertabschreibungen erfasst würden, die mehr als zehn Jahre zurücklägen.

Entscheidung

Die Regelungen in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und § 52 Abs. 16 Sätze 2 und 3 EStG n.F. sind nicht verfassungswidrig. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) kommt daher nicht in Betracht. Die Einführung des Wertaufholungsgebots (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG n.F.) anstelle des bis dahin bestehenden Bewertungswahlrechts (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4, Nr. 2 Satz 3 EStG a.F.) war weder in sachlicher noch in zeitlicher Hinsicht willkürlich, und zwar auch insoweit nicht, als davon Wertzuwächse aus der Zeit vor der Gesetzesänderung erfasst werden. 

Ziel der Gesetzesänderung war es, die Möglichkeit bilanzierender Unternehmer zur Bildung stiller Reserven im Interesse einer Angleichung an die Maßstäbe für diejenigen Steuerpflichtigen, die nach den Grundsätzen von Zufluss und Abfluss besteuert werden, einzuschränken. Die Änderung erfolgte somit nicht ohne sachlichen Grund. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der strengen Gleichbehandlung aller Wertaufholungen im Zusammenhang mit früheren Teilwertabschreibungen seinen weiten Gestaltungsspielraum überschritten hätte, sind nicht ersichtlich. Der Verzicht auf eine zeitliche Beschränkung des für die Wertaufholung maßgeblichen Zeitraums vermeidet im Übrigen Probleme bei der gleichmäßigen Erfassung der steuerlichen Leistungsfähigkeit. Diese könnten sich ergeben, wenn alle zuvor vorgenommenen Teilwertabschreibungen definitiv würden. Ein Verstoß gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG zu entnehmende Gebot gleichheitskonformen Normenvollzugs liegt daher auch insoweit nicht vor, als davon auch Teilwertabschreibungen erfasst werden, die mehr als zehn Jahre zurückliegen. 

Die streitige Regelung verletzt auch nicht Art. 14 GG. Eine solche Verletzung kommt auch unter dem Aspekt der Übermaßbesteuerung nicht in Betracht. Denn es ist nicht erkennbar, dass durch die Regelung eine verfassungsrechtliche Obergrenze zumutbarer Belastung erreicht worden wäre. Die obligatorische Wertaufholung tritt an die Stelle des zuvor bestehenden Bewertungswahlrechts. Die Rechtsfolgen konnten daher auch früher, wenn auch wahlweise herbeigeführt werden. In der Sache werden die steuerlichen Auswirkungen der nicht realisierten Verluste rückgängig gemacht, soweit es zu Wertaufholungen gekommen ist. Die obligatorische Wertaufholung führt somit lediglich zu einer Korrektur früherer Steuerentlastungen, die aus den früher vorgenommenen Teilwertabschreibungen resultierten. Sie betrifft im Übrigen nur das Wann, nicht das Ob der Besteuerung. Zudem wird die Belastungswirkung abgefedert, weil die Möglichkeit besteht, die Wertaufholung auf fünf Jahre zu verteilen (§ 52 Abs. 16 Satz 3 EStG n.F.).

Vorinstanz

Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 05.06.2007, 5 K 357/02, EFG 2007, S. 1449.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 25.02.2010, IV R 37/07, BStBl II 2010, S. 784 

So werden Sie regelmäßig informiert:
Artikel teilen:
Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen einen bedarfsgerechteren Service bereitstellen zu können. Indem Sie ohne Veränderungen Ihrer Standard-Browser-Einstellung weiterhin diese Seite besuchen, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden. Möchten Sie mehr Informationen zu den von uns verwendeten Cookies erhalten und erfahren, wie Sie den Einsatz unserer Cookies unterbinden können, lesen Sie bitte unsere Cookie Notice.