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06.09.2011
Unternehmensteuer

BFH: Zum Verlustabzug bei Gesellschafterwechsel innerhalb einer Mitunternehmerschaft

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, erzielte in den Jahren 1992 bis 1995 Gewerbeverluste, in den Jahren 1996 bis 2000 ergaben sich jeweils positive Gewerbeerträge. Das Finanzamt stellte den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12.1996 in Höhe von etwa 17,7 Mio. DM fest. Hiervon entfielen etwa 9,6 Mio. DM auf die beiden Mitunternehmer X und Y, die bereits in den Jahren 1994 und 1995 ausgeschieden waren. Der Bescheid wurde - ebenso wie die Verlustfeststellungsbescheide auf den 31.12.1994 und auf den 31.12.1995 - bestandskräftig. Der Betriebsprüfer kürzte in den Streitjahren (1997 bis 2000) den vortragsfähigen Gewerbeverlust um den Verlust, der auf die in den Jahren 1994 und 1995 ausgeschiedenen Gesellschafter entfiel. Mit den gegen die Verlustfeststellungsbescheide und Gewerbesteuermessbescheide erhobenen Einsprüchen begehrte die Klägerin, den auf den 31.12.1996 bestandskräftig festgestellten Fehlbetrag von etwa 17,7 Mio. DM auf alle an diesem Tag tatsächlich beteiligten Mitunternehmer entsprechend ihrer Beteiligungsquote zu verteilen und in der Folgezeit mit deren künftigen Gewinnanteilen zu verrechnen. Einspruch und Klage waren erfolglos.

Entscheidung

Die Revision ist begründet. Entgegen der Auffassung des FG steht wegen der Bindungswirkung eines bestandskräftigen Verlustfeststellungsbescheids der auf einen ausgeschiedenen Mitunternehmer entfallende anteilige Fehlbetrag den zum Feststellungszeitpunkt tatsächlich beteiligten Mitunternehmern entsprechend ihrer Beteiligungsquote zur Verrechnung mit deren künftigen Erträgen zur Verfügung.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist materiell-rechtliche Voraussetzung für den Verlustabzug sowohl die sog. Unternehmensidentität als auch die sog. Unternehmeridentität. Der Steuerpflichtige, der den Verlustabzug in Anspruch nimmt, muss den Gewerbeverlust zuvor in eigener Person erlitten haben (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 03.05.1993). Beim Ausscheiden von Mitunternehmern aus einer Personengesellschaft geht der Verlustabzug verloren, soweit der Fehlbetrag anteilig auf die ausgeschiedenen Mitunternehmer entfällt (§ 10a GewStG, vgl. z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH 03.05.1993). Im Streitfall ist der Fehlbetrag mit dem Ausscheiden der beiden Mitunternehmer in den Jahren 1994 und 1995 anteilig untergegangen. Die (bestandskräftigen) Verlustfeststellungsbescheide auf den 31.12.1994, 31.12.1995, die den anteiligen Wegfall des Fehlbetrags nicht berücksichtigt haben, der (ebenfalls bestandskräftige) Feststellungsbescheid auf den 31.12.1996 und die (hier angefochtenen) Feststellungsbescheide auf den 31.12.1997 bis 31.12.2000 weisen demgemäß einen zu hohen Fehlbetrag aus.

Feststellungsbescheide sind u.a. für Steuermessbescheide bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind (§ 182 Abs. 1 S. 1 AO). Aufgrund der Bindungswirkung des bestandskräftigen Verlustfeststellungsbescheids für den Gewerbesteuermessbescheid des nachfolgenden Erhebungszeitraums sind die auf die ausgeschiedenen Mitunternehmer entfallenden Verluste auf die zum Feststellungszeitpunkt tatsächlich beteiligten Mitunternehmer entsprechend ihrer Beteiligungsquote zu verteilen. Für ein Anknüpfen an die Gesellschafter der unzutreffenden Feststellung im Jahr des Ausscheidens spricht zudem, dass die Kürzung des für die Personengesellschaft festgestellten Fehlbetrags um den Anteil des ausgeschiedenen Gesellschafters gerade in diesem Bescheid unterblieben ist. Der auf diese Weise den verbleibenden Mitunternehmern zugerechnete anteilige Fehlbetrag des ausgeschiedenen Gesellschafters kann sodann mit den auf die Mitunternehmer anteilig entfallenden positiven Gewerbeerträgen nachfolgender Erhebungszeiträume im Gewerbesteuermessbescheid verrechnet werden.

Die Sache ist nicht spruchreif. Im zweiten Rechtsgang wird das FG unter Berücksichtigung der Gesellschafterwechsel die festzustellenden Fehlbeträge und die Gewerbesteuermessbeträge neu zu bestimmen haben.

Betroffene Norm

§ 10a GewStG; § 182 Abs. 1 AO
Streitjahre 1997 bis 2000

Vorinstanz

Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 30.01.2008, 3 K 536/06, DStRE 2008, S. 947, siehe Zusammenfassung in den Deloitte-Tax-News

Fundstelle

BFH, Urteil vom 16.06.2011, IV R 11/08, BStBl II 2011, S. 903

Weitere Fundstellen

BFH, Beschluss des Großen Senats vom 03.05.1993, GrS 3/92, BStBl II 1993, S. 616

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