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16.05.2013
Unternehmensteuer

BFH: Zurechnung von Organeinkommen bei unterjährigem Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Organträger-Personengesellschaft

Scheidet ein Gesellschafter einer Organträger-Personengesellschaft im Laufe des Wirtschaftsjahres des Organträgers aus, ist ihm das Einkommen der Organgesellschaft nicht anteilig unter Berücksichtigung der Dauer der Beteiligung am Organträger zuzurechnen. Das Einkommen der Organgesellschaft ist vielmehr entsprechend dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel nur den Gesellschaftern zuzurechnen, die im Zeitpunkt der Einkommenszurechnung an der Organträgerin beteiligt sind.

Sachverhalt

Der Kläger war im Streitjahr 1998 alleiniger Kommanditist der A-GmbH & Co. KG (KG). Mit Wirkung zum 29.12.1998 (Übertragungsstichtag) übertrug er die Beteiligung einschließlich eines Gewinnbezugsrechts für das am 31.12.1998 endende Geschäftsjahr der KG auf die B-GmbH. Die KG war Alleingesellschafterin von drei GmbHs, mit denen sie als Organträgerin jeweils ein Organschaftsverhältnis begründet hatte. In ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung 1998 erklärte die KG einen Verlust sowie das zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaften. Ihr Ergebnis teilte sie auf die A-GmbH als Komplementärin und die B-GmbH als Kommanditistin auf. Auf den Kläger entfallende laufende Einkünfte wurden nicht erklärt, vielmehr ermittelte die KG für den Kläger einen Veräußerungsgewinn.

Das Finanzamt folgte dem nicht. Es rechnete dem Kläger sowohl Einkünfte aus Gewerbebetrieb einschließlich eines Veräußerungsgewinnes als auch Einkünfte der Organgesellschaften zu.

Entscheidung

Entgegen der Auffassung des Finanzamts und des FG war dem Kläger von dem der KG zuzurechnenden Einkommen ihrer Organgesellschaften im Streitjahr 1998 kein Einkommen zuzurechnen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH erstreckt sich die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO) auch dann auf ein volles Wirtschaftsjahr, wenn ein Gesellschafter während des Wirtschaftsjahres aus einer Personengesellschaft ausscheidet und die Gesellschaft danach von den verbleibenden Gesellschaftern oder von diesen mit einem oder mehreren neuen Gesellschaftern fortgeführt wird (vgl. BFH-Urteil vom 14.09.1978). Da die Identität der Personengesellschaft als Gewinnerzielungs- und -ermittlungssubjekt erhalten bleibt (vgl. BFH-Beschluss vom 25.02.1991), sind auch während des Wirtschaftsjahres ausscheidende Gesellschafter in die Gewinnfeststellung einzubeziehen (BFH-Urteil vom 19.04.1994).

Im Rahmen einer Organschaft ermitteln Organträger und -gesellschaft ihre jeweiligen Einkommen zunächst selbständig, bevor das Organeinkommen dem Organträger zugerechnet wird. Im Streitfall handelt es sich um eine Organträger-Personengesellschaft, bei der stets eine gesonderte Gewinnfeststellung durchzuführen ist.Das zuzurechnende Organeinkommen ist gesondert vom eigenen Gewinn der Personengesellschaft festzustellen und nach einem Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter der Personengesellschaft zu verteilen.

Der sich nach Maßgabe der Handelsbilanz ergebende Anspruch der Organträger-Personengesellschaft auf Gewinnabführung entsteht erst mit dem Ende des Wirtschaftsjahres der jeweiligen Organgesellschaft. Erst zu diesem Zeitpunkt ist dem Organträger auch das Organeinkommen zuzurechnen, woraus sich Folgen dafür ergeben, welchen Gesellschaftern einer Organträger-Personengesellschaft Anteile an dem Einkommen der Organgesellschaft zugerechnet werden, wenn sich im Laufe des Wirtschaftsjahres der Organträgerin Änderungen im Gesellschafterbestand ergeben haben. Nach Auffassung des BFH ist das Einkommen der Organgesellschaft entsprechend dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel nur den Gesellschaftern der Organträger-Personengesellschaft zuzurechnen, die im Zeitpunkt der Einkommenszurechnung an der Organträgerin beteiligt sind. Zwar erzielt die Organgesellschaft ihr Einkommen kontinuierlich über die Zeit und nicht erst zum Zeitpunkt der Gewinnabführung. Daraus kann aber – entgegen der Auffassung des FG – nicht der Schluss gezogen werden, dass das Organeinkommen zeitanteilig zuzurechnen ist. Dies würde bei der Organgesellschaft im Zeitpunkt des Ausscheidens eines Gesellschafters aus der Organträger-Personengesellschaft zwingend die Aufstellung einer Zwischenbilanz voraussetzen, um die bis dahin realisierten Gewinne oder Verluste zu erfassen; eine solche Pflicht besteht jedoch nicht.

Für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns im Streitfall folgt daraus, dass im Zeitpunkt der Veräußerung weder ein Anspruch auf Gewinnabführung nach Maßgabe des Gewinnabführungsvertrags zu berücksichtigen noch die Zurechnung des jeweiligen Einkommens der Organgesellschaften vorzunehmen war. Nach Auffassung des BFH entfällt der gesamte Kaufpreis auf den veräußerten Mitunternehmeranteil, da das – zumindest vertraglich – mitübertragene Gewinnbezugsrecht vor seinem Entstehen mit Ablauf des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaften kein selbständiges vom Mitunternehmeranteil losgelöstes Wirtschaftsgut darstellt. Demzufolge wurde der Mitunternehmeranteil unter Berücksichtigung des (noch nicht entstandenen) Gewinnbezugsrechts zu einem entsprechend höheren Kaufpreis veräußert. Der Veräußerungsgewinn kann insoweit nicht nachträglich zugunsten des Klägers in Höhe des auf seine Beteiligung zeitlich entfallenden Anteils am zuzurechnenden Einkommen der Organgesellschaften vermindert werden, weil es dafür an einer Rechtsgrundlage fehlt. Die Einkommenszurechnung nach § 14 KStG wirkt sich damit nicht auf die Höhe des Veräußerungsgewinns aus.

Betroffene Norm  
§ 14, § 17 KStG, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO
Streitjahr 1998

Vorinstanz
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 21.01.2009, 9 K 2067/03 F, siehe Deloitte Tax-News

Fundstelle  
BFH, Urteil vom 28.02.2013, IV R 50/09, BStBl II 2013, S. 494 

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 14.09.1978, IV R 49/74, BStBl II 1979, S. 159
BFH, Urteil vom 19.04.1994, VIII R 48/93, BFH/NV 1995, S. 84

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