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25.02.2013
Unternehmensteuer

BFH: Zurückbehaltung von Forderungen im Rahmen einer Praxiseinbringung

Sachverhalt

Streitig ist, ob die bei der Einbringung einer freiberuflichen Einzelpraxis in eine Sozietät zurückbehaltenen Honorarforderungen bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG erfolgswirksam schon im Zeitpunkt der Einbringung oder erst im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses zu erfassen sind.

Der Kläger ist Steuerberater. Er führte zunächst eine Einzelpraxis, deren Gewinn er nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte. Im Jahr 1996 vereinbarte er mit weiteren Steuerberatern die Gründung einer Sozietät in Form einer GbR. Der Kläger verpflichtete sich, zum 02.01.1997 seine bisherige Praxis unter Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven in die Sozietät einzubringen. Forderungen und Verbindlichkeiten, die bis zum 02.01.1997 entstanden waren, waren nach dem Sozietätsvertrag von der Einbringungsverpflichtung des Klägers ausgenommen.

Im Anschluss an eine Außenprüfung kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass Zahlungseingänge auf die vor dem 02.01.1997 bestehenden Forderungen des Klägers in den Jahren 1997 bis 1999 ebenso gewinnerhöhend zu berücksichtigen seien wie die am 31.12.1999 noch ausstehenden Forderungsbeträge. Hiergegen erhob der Kläger Klage. Das FG erfasste daraufhin die vom Kläger zurückbehaltenen Forderungen nur insoweit gewinnerhöhend, als er diese im Streitjahr tatsächlich eingezogen hat.

Entscheidung

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen. Der Kläger war nicht verpflichtet, seine zurückbehaltenen Honorarforderungen im Zuge der Einbringung seiner Einzelpraxis in die Sozietät als Ertrag in seiner Gewinnermittlung zu erfassen. Die Voraussetzungen einer Einbringung i.S. des § 24 UmwStG und damit einer möglichen Begünstigung des Einbringungsgewinns nach §§ 16, 34 EStG lagen im Streitfall trotz Zurückbehaltung der Honorarforderungen vor.

§ 24 UmwStG setzt voraus, dass ein Betrieb oder Teilbetrieb in eine Personengesellschaft eingebracht und der Einbringende Mitunternehmer dieser Gesellschaft wird. Ein Betrieb ist dann i.S. des § 24 UmwStG eingebracht, wenn seine wesentlichen Betriebsgrundlagen auf die Personengesellschaft übergehen (BFH-Urteil vom 29.11.1988). Werden einzelne nicht wesentliche Wirtschaftsgüter des Betriebs zurückbehalten und auch nicht Sonderbetriebsvermögen bei der übernehmenden Personengesellschaft, so ist dies unschädlich für die Anwendung von § 24 UmwStG. Bei der Einbringung einer freiberuflichen Praxis sind der Mandantenstamm, der Praxiswert und unter Umständen die Praxiseinrichtung wesentlich, nicht jedoch bereits vorhandene Forderungen (BFH-Urteile vom 13.09.2001 und vom 18.05.1994). Nach diesen Grundsätzen handelt es sich im Streitfall um eine Einbringung einer ganzen Praxis.

Die zurückbehaltenen Forderungen gehörten nach der Einbringung weiterhin zu einem Betriebsvermögen, nämlich zum Restbetriebsvermögen des Klägers. Anders, als das Finanzamt und das beigetretene BMF meinen, ist ein Betriebsvermögen ohne aktiven Betrieb möglich. Die vom Kläger zurückbehaltenen Honorarforderungen waren auch nicht als (Zwangs-)Entnahme mit dem Teilwert in der Gewinnermittlung zu erfassen.

Entgegen der Auffassung des BMF gehen anlässlich einer Einbringung i.S. des § 24 UmwStG zurückbehaltene Forderungen nicht zwangsläufig in das Privatvermögen des Einbringenden über (BFH-Urteil vom 14.11.2007). Erklärt der Steuerpflichtige nicht ausdrücklich eine Übernahme der zurückbehaltenen betrieblich begründeten Forderungen ins Privatvermögen, kann er diese auch ohne Betrieb als Restbetriebsvermögen behandeln und schrittweise einziehen (BFH-Urteile vom 14.11.2007 und vom 09.11.1999). Dauert aber die freiberufliche Einkünfteerzielung – wenn auch nicht mehr aus werbender Tätigkeit – an, besteht kein Zwang, Forderungen dem Privatvermögen zuzuordnen (BFH-Urteil vom 25.02.1975). Nach zutreffender Auffassung des FG muss der Einbringende seine Forderungen dabei nicht in einem bestimmten Abwicklungszeitraum einziehen (offengelassen im BFH-Urteil vom 14.11.2007). Die Erfassung als Betriebseinnahme ist wegen der betrieblichen Verstrickung im Restbetriebsvermögen sichergestellt. Denn im Zeitpunkt des Zuflusses der Honorareinnahmen hat der Einbringende nachträgliche Einkünfte aus seiner Tätigkeit vor der Einbringung. Aufgrund dessen besteht für die Fiktion einer Entnahme ins Privatvermögen im Zeitpunkt der Einbringung keine Notwendigkeit (so aber BMF-Schreiben zur Anwendung des UmwStG vom 11.11.2011, Tz. 20.08. i.V.m. Tz. 24.03).

Betroffene Norm
§ 24 UmwStG; §§ 16, 34 EStG
Streitjahr 1997

Vorinstanz 
Finanzgericht Münster, Urteil vom 23.06.2009, 1 K 4263/06 F, BeckRS 2009, 26027879

Fundstelle
BFH, Urteil vom 04.12.2012, VIII R 41/09

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 29.11.1988, VIII R 316/82, BStBl II 1989, S. 602
BFH, Urteil vom 13.09.2001, IV R 13/01, BStBl II 2002, S. 287
BFH, Urteil vom 18.05.1994, I R 109/93, BStBl II 1994, S. 92
BFH, Urteil vom 14.11.2007, XI R 32/06, BFH/NV 2008, S. 385
BFH, Urteile vom 09.11.1999, II R 45/97, BFH/NV 2000, S. 686
BFH, Urteil vom 25.02.1975, VIII R 84/69, BStBl II 1975, S. 571
BMF-Schreiben zur Anwendung des Umwandlungssteuergesetzes i.d.F. des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom 11.11.2011, IV C 2-S 1978-b/08/10001//2011/0903665, BStBl I 2011, S. 1314

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