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05.11.2012
Unternehmensteuer

FG Baden-Württemberg: Steuerliche Berücksichtigung eines Übernahmeverlustes bei Versicherungsunternehmen

Mit Urteil vom 30.07.2014 hat der BFH das Urteil des FG Baden-Württemberg aufgehoben. Das FG habe zu Unrecht angenommen, dass der Übernahmeverlust steuerlich abzugsfähig sei. Der Übernahmeverlust bleibe stets nach § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG außer Ansatz, da § 12 Abs. 2 S. 2 UmwStG nur auf Übernahmegewinne anwendbar sei. Ein Beteiligungskorrekturverlust gehöre nicht zum Übernahmeergebnis und könne – wie im Urteilsfall – gem. § 8b Abs. 8 S. 1 KStG steuerlich zu berücksichtigen sein. Die Sache wurde zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurückverwiesen.
BFH, Urteil vom 30.07.2014, I R 58/12
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FG: Baden-Württemberg
Ein Versicherungsunternehmen (§ 8b Abs. 8 S. 1 KStG) kann den aus einer Verschmelzung resultierenden Übernahmeverlust steuermindernd geltend machen (§ 12 Abs. 2 S. 1 und 2 UmwStG).

Sachverhalt
Die X-AG wurde auf die Klägerin, ein Versicherungsunternehmen in der Rechtsform einer AG, verschmolzen (Upstream-Verschmelzung). Im Rahmen der Körperschaftsteuererklärung 2006 machte die Klägerin neben einer verschmelzungsbedingten Abstockung einen Übernahmeverlust steuermindernd geltend. Das Finanzamt erkannte die steuerliche Berücksichtigung des Abstockungsbetrags sowie des Übernahmeverlustes nicht an. 

Entscheidung  
Die Klage ist begründet.

Nach § 12 Abs. 1 UmwStG 2006 hat die übernehmende Körperschaft (Klägerin) die auf sie übergegangenen Wirtschaftsgüter mit dem in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft (X) enthaltenen Wert (§ 11 UmwStG 2006) zu übernehmen. Die Werte in der Schlussbilanz der X waren die Buchwerte. Weiter bestimmt § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006, dass bei der übernehmenden Körperschaft (Klägerin) ein Gewinn oder ein Verlust in Höhe des Unterschieds zwischen dem Buchwert der Anteile an der übertragenden Körperschaft (hier: Beteiligungsansatz in der Bilanz der Klägerin vor der Verschmelzung) und dem Wert, mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter zu übernehmen sind (nach § 12 Abs. 1 UmwStG 2006), abzüglich der Kosten für den Vermögensübergang, außer Ansatz bleiben. Demnach würde die Differenz zwischen Beteiligungsansatz und Übernahmewert grundsätzlich außer Betracht bleiben. Aber in § 12 Abs. 2 S. 2 UmwStG 2006 ist bestimmt, dass § 8b KStG anzuwenden ist, soweit der „Gewinn“ im Sinne des Satzes 1 abzüglich der anteilig darauf entfallenden Kosten für den Vermögensübergang, dem Anteil der übernehmenden Körperschaft an der übertragenden Körperschaft entspricht.

Es stellt sich die Frage, ob ein Übernahmeverlust gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006 außer Ansatz bleibt, weil § 12 Abs. 2 S. 2 UmwStG 2006 nach dem reinen Wortlaut nur hinsichtlich des Übernahme-„Gewinns“ auf § 8b KStG verweist, oder § 12 Abs. 2 S. 2 UmwStG 2006 dahingehend ausgelegt werden muss, dass der Übernahmeverlust eines Lebensversicherers wie der Klägerin (auch) berücksichtigt wird. Die Frage der steuerlichen Berücksichtigungsfähigkeit von Übernahmeverlusten bei Anteilen i. S. des § 8b Abs. 7 oder 8 KStG ist bisher in der Rechtsprechung der Finanzgerichte und des BFH noch nicht entschieden. In der Literatur wird dieses Problem kontrovers diskutiert.

Das FG vertritt die Auffassung, dass ein Übernahmeverlust von der Regelung des § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 UmwStG 2006 i.V.m. § 8b Abs. 7 und 8 KStG mit umfasst wird. Für diese Auffassung sprechen folgende Gründe:

Der Begriff „Gewinn“ hat einerseits im UmwStG 2006 und andererseits im KStG/EStG keine einheitliche Bedeutung. Demnach können aus dem Wort als solches weder für die Auffassung, dass ein Übernahmeverlust bei Körperschaftsteuersubjekten i. S. des § 8b Abs. 8 S. 1 KStG unberücksichtigt bleibt, noch für die Auffassung, dass bei diesen Körperschaftsteuersubjekten wegen der Regelung des § 8b Abs. 8 KStG ein Übernahmeverlust berücksichtigt werden muss, Schlüsse gezogen werden.

Nach Auffassung des Senats lässt sich ferner aus dem uneingeschränkten Verweis in § 12 Abs. 2 S. 2 UmwStG 2006 auf § 8b KStG folgern, dass der deutsche Gesetzgeber bei dieser Bezugnahme auch die steuerliche Behandlung von Übernahmeverlusten bei den Körperschaftsteuersubjekten i. S. des § 8b Abs. 8 Satz 1 KStG gesehen und gebilligt hat. Es ist im Sinne der vom Gesetzgeber gewollten und aufgrund der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens in 2001 steuerlich erforderlichen „Sonderbehandlung“ der Lebens- und Krankenversicherungen, dass die Regelungen der Absätze 1 bis 6 des § 8b KStG bei diesen Körperschaftsteuersubjekten nicht zur Anwendung gelangen, d.h. Gewinne und Verluste uneingeschränkt der Besteuerung unterliegen.

Da die Verschmelzung einer Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft de facto wie eine Beteiligungsveräußerung i. S. § 8b KStG betrachtet wird, müssen für das UmwStG 2006 dieselben Konsequenzen gezogen werden wie für das KStG. Somit ist auch der Übernahmeverlust bei zutreffender Auslegung des § 12 Abs. 2 S. 1 und 2 UmwStG 2006 bei Körperschaftsteuersubjekten i. S. des § 8b Abs. 8 S. 1 KStG - wie hier - steuerlich zu erfassen. Für eine Einschränkung dahingehend, dass auch bei Körperschaftsteuersubjekten i. S. des § 8b Abs. 8 S. 1 KStG lediglich die positiven Gewinne i. S. des § 12 Abs. 2 UmwStG 2006 besteuert werden, ist kein Rechtsgrund ersichtlich.  

Vorinstanz
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 09.07.2012, 6 K 5258/09, siehe Deloitte Tax-News

Betroffene Norm
§§ 12 Abs. 2 S. 1 und 2, 4 Abs. 1 S. 2 UmwStG 2006, § 8b Abs. 7 und 8 KStG
Streitjahr 2006 

Fundstellen
BFH, Urteil vom 30.07.2014, I R 58/12, siehe Deloitte Tax-News
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 09.07.2012, 6 K 5258/09

Weitere Fundstellen
BMF, Schreiben vom 11.11.2011, IV C 2 – S 1978 – b/08/10001, BStBl. I, S. 1314, siehe Deloitte Tax-News

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