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13.06.2012
Unternehmensteuer

FG Berlin-Brandenburg: Keine Anwendung von § 8c KStG bei Verkürzung der Beteiligungskette

Wird eine bisher mittelbare Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft durch eine Abwärtsverschmelzung in eine unmittelbare Beteiligung umgewandelt, so liegt nach dem Gesetzeswortlaut eine schädliche Beteiligungsübertragung vor, die zur Versagung des Verlustabzugs führt. Die nicht genutzten Verluste sind aber weiterhin abziehbar, wenn keine missbräuchliche Verschiebung von Verlusten vorliegt und die Beteiligungsverhältnisse gleich bleiben. Der Wortlaut des § 8c KStG ist bei einer Verkürzung der Beteiligungskette teleologisch zu reduzieren.

Sachverhalt

An der Klägerin waren zunächst zwei Kapitalgesellschaften unmittelbar beteiligt, deren Gesellschafter zwei Personengesellschaften waren. Im April 2008 erfolgte rückwirkend zum 31.08.2007 die Verschmelzung der beiden Kapitalgesellschaften auf die Klägerin, die Anteile wurden anschließend von den Personengesellschaften unmittelbar gehalten. Die Beteiligungsquoten blieben unverändert. Das Finanzamt stellte zum 31.12.2008 den verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer sowie den vortragsfähigen Gewerbeverlust der Klägerin fest und ließ dabei sowohl die zum 31.12.2007 festgestellten Verlustvorträge als auch den anteiligen laufenden Verlust (Januar bis April) des Jahres 2008 nach § 8c KStG unberücksichtigt, da durch die Verschmelzung mehr als 50 % der Anteile an der Klägerin übertragen worden sind. Die Klägerin hält die Regelung für nicht anwendbar.

Entscheidung

Die Klage ist begründet. Der verbleibende Verlustabzug zur Körperschaftsteuer und der vortragsfähige Gewerbeverlust jeweils zum 31.12.2007 sowie der laufende Verlust des Jahres 2008 sind zu berücksichtigen. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht genutzte Verluste sind vollständig nicht mehr abziehbar, wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 50 Prozent des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Personen übertragen werden (§ 8c S. 2 KStG). Diese Regelung ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 und auf Anteilsübertragungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2007 stattgefunden haben. Die dingliche Übertragung der Anteile fand im April 2008, also nach dem 31.12.2007 statt. Die Rückwirkungsfiktion des § 2 UmwStG steht diesem Ergebnis nicht entgegen, weil die Rückwirkung Klarheit bei der Gewinnermittlung bezwecken soll. § 34 Abs. 7b KStG regelt lediglich, ab welchem Zeitpunkt eine Gewinnermittlungsvorschrift anzuwenden ist (vgl. BFH-Urteil vom 28.07.2010). Somit ist § 8c KStG vom Wortlaut her im Streitfall anwendbar.

Das Finanzgericht ist allerdings der Auffassung, dass im Fall der Verkürzung einer Beteiligungskette ohne Veränderung/Verstärkung der Anteile der Gesellschafter der Wortlaut des § 8c KStG teleologisch zu reduzieren ist. Eine korrigierende Auslegung des Wortlauts ist zulässig, wenn eine allein wortlautgemäße Auslegung zu sinnwidrigen Ergebnissen führt und der gesetzgeberische Wille planwidrig umgesetzt wird. Weichen Gesetzeswortlaut und -zweck voneinander ab, so ist der Wortlaut der Gesetzesbestimmung ihrem Zweck entsprechend einzuschränken.

Aus den Gesetzesmaterialien ist ersichtlich, dass § 8c KStG als Missbrauchsvermeidungsnorm konzipiert worden war. Der Gesetzgeber hielt die bisherige Mantelkaufregelung des § 8 Abs. 4 KStG, die die ungerechtfertigte Nutzung und den Handel mit Verlustvorträgen verhindern sollte, für zu kompliziert und gestaltungsanfällig. Künftig sollten missbräuchliche Mantelkäufe insbesondere mittelbarer Beteiligungen effektiver erfasst werden. Bleibt die wirtschaftliche Identität sowie die Beteiligungsquote der Gesellschafter unverändert, erweist sich § 8c KStG als zu weitgehend.

Die im Streitfall durchgeführte Abwärtsverschmelzung diente allein der Verkürzung der Beteiligungskette und erfolgte ohne Änderung der Beteiligungsverhältnisse. Die wirtschaftliche Identität blieb bestehen und der Wechsel von der mittelbaren in die unmittelbare Gesellschafterstellung führte auch zu keiner Stärkung der Beteiligungsrechte. Daher sind die zum 31.12.2007 verbleibenden Verlustvorträge sowie der im laufenden Jahr 2008 erwirtschaftete Verlust weiterhin zu berücksichtigen.

Betroffene Norm, Streitjahr

§ 8c KStG, § 2 UmwStG, § 34 Abs. 7b KStG, Streitjahr 2008

Fundstelle

Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.10.2011, 8 K 8311/10, BFH-anhängig: I R 5/19 (I R 79/11)

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 28.07.2010, I R 89/09, vgl. Deloitte Tax-News

Englische Zusammenfassung

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